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Effizientere Verbrechensbekämpfung dank DNA?

Wieviel Spielraum für Massenspeicheltests? Keystone

DNA-Tests zur besseren Bekämpfung von Verbrechen sind im Nationalrat nicht umstritten, lediglich ihr Anwendungs-Spielraum.

Die Ratslinke befürchtet Missbräuche, die Bürgerlichen entdramatisieren.

Das Thema wird europaweit immer wieder kontrovers diskutiert: Wann sollen bei der Suche nach Verbrechern in welchem Umfang DNA-Tests eingesetzt werden können? Es geht einerseits um Datenschutz und andererseits um neue Möglichkeiten bei der Verfolgung von Straftätern.

Uneinig sind sich auch in der Schweiz die beiden Parlamentskammern und die Regierung. Die Zürcher Sozialdemokratin Anita Thanei vertrat dabei am Dienstag die Haltung der zuständigen Kommission des Nationalrates. Sie argumentierte, solche Untersuchungen stellten einen Eingriff in die Grundrechte dar und seien unverhältnismässig.

Namens einer Minderheit hielt ihr die freisinnige Dorle Vallender entgegen, eine Massenuntersuchung erfolge nur auf richterliche Anordnung. Da diese aufwändig sei, werde sie nur als letzte Möglichkeit angeordnet. Auch seien die Gefahr einer Wiederholungstat und der Schutz der Bevölkerung zu gewichten.

Dem stimmten auch die Freisinnigen zu, der Zürcher Felix Gutzwiller sagte, die DNA-Profile dürften nicht “mythologisiert” werden. Sie seien letztlich nichts anderes als ein Fingerabdruck.

Bedenken nicht Folge gegeben

Ständerätliche Bedenken, wonach eine Massenuntersuchung aufgrund von Tätermerkmalen wegen Rasse, Sprache, Religion und anderen Eigenschaften diskriminierend wirken könnte, folgte die Grosse Kammer nicht. Mit klarer Mehrheit hielt sie an ihrer ursprünglichen Version fest.

Der Ständerat hatte Personen, die “in Bezug auf die Tatbegehung festgestellte Merkmale aufweisen”, den Tests unterziehen wollen. Justizministerin Ruth Metzler gab dieser etwas restriktiveren Version den Vorzug. Der Nationalrat entschied sich indessen für die “Tätermerkmale”.

Kein Deliktskatalog

Der Versuch der Kommission, die Erfassung genetischer Fingerabdrücke in der DNA-Datei des Bundes auf Vergehen und Verbrechen gegen Leib und Leben sowie die sexuelle Integrität zu beschränken, scheiterte im Rat ebenfalls deutlich.

Für seine Fraktion sagte Rudolf Aeschbacher von der Evangelischen Volkspartei, es gelte, eine Verbrecherkarriere möglichst früh zu erfassen. Und oft schon hätten Spuren eines Diebstahls die Klärung schwerer Delikte ermöglicht.

Wer seine Unschuld mittels eines DNA-Tests beweisen will, darf das nicht tun. Der Nationalrat stürzte damit seinen vorher gefassten Entscheid mit einer klaren Mehrheit um. Der Ständerat hatte den Passus bereits gestrichen. Die Unschuldsvermutung würde so unterlaufen, hiess es im Rat. Es obliege nicht einem Verdächtigen oder Beschuldigten, seine Unschuld zu beweisen.

Daneben räumte die Grosse Kammer einige weitere Differenzen zum Ständerat aus. Ein DNA-Profil wird erstellt, wenn jemand wegen eines vorsätzlichen Deliktes zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde, das Urteil wegen Delikten gegen Leib, Leben und sexuelle Integrität erfolgte oder wenn eine Massnahme (Verwahrung) verhängt wurde.

Ein Profil wird auch bei entsprechenden bedingt ausgesprochenen Strafen erstellt.

Das DNA-Profil-Gesetz geht zurück an den Ständerat.

swissinfo und Agenturen

DNA-Profil-Gesetz im Nationalrat:

Für Ausschöpfung des neuen Fahndungsinstrumentes: 95 Ja, 50 Nein

Kommissions-Antrag für Einschränkungs-Massnahmen: 99 Nein, 58 Ja

Persönlicher Unschuldsbeweis mittels DNA-Analyse: 94 Nein, 50 Ja

Am 1. Juli 2000 wurde das DNA-Profil-Informations-System – eine Datenbank mit so genannt “genetischen Fingerabdrücken” – auf der Basis einer Verordnung errichtet.

Gemäss dieser bis 2004 geltenden Verordnung können DNA-Profile nicht nur von Untersuchungsrichtern, sondern auch von Polizisten angeordnet werden. Gespeichert werden können Daten nicht nur von verurteilten, sondern auch von verdächtigen Personen.

Der Straftaten-Katalog enthält Sexual- und Tötungsdelikte, aber auch Körperverletzungen, schwere Sachbeschädigungen sowie Diebstahl.

Mittels gesetzlicher Grundlage soll die DNA-Datenbank nun definitiv verankert werden.

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