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Spoerli hält das Zürcher Ballett auf Trab

Tanzmacher und Direktor: Heinz Spoerli (Opernhaus Zürich)

Seit zehn Jahren leitet der Basler Heinz Spoerli das Zürcher Ballett. In dieser Zeit hat sich die Truppe international einen Namen gemacht.

Der Choreograph und Ballettdirektor, der sich selber als Tanzmacher bezeichnet, spricht mit swissinfo über Faszination und Zukunft der Tanzkunst.

Spoerli hatte bereits eine internationale Karriere hinter sich, als er nach Zürich kam. Der Tänzer und Choreograph wurde 1970, im Alter von 30 Jahren, Ballett-Direktor am Theater Basel und leitete in den frühen 1990er-Jahren die Deutsche Oper am Rhein mit ihren Häusern in Düsseldorf und Duisburg.

Spoerli gilt als einer der führenden Choreographen Europas. Seine bekanntesten Choreographien sind die “Goldberg Variationen” und “In den Winden ist nichts”, welche beide auf der Musik von Bach basieren.

swissinfo: Wieso bezeichnen Sie sich selber als Tanzmacher und nicht als Choreographen?

Heinz Spoerli: Ich arbeite mit einem sehr breiten Spektrum an Choreographien. Ich mache Shows, ich mache klassische oder auch sehr klassische Sachen, wie Bach, und will die Musik sichtbar machen.

Ich produziere die Zutaten, mit denen eine Tanz-Company am Leben erhalten wird.

swissinfo: Haben sich Ihre Choreographien über die Jahre verändert, oder haben Sie immer einen speziellen Stil gepflegt?

H.S.: Ich hatte immer meine Linie als neoklassischer Choreograph, aber ich bin auch fasziniert von den neuen Choreographien. Ich gehe hin und schaue mir all die Sachen an.

Das inspiriert mich für meine eigenen Arbeiten. Es ist wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben, mit der Zeit Schritt zu halten, verschiedene Musikstile zu gebrauchen und das “Museum” Ballett lebendig zu erhalten.

swissinfo: Was fasziniert sie am Tanz?

H.S.: Tanz hat zu tun mit Musik, mit Raum, mit Farben, mit Geschmack und mit Menschen. Tanzen ist immer auch ein Dialog mit einem Partner. Jedes Ballett bedeutet auch eine andere Kombination von Menschen. Da passiert immer etwas anderes. Das macht Tanzen so faszinierend.

Und natürlich ist da auch die Musik, welche einen starken emotionalen Kontakt zum Publikum herstellt. Das ist viel besser als jeder Film.

swissinfo: Ballett scheint in der Schweiz ja nicht eine besonders geförderte Kunstform zu sein.

H.S.: Ballett hat heute überall Schwierigkeiten, weil es als altmodisch gilt. Das stimmt aber nicht. Ich betrachte mich selber als zeitgenössisch, weil ich hier und jetzt Ballett mache.

Das Problem ist, dass es in der Schweiz nicht so viele Schulen gibt. Die Berufs-Ballettschule in Zürich ist die einzige in der Schweiz. Ich denke, es sollte mehr geben.

Wir haben heutzutage keine Sprachbarrieren mehr. Die Leute können es sich leisten zu reisen. Darum tanzen viele Schweizer im Ausland, und wir haben viele ausländische Tänzer bei uns. In meiner Company hat es zurzeit vier Schweizer. Das wechselt ständig.

Die Schweizer wollen Tennis, Fussball oder ein Instrument spielen. Das heisst, sie konzentrieren sich nicht mehr auf eine Sache. Wenn Sie tanzen, dann müssen Sie sich an einem gewissen Alter darauf fokussieren.

Das entspricht allerdings nicht der Zielvorgabe der Eltern, da sie sich für ihre Kinder einen sicheren Beruf wünschen.

swissinfo: Nach welchen Kriterien wählen Sie ihre Tänzer aus?

H.S.: Sie müssen über bestimmte technische Fähigkeiten verfügen und ins Team passen.

Geld darf für sie zudem nicht das Wichtigste sein. Die Verdienstmöglichkeiten sind nicht grossartig. Aber, es ist eine wunderbare Lebensform.

swissinfo: Wie sehen Sie die Zukunft des Balletts?

H.S.: Ich hoffe, dass die jungen Choreographen realisieren werden, dass alles, was sie sehen, in den Tanz einfliessen kann.

Ballett ist in ständiger Bewegung. Es ist nicht ein Bild, das Sie an die Wand hängen und das seine Gültigkeit bewahrt. Das macht diese Kunst so schwierig. Sie haben nichts, das Sie ein Leben lang zeigen können. Sie müssen sich permanent in andere Richtungen entwickeln.

Auch der klassische Tanz hat einen Schritt vorwärts gemacht. Das Publikum hat gemerkt, dass nicht alle Companys zeitgenössisch sein können und dass die Theater immer noch den klassischen Tanz brauchen, um das Haus zu füllen.

Vor allem in London gibt es eine neue Generation von Choreographen. Das ist sehr erfreulich.

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

1940 in Basel geboren, hat er seine ersten Engagements als Tänzer in Basel, Deutschland und Kanada.

Später wandte er sich der Choreographie zu. 1970 holte ihn der damalige Direktor des Basler Theaters, Werner Düggelin, als Ballettdirektor nach Basel, wo Spoerli 17 Jahre verbrachte.

Nach Engagements in Frankreich und Deutschland kam Spoerli nach Zürich. Hier konnte er kürzlich das 10-jährige Jubiläum feiern.

Das Zürcher Ballett hat in der Hauptcompany 38 Tänzerinnen und Tänzer und 15 Nachwuchstalente im Junior Ballett.

Die Company geniesst weitherum einen ausgezeichneten Ruf. Europäische Medien lobten sie als eine der besten der Welt.

Zu den Höhepunkten in der laufenden Saison gehören Don Quichotte, Schwanensee und Spoerlis moZart.

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