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Die Wahlen erobern das Internet

Im Internet gibt es immer mehr politische Inforamtionen. Keystone

Das Internet hilft den Wählern und Wählerinnen bei der Orientierung für die eidgenössischen Wahlen: Über etliche Web-Sites lassen sich Kandidatinnen und Kandidaten näher kennen lernen.

Die Online-Information könnte ein erster Schritt sein zu elektronischen Wahlen, dem E-Voting.

In der Kampagne für die eidgenössischen Wahlen 2003 spielt das Internet eine wichtige Rolle. Praktisch alle Kandidatinnen und Kandidaten sind mit einer eigenen Homepage oder auf der Homepage ihrer Partei im Internet präsent. Mit strahlenden Gesichtern, Ideen und Slogans will man die Aufmerksamkeit der Surferinnen und Surfer auf sich ziehen.

Doch im Netz findet sich mehr als die Präsentation der Kandidaten. Es gibt etliche Internetseiten, die detaillierte Hintergrundinformationen zu den Wahlen anbieten. Teilweise gibt es auch konkrete Hilfestellungen für die Auswahl von Parteien und Personen.

Wahlen Specials

Die Online-Informationen zu den Wahlen sind meistens in Dossiers zusammengefasst. Die Tageszeitungen veröffentlichen darin die Sammlung ihrer Artikel, die in den Printausgaben erschienen sind. Angereichert wird das Angebot durch die Bilanz der ausklingenden Legislaturperiode und die Präsentation einzelner Kandidaten, Parteien und Themen.

Das Online “Wahlen Special” der “Neuen Zürcher Zeitung” hat eigene Dossiers zu so genannten heissen Themen zusammengestellt: Konjunktur und Arbeit, Gesundheitspolitik, Rentenversicherung, Migration und Asyl, etc.

Etwas spartanischer fällt der Auftritt der “Tribune de Genève” aus. Das Dossier der Westschweizer Tageszeitung ist aber eine der wenigen Web-Sites zu den eidgenössischen Wahlen in französischer Sprache. Die Tessiner Tageszeitungen haben gar nichts zu bieten. Ein grosses Special bietet hingegen die “Coop-Zeitung” auf ihrem Internet-Portal an, auch auf Italienisch.

Hilfe für Argonauten

Auf der Homepage “smartvote.ch” bietet eine Gruppe von Forschern und Verlegern eine absolute Neuheit für die Schweiz an: Jeder Internet-Surfer kann hier durch einen Test sein eigenes politisches Profil erkennen.

Mit 24 Fragen (oder 80 Fragen in der ausführlicheren Version) und den entsprechenden Antworten erarbeitet der Computer ein persönliches politisches Profil. Ein Klick auf den jeweiligen Heimatkanton ermöglicht zudem zu sehen, welche Kandidaten dieselben Antworten gegeben haben.

Für den Politologen Andreas Ladner von der Universität Bern handelt es sich um eine interessante Idee: “Das System ‘smartvote.ch’ ermöglicht es, sich nicht nur einer Partei zu nähern, sondern einzelnen Kandidaten.” So könne man an den Wahlen teilnehmen, ohne sich unbedingt mit einer politischem Partei identifizieren zu müssen.

Um am Test teilzunehmen, muss man sich ein wenig Zeit nehmen und viel lesen. Wer bestimmte Wörter oder Themen nicht kennt, kann sich durch eine Hilfsfunktion auf die Sprünge helfen lassen.

Eine etwas leichtere Version bietet die Hompage “politarena.ch” an. Durch die Antworten auf 21 Fragen lässt sich auch hier das eigene politische Profil ermitteln. Die Web-Seite wird von der “Coop-Zeitung” unterstützt und hat einen riesigen Erfolg. Bis Ende August nahmen mehr als 50’000 Web-Surfer an dem Test teil.

Zielpublikum Jungwähler

Für die Jungwähler haben einige Organisationen eine spezielle Homepage unter der Adresse “voteyoung.ch” lanciert. Der Internet-Auftritt ist besonders locker und mit einigen lustigen Spielen garniert.

Die Initianten dieser dreisprachigen Homepage wollen Jungwählerinnen und Jungwähler animieren, an die Urne zu gehen. Über einen Link zu “smartvote.ch” (in farbiger Version) lässt sich das eigene politische Profil eruieren.

SRG in Pole position

Mutig präsentiert sich schliesslich die Homepage “wahlen.ch”, die von diversen Sponsoren finanziert wird (Banken, Versicherungen, Automarken) und bei der “Basler Zeitung” und dem “St. Galler Tagblatt” aufgeschaltet ist. Es handelt sich jedoch ausschliesslich um Material von Nachrichtenagenturen.

Trotzdem kommen Internet-Freaks hier auf ihre Kosten. Die Seite besitzt eine gute Dynamik. Jeden Tag werden neue Kandidaten präsentiert, man kann eine Hitparade der eigenen Lieblingskandidaten aufstellen. Einige sind sogar in einem Video zu sehen.

Die ausführlichste Website zu den Wahlen ist bei der “SRG SSR idée suisse” zu finden und versteckt sich hinter der Adresse “ch03.ch”. Die öffentlichrechtliche Radio- und Fernsehgesellschaft der Schweiz bietet – auch dank ihres Service-Public-Auftrags – reichhaltige und multimediale Information in vier Sprachen an: Texte, Filme und Wortbeiträge.

Die ersten Auswertungen zeigen, dass die digitale Information eine wachsende Bedeutung für Auslandschweizer und an der Schweiz interessierte Personen im Ausland hat. Fast 40 Prozent der Nutzer der Wahldossiers wohnen nicht in der Schweiz.

Zukunftstechnologien?

Das Interesse für die Wahlen auf Internet scheint exponentiell zu wachsen. Für den Politologen Ladner ist es gleichwohl zu früh, um zu sagen, welches Resultat diese Entwicklung haben wird. “Die Quantität der Nutzer einer Homepage sagt allein noch nichts über den Erfolg der Initiative aus”, analysiert er.

Sicherlich ist die elektronische Information via Internet ein Vorläufer zu einem künftigen E-Voting. “Eines Tages werden die Bürger alles von zu Hause machen können; Kandidaten begutachten und wählen in einem Atemzug”, sagt Ladner voraus.

swissinfo, Daniele Papacella
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

1997: 15% der Schweizer Bevölkerung benutzen das Internet

2001: 52% sind Internet-Benützer

8 – 9% davon sind Frauen

Nach Ansicht des Zürcher Politologen Hanspeter Kriesi wird der Einfluss der Medien bei der politischen Meinungsbildung und damit auch bei den Wahlen immer grösser.

Die politischen Parteien spielen nach wie vor eine zentrale Rolle in der Politik, aber unter den Wählern ist die Zahl der konsequenten Parteigänger rückläufig. Immer weniger Wählerinnen und Wähler werfen einfach die Liste einer Partei ein. Statt “organisierter Ideologien” wählen sie die geeigneten Kandidaten zunehmend individuell aus.

Diese Tendenz wird vom Medium Internet aufgegriffen. Neuartige Homepages wie “smartvote.ch” bieten eine Möglichkeit, sich Kandidaten individuell zu nähern.

Für den Politologen Andreas Ladner ist diese Neuheit Teil einer klaren technologischen Entwicklung: “In 10 Jahren werden wir wohl alle mit dem Handy wählen, nachdem wir uns auf einer mobilen Internet-Station über die Wahlen informiert haben. All dies wird möglich sein, während wir an der Haltestelle auf den Bus warten.”

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