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Madonnas Höhenflüge in Dübendorf

Madonna beim ersten Konzert der "Sticky & Sweet Tour" in Cardiff. Keystone

Das erste Konzert von Madonna in der Schweiz findet auf dem historischen Militärflugplatz Dübendorf statt. Für die Schweizer Etappe der Tournee "Sticky & Sweet" werden 73'000 Besucher erwartet.

Sie ist ein Star seit 20 Jahren. 1984 schaffte es ihr Album “Like a Virgin” überall auf der Welt in die Top-50. Aber am 30. August ist es das erste Mal, dass Louise Veronica Ciccone, alias Madonna, in der Schweiz auftritt.

Empfangen werden Madonna und ihre 250-köpfige Crew auf dem ehemaligen Militärflugplatz Dübendorf.

Bereits 2006, als sich das Ende der militärischen Verwendung zugunsten einer vielseitigeren Nutzung abzeichnete, wurden auf dem Platz die Rolling Stones von Militärminister Samuel Schmid auf dem Roten Teppich Willkommen geheissen.

Dass eine militärische Hochburg der Schweizer Armee Weltstars empfängt, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den Aufmüpfigsten gehörten, dürfte derweil kaum noch jemanden erstaunen.

Zu Beginn des 3. Millenniums ist Mick Jagger von der Englischen Königin geadelt worden, und Madonnas Tournee wird von der börsenkotierten Unternehmung “Live Nation” organisiert. Und schliesslich dürfen die helvetischen Soldaten inzwischen auch lange Haare tragen.

Erstaunt wären aber bestimmt Jim Morrison, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Rudolf Gnägi (Chef des Militärdepartements von 1968 bis 1979) – wenn sie sich aus ihrem Grab erheben könnten.

Historischer Ort

Dübendorf, 10 Kilometer nord-östlich von Zürich, ist nicht irgend ein Flugplatz, sondern sozusagen die Wiege der schweizerischen Luftwaffe. 1912 hatte die Schweizerische Offiziersgesellschaft eine nationale Sammlung zugunsten der militärischen Luftfahrt lanciert. Und 1914 erhielt Hauptmann Theodor Real, Pilot und Kavallerie-Instruktor, den Befehl, einen Flieger-Verband auf die Beine zu stellen.

“Die neun ersten freiwilligen Piloten – unter ihnen acht aus der Romandie – haben sich sofort gemeldet, die meisten mit ihren eigenen Maschinen und Mechanikern”, heisst es auf der Website des Verteidigungsdepartements. Diese Truppe installierte sich noch im Dezember des gleichen Jahres in Dübendorf, wo vier Jahre zuvor ein bescheidener Flugplatz gebaut worden war.

1918 kaufte die Eidgenossenschaft für 380’000 Franken den Platz, der zur eigentlichen Geburtsstätte der schweizerischen Militärluftfahrt wurde. Später, bis 1948, als Zürich-Kloten die Tore öffnete, war Dübendorf auch der nationale Flugplatz der zivilen Luftfahrt.

Betrieb wegen Lärms eingestellt

Dübendorf blieb aber der wichtigste Militärflugplatz der Schweiz bis der Betrieb 2006 wegen des Lärms und im Rahmen der Armee-Restrukturierung eingestellt wurde.

Zurück bleibt ein Aviatik-Museum, Basisstation der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega), der Helicos, der Frachttransporteure …. und einiger Premieren: Bertrand Piccard präsentierte dort 2007 den ersten Prototyp seines Solarflugzeugs “Solar Impuls”. Grossvater Auguste Piccard war bei seinem zweiten Ballonflug in die Stratosphäre ebenfalls von Dübendorf aus gestartet. Und nun landet hier Madonna.

In drei Stunden ausverkauft

Die Tournee der attraktiven 50-Jährigen begann am 23. August im britischen Cardiff in Begleitung von 60 Camions, 15 Privatautos und 250 Personen.

Die Plätze waren im Mai in weniger als drei Stunden ausverkauft: 47’000 verkaufte, 13’000 reservierte und rund 10’000 Tickets, die den umliegenden Gemeinden vorbehalten sind – für Preise im Betrag von 150 bis 300 Franken.

Eine Notiz fürs Geschichtsbuch: Für den Verkauf der 48’000 Eintrittskarten zum Stones-Konzert waren damals sechs Stunden benötigt worden.

Die Show “Sticky & Sweet” (wörtlich “Klebrig & Süss”) wird als choreographische Rockreise in vier Sektionen angekündigt: “Gangsta Pimp” (Sprung in die 20er-Jahre), “Old Scholl” (Abstieg in die New Yorker 80er-Jahre), “Gypsy” (von Zigeuner Musik beeinflusst) und “Rave” (orientalischer Einfluss). Zwölf Musiker sowie zwölf Tänzerinnen und Tänzer sind ebenfalls mit von der Partie.

Ikonoklastische Ikone

Welche Madonna wird in Dübendorf zu sehen sein? Die Mutter einer dynamischen Familie? Eine SM Mistress mit der Peitsche in der Hand? Eine Disco-Queen auf der ABBA-Welle? Eine Punk-Lolita? Ein Girl mit Cowboy-Hut? Oder ein Surrogat von Marilyn Monroe?

Ein wenig von allem wahrscheinlich. Bestimmt aber eine ikonoklastische Ikone, verkörpert von einer tüchtigen Geschäftsfrau.

Bekannt sind Madonnas Höhenflüge, ob mystischer, esoterischer oder sexueller Natur. Welcher Ort also würde sich besser dafür eignen als ein Flughafen?

swissinfo, Bernhard Léchot
(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

Louise Veronica Ciccone ist am 16. August 1958 in Bay City (Michigan) geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in einem Vorort von Detroit. Nach dem Tod ihrer Mutter wächst sie ab dem sechsten Altersjahr in einem religiösen Pensionat auf.

1978 zieht sie nach New York. Sie träumt davon, Tänzerin zu werden, landet dann aber in der Musik. Ihre erste Single “Everybody” erscheint 1982. Aber erst das Album “Like a virgine” macht sie zum Star.

Die meisten ihrer Alben sind grosse Erfolge (auch das letzte vom Mai 2008 “Hard Candy”, produziert vom Duo Timbarland/Timberlake), was man von ihren zahlreichen Kinorollen nicht durchwegs behaupten kann.

11 Studio Alben, 7 Grammies, rund 200 Millionen verkaufte CDs – Madonnas Vermögen wird auf 615 Mio. Franken geschätzt.

653 Übungsstunden für Madonna und ihre Gruppe

250 Begleitpersonen für die Tournee

16 Tänzerinnen und Tänzer

12 Musiker

8 verschiedene Bühnen-Kostüme für Madonna

2 Stunden Spektakel

Die Tournee umfasst rund 50 Konzerte und endet am 18. Dezember in Sao Paulo, Brasilien.

Der ehemalige Flugplatz bietet mit 265 Hektaren die grösste Fläche, die für solche Veranstaltungen in der Schweiz zur Verfügung steht. Das weckt Begehrlichkeiten:

Zwei Projekte sind derzeit geplant:

Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) möchte ein Forschungs- und Entwicklungszentrum bauen, den “Swiss Innovation Park”, eine eigentliche Stadt von etwa 10’000 Bewohnern und 4000 bis 6000 Arbeitsplätzen.

Oder das Projekt der Stiftung für eine nachhaltige und globale Entwicklung FFGS, die einen Schweizer Stützpunkt in Zürich haben möchte.

Die beiden Projekte – heisst es offiziell – würden sich nicht konkurrenzieren.

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