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Ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit

Von der Erdölförderung in Tschad profitiert bislang nur eine kleine Elite. Grosse Beträge werden für Waffen ausgegeben, für die arme Bevölkerung bleibt wenig.

Statt aus dem Erlös die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, versickern in den ärmsten Staaten die Rohstoffmilliarden in Korruption und kriegerischen Konflikten. Die Schweiz will helfen, die Petrodollars gerechter zu verteilen.

«Es ist eine sehr wichtige Entwicklung, dass die Mitglieder der OECD und der entwickelten Länder die EITI-Initiative unterstützen», sagte Festus G. Mogae, der frühere Präsident von Botswana, in Zürich gegenüber swissinfo.

Eine internationale Tagung, organisiert von Swissaid, dem Staatsekretariat für Wirtschaft Seco und dem Verband der Schweizer Unternehmen economiesuisse, versammelt dort derzeit hochrangige Referenten aus der Ölwirtschaft, dem Finanzsektor, dem Staat und der Zivilgesellschaft.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich Staaten, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen zur EITI (Extractive Industries Transparency Initiative) zusammengeschlossen. Sie arbeitet darauf hin, dass die Einnahmen aus Rohstoffvorkommen in Entwicklungsländern transparent und öffentlich gemacht werden.

Mogae begrüsste den am 8. Juni bekannt gegebenen EITI-Beitritt der Schweiz: «Die Industrieländer sollten nämlich von den afrikanischen Entwicklungsländern nicht verlangen, bestimmte Dinge zu tun, wenn sie ihre Unternehmen nicht auf Transparenz verpflichten.»

Politisches Bekenntnis

«Das wichtigste Element unserer Unterstützung ist das politische Bekenntnis», erklärte Daniel Birchmeier, Leiter der Sektion Handelsförderung beim Seco, das Engagement der Schweiz. «Wir unterstützen diese Prinzipien für die Transparenz mit anderen Ländern.»

Die Schweiz beteiligt sich im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit mit drei Millionen Dollar an EITI. «Darin eingeschlossen ist auch eine Unterstützung der Weltbank, damit sie den ärmsten Ländern helfen kann, Reformen durchzuführen, moderne Buchhaltungspraktiken einzuführen und ihre Leute auszubilden, sagte Birchmeier.

Mit gutem Beispiel voran

Will die Schweiz die EITI-Richtlinien nicht auch für sich anwenden? «Was die Transparenz betrifft, werden sie in der Schweiz grundsätzlich angewendet. Wir haben kein Problem, diese Grundprinzipien zu erfüllen. Die Schweiz ist jedoch kein Rohstoffland. Deshalb können wir auch nicht publizieren, wie private Firmen für Bergbau oder Erdölgewinnung Konzessionsabgaben bezahlen» so Birchmeier.

Die Schweiz sei wichtig, weil sie auch einige der grössten globalen Rohstoffhändler beheimatet und ein wichtiger Handelsplatz ist, sagte Birchmeier.

Zwar beruht die EITI auf Freiwilligkeit. Doch sie ist eine komplementäre Initiative. So ist die Schweiz auch Mitglied der OECD-Konvention gegen die Korruption. «Unternehmen ist es verboten, eine Regierung zu bestechen, um einen Auftrag zu erhalten.»

Globale Umsetzung

In Botswana oder Tschad wird der Beitritt der Schweiz begrüsst. «Für diese Länder ist es wichtig, dass die EITI-Massnahmen möglichst global umgesetzt werden. Die Gefahr ist, dass einzelne Unternehmen die Transparenzrichtlinien einhalten und andere nicht.» Birchmeier denkt dabei an Unternehmen aus neuen Investitionsländern wie China, Indien oder Indonesien.

«Uns geht es vor allem darum, dass sich die Chinesen als Supporting Country beteiligen», erklärt Prof. Peter Eigen, Gründer von EITI und der Antikorruptionsorganisation Transparency International. «Die chinesischen Unternehmen, die in Afrika investieren, sollen sich an unsere Standards halten. Und wenn ein Land bei uns mitmacht, wie zum Beispiel die demokratische Republik Kongo, dann muss sich auch eine chinesische Firma, die bei ihm investiert, diesem Standard unterwerfen.»

Wichtig für Eigen ist, dass auch die Heimatregierungen dieser grossen Unternehmungen bereit sind, dies zu unterstützen: «Man soll eben den eigenen Unternehmen auch im Ausland nicht erlauben, sich durch krumme Geschäfte irgendwelche Vorteile zu verschaffen.»

Gesunder Wettbewerb

Eigen begrüsst den Auftritt der Chinesen und anderer Investoren aus Brasilien, Indien, Malaysia oder Russland. «Sie erhöhen den Wettbewerb um die wertvollen Ressourcen, die die Afrikaner zu verkaufen haben. So sind sie ihren traditionellen Partnern, häufig ihre früheren Kolonialherren, nicht mehr so ausgeliefert.»

Es komme sehr stark darauf an, ob zum Beispiel die Regierung von Ghana in der Lage sei, zu sagen: «Wir lassen uns nicht bestechen. Wir geben unsere Verträge denjenigen, die uns am meisten dafür bieten, damit wir uns entwickeln können.» Genau das hört Eigen von Ghana, doch von manchen anderen Ländern leider nicht.

«Für die Firmen, die jetzt Verträge haben, ist dieser Wettbewerb natürlich unangenehm. Sie würden am liebsten alles schön für sich behalten. Aber das ist vielleicht auch einer der Gründe, warum viele Unternehmen gerne bei uns mitmachen. Sie wollen nämlich, dass sich auch die neu ankommenden Firmen dieser Transparenz und Offenheit unterwerfen.»

Etienne Strebel, Zürich, swissinfo.ch

Swissaid unterstützt finanziell die Selbsthilfeanstrengungen der ärmsten Bevölkerungsgruppen und ihrer lokalen Partnerorganisationen.

Die Entwicklungsorganisation arbeitet in Indien, Burma, Guinea-Bissau, Niger, Tansania, Tschad, Ecuador, Kolumbien, Nicaragua.

In der Schweiz wird Öffentlichkeitsarbeit betrieben und Geld gesammelt. Swissaid beschäftigt in der Schweiz 32 Personen und in den neun Koordinationsbüros in den Partnerländern 79 meist einheimische Personen.

Die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) wurde 2003 auf Initiative des Weltwirtschaftgipfels in Evian gegründet. Integriert sind Staaten, Entwicklungsorganisationen, Firmen und Investoren.

EITI will Zahlungsströme, die aus rohstofffördernden Unternehmen als Abgaben an den Staat gehen (Steuern, Fördergenehmigungen und Konzessionen) und deren Verwendung transparent machen. Damit soll verhindert werden, dass diese Gelder an öffentlichen Haushalten vorbeigeleitet, unterschlagen oder für irgendwelche Zwecke verwendet werden, für die aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, keine oder nur geringe Priorität besteht.

Aserbeidschan hat bislang als einziges Land die EITI-Standards erfüllt.

EITI-Kandidaten-Länder:

Albanien, Burkina Faso, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Äquatorialguinea, Gabun, Ghana, Kasachstan, Kirgisien, Liberia, Madagaskar, Mali, Mauretanien, Mongolei, Mosambik, Niger, Nigeria, Norwegen, Peru, Republik Kongo, Sao Tomé e Principe, Sierra Leone, Tansania, Timor-Leste, Jemen, Sambia

EITI-Supporter-Länder:

Australien, Belgien, Kanada, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Niederlande, Norwegen, Katar, Spanien, Schweiz, Grossbritannien, USA.

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