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Schwarze Airline-Liste spaltet die Meinungen

Die Schweiz publiziert eine Liste jener "Schrott-Airlines", die aus dem Schweizer Luftraum verbannt sind. Keystone

Die "Schwarze Liste" mit Fluggesellschaften, die wegen Sicherheitsmängeln von Schweizer Flughäfen verbannt sind, provoziert unterschiedliche Meinungen.

Konsumentenschützer begrüssen die Aktion. Ein Airline-Experte ist jedoch der Ansicht, dies trage nicht zu mehr Sicherheit bei – im Gegenteil.

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) kündigte am Donnerstag an, die Liste am 1. September im Internet zu veröffentlichen. “Die Publizierung von Gesellschaften mit systematischen Defiziten steht im Interesse der Sicherheit und der Transparenz,” schreibt das BAZL in einem Communiqué.

Die Ankündigung folgte nach einem Treffen zwischen dem Schweizer Verkehrsminister Moritz Leuenberger und seinem französischen Amtskollegen Dominique Perben in Paris. Frankreich will seine Liste am 29. August veröffentlichen.

Schwarzen Listen publiziert haben bisher die USA und Grossbritannien. Nun folgen Frankreich, Belgien und die Schweiz.

Konsumentenschützer in der Schweiz, die sich schon lange für die Veröffentlichung einer solchen Liste einsetzten, haben die Entscheidung begrüsst. Damit würden Reisende und Reiseagenturen beim Buchen von Flügen mit nützlichen Informationen versorgt.

“Die Publikation der Liste ist ein Schritt in die richtige Richtung”, sagt Jacqueline Baumann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Öffentlicher Druck

Der Aviatik-Journalist Sepp Moser warnt jedoch gegenüber swissinfo, dass die Veröffentlichung von Namen verbotener Airlines kontraproduktiv sein könnte. Die Behörden hätten lediglich auf den öffentlichen Druck reagiert.

Die Fluglinien seien vom alten System durch die Vertraulichkeit ein wenig geschützt gewesen, wenn sie über Ereignisse oder Störungen berichteten, die möglicherweise zu Unfällen hätten führen könnten. Seiner Ansicht nach könnte sich dies in Zukunft ändern, findet Moser.

“Sobald man diese Schwarze Liste hat, wird es erste Priorität sein, sicherzustellen, dass man sich nicht darauf befindet. Dies ist eine andere Art des Denkens und langfristig gefährlich.”

Er fügte hinzu, dass ein Eintrag auf der Schwarzen Liste viele Airlines nicht davon überzeugen werde, ihre Sicherheitsprobleme zu lösen.

“Wenn sie erst mal auf der Liste sind, sind sie erledigt und haben keinen Ansporn mehr, die Situation zu verbessern,” so Moser. “Sie werden motiviert, die Gesellschaft zu schliessen und unter einem anderen Namen wieder zu starten, möglicherweise ohne das Problem gelöst zu haben.”

Gehäufte Flugzeugunglücke

Die Schweizer Luftfahrbehörden kamen letztes Jahr unter Druck, eine schwarze Liste zu publizieren, nachdem bekannt geworden war, dass ein am 3. Januar 2004 in Ägypten abgestürztes Passagierflugzeug eines von mehr als 20 aus dem Schweizer Luftraum verbannten Flugzeugen war.

Die Entscheidung der französischen Behörden, eine solche Liste zu veröffentlichen, erfolgte nach einem Flugzeugabsturz in Venezuela Anfang dieses Monates.

In den letzten Wochen haben sich zwei weitere Unglücke ereignet, je eines in Griechenland und Peru. Bei diesen Abstürzen und jenem in Venezuela kamen gegen 340 Menschen ums Leben.

Die Europäische Kommission hat bereits angekündigt, sie sei an der Planung einer EU-weiten Schwarzen Liste von Fluggesellschaften, deren Flugzeuge aus Sicherheitsgründen am Boden bleiben müssen. Die USA stellen eine ähnliche Liste zusammen, die mehr auf Ländern als auf einzelnen Fluggesellschaften fusst.

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Am 1. September wird die Schweiz eine Schwarze Liste mit so genannten “Schrott-Airlines” publizieren.
Frankreich und Belgien werden ihre Listen bereits am 29. August veröffentlichen.
Grossbritannien war bisher das einzige europäische Land, das der Öffentlichkeit eine solche Liste präsentierte.
Die Europäische Kommission plant eine EU-weite Schwarze Liste zu erstellen.

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