Die Schweiz will Richtlinien für das Söldnerwesen
Im November findet in Genf ein internationales Treffen über das Söldnerwesen statt. Organisatorin ist die Schweiz. Experten werden versuchen, Regeln für diese "Berufsgattung" zu erarbeiten.
Die privaten Militär- und Sicherheitsfirmen realisieren in rund 100 Ländern einen Jahresumsatz von 100 Mrd. US-Dollar.
Zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) will die Landesregierung das «Handwerk» der Söldner gesetzlich regeln.
«Ziel ist, möglichst viele Experten aus möglichst vielen Ländern in Genf zu vereinen», erklärt Christine Schraner, Vizedirektorin der Direktion für Völkerrecht beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Das Experten-Treffen verfolgt drei Ziele. Es will Richtlinien auf nationaler und internationaler Ebene prüfen, die Verpflichtungen der Staaten in Bezug auf das Völkerrecht und die Menschenrechte klar stellen und den zwischenstaatlichen Dialog über die privaten Militär- und Sicherheitsfirmen fördern.
Neutralität gefährdet?
Das Söldnerwesen gilt als eines der ältesten Handwerke der Welt. Die alte Eidgenossenschaft genoss ein hohes Ansehen als kriegsführende Nation. Schätzungen gehen von insgesamt zwei Millionen Schweizer Söldnern aus, die bis ins 19. Jahrhundert auf den europäischen Schlachtfeldern kämpften.
Heute sind allein in Irak zwischen 20’000 und 25’000 Söldner im Einsatz. Sie stehen im Sold von Privatfirmen wie DyCorp, CACI International oder Global Riks. In einer ersten Phase klärten die Schweizer Behörden ab, ob solche Firmen ihren Sitz in der Schweiz haben.
Denn das würde die Neutralität des Landes in Frage stellen. Die Tessiner und die Baselbieter Behörden meldeten dem eidgenössischen Justizdepartement drei, beziehungsweise ein Unternehmen.
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Neutralität
Auch die Schweiz hat Dienste beansprucht
In einem Bericht vom Dezember 2005 hält der Bundesrat (Landesregierung) fest, private Sicherheitsunternehmen, die in Krisengebieten tätig sind, würden in der Schweiz «gegenwärtig noch ein eher marginales Phänomen darstellen».
Doch es gebe immer mehr davon, die Dunkelziffer sei gross. «Es scheint nicht ausgeschlossen, dass solche Unternehmen ihren Sitz in die Schweiz verlegen, um vom guten Ruf unseres Landes namentlich auch aufgrund der schweizerischen Neutralitätspolitik zu profitieren.»
Gleichzeitig hat die Schweiz auch schon die Dienste von privaten Militärfirmen in Anspruch genommen. So in Bagdad, wo die umstrittene südafrikanische Firma Meteoric Tactical Solutions das Schweizer Verbindungsbüro bewacht hat.
Boommarkt im juristischen Niemandsland
In einem juristischen Niemandsland ist ein neuer Markt entstanden. Währenddem die amerikanischen Soldaten für ihre Folterungen in Irak zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, kamen die Söldner der militärischen Sicherheitsfirmen für dieselben Delikte ohne Strafen davon.
«Wir beschäftigen uns seit einiger Zeit mit dem Phänomen der Söldner, nicht nur auf schweizerischer er Ebene, sondern auch international», erzählt Christine Schraner. Bereits im Januar 2006 haben sich auf eine Initiative der Schweiz Vertreter aus neun Ländern zu einem Workshop getroffen.
«Es geht nicht darum, das Söldnerwesen zu anerkennen. Wir müssen vielmehr zur Einsicht kommen, dass wir es nicht weiter ignorieren können», führt Claude Voillat, Beauftragter des IKRK für die Beziehungen mit der Privatwirtschaft aus.
«Weite Kreise stellen Sicherheitsleute von Privatmilitärfirmen ein. Multis, Nichtregierungs-Organisationen, Journalisten», so Voillat. «Unsere Aufgabe ist es, Richtlinien aufzustellen, welche die Firmen, die das Völkerrecht respektieren von den andern trennen.»
swissinfo, Ian Hamel
(Übertragung aus dem Französischen: Andreas Keiser)
28. September 1995: Ein Schweizer ist in den Staatsstreich von Bob Denard auf den Komoren involviert.
1. Juni 2004: Erste Intervention im Schweizer Parlament zum Söldnertrum.
16. Dezember 2004: Motion im Parlament betreffend den Einsatz von Söldnern durch die Schweiz.
Sommer 2005: Erste Treffen zwischen Experten aus der Schweiz und dem Ausland.
Januar 2006: Workshop zum Thema mit 9 Ländern und der Schweiz.
November 2006: Internationales Expertentreffen in Montreux.
Zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert stellten sich 2 Millionen Schweizer als Söldner in den Dienst anderer Länder.
Seit 1831 waren 60’000 Schweizer in der Französischen Ehrenlegion.
Die Firma CACI International wurde 1962 in Virginia gegründet. Sie beschäftigt 10’000 Personen und erreicht einen jährlichen Umsatz von fast einer Milliarde US-Dollar.
Ein Söldner verdient zwischen 3 und 10 Mal mehr als ein Soldat. Im Irak sind das bis zu 1000 Dollar im Tag. Der Söldnermarkt ist ein Wachstumsmarkt.
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