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Provokateur mit Grazie – ein Porträt

Der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg ("Sutters Glück") ist einer der wichtigsten Gegenwartsautoren seines Landes, wird dort manchmal aber auch als "Nestbeschmutzer" beschimpft.

Als “Provokateur mit Grazie” tritt er in die Fußstapfen des “feinsinnigen Poeten” György Konrad.

Der Nachfolger ist mit fast 69 nur ein Jahr jünger als sein Vorgänger. Das wird manche Beobachter vielleicht zweifeln lassen, ob nun der “neue Schwung” durch die ehrwürdigen Hallen der Künstlersozietät wehen wird, den sie erst Recht im neuen Haus am Pariser Platz ab 2004 benötigt.

Konrad selbst hatte bei seinem Abschied noch mehr Impulse durch die Akademie gefordert und kritisch hinzugefügt: “Die Mitglieder der Akademie sind leider nicht besonders aktiv.”

Die Berlin-Brandenburger Künstlersozietät mit Mitgliedern wie
Günter Grass, Christa Wolf, Rolf Hochhuth, Udo Zimmermann, Ivan
Nagel, Peter Lilienthal, Thomas Langhoff und Volker Schlöndorff,
setzt ihre Hoffnungen in den rebellischen Schweizer. Er gehörte als
Mitglied der Sozialdemokratischen Partei beispielsweise einer
Kommission zur Totalrevision der Schweizer Bundesverfassung an.

Der in Männedorf bei Zürich wohnende Muschg, der am Dienstag 69
Jahre alt wird, genießt in vielen Ländern hohes Ansehen, auch wenn er nie ganz den Ruhm seiner berühmten Schweizer Kollegen Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt erreichen konnte.

Doch seit deren Tod 1991 bzw. 1990 wurde der “68-er Sympathisant” Muschg der schärfste Kritiker Schweizer Überheblichkeit und Eigenbrötelei (“Lang lebe die Neidgenossenschaft!”) und legte zum Beispiel 1997 die Finger auf die Wunde der Rolle der Schweiz und ihrer Banken im Zweiten Weltkrieg (“Nazi-Gold”). Da war auch schnell das Wort vom “landesverräterischen Volksfeind” zu hören.

Als Schriftsteller und Publizist ist Muschg in vielen Genres mit
sprachlicher Virtuosität und Brillanz zu Hause, auch wenn Dürrenmatt
ihn manchmal “langweilig” fand.

Sein imponierendes Gesamtwerk umfasst Romane, Erzählungen, Essays, Hörspiele, Drehbücher, Fernsehspiele und Theaterstücke (“Kellers Abend”). Sein Themen sind die Abgründe der menschlichen Seele, das Fremdsein, Schuld und Versagen und die Zweifel an der Kunst als Lebenstherapie.

Bereits sein Romanerstling “Im Sommer des Hasen” sorgte 1965 für Aufsehen. Es folgten unter anderem die Romane “Albissers Grund” (1974), “Das Licht und der Schlüssel” (1984) und das 1000-Seiten-“Opus Maximum” über den “Roten Ritter. Eine Geschichte von Parzival” von 1993. Vier Jahre später veröffentlichte Muschg “Wenn Auschwitz in der Schweiz liegt: Fünf Reden eines Schweizers an seine und keine Nation”.

Der Autor erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem neben dem Georg-Büchner-Preis (1994) den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, den Hermann-Hesse-Preis und die Carl-Zuckmayer-Medaille.

swissinfo und Agenturen

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