Eine «Fabrik» für neue Knochen
Forscher an den Universitäten Basel und Vanderbilt in Nashville haben eine Art "Knochenfabrik" entwickelt, um schwere Brüche und Krankheiten zu kurieren.
Mit der Methode lassen sich direkt im eigenen Körper Ersatzknochen züchten. Sie verhindert Abstossungsreaktionen nach Transplantationen.
An den Forschungen war auch der inzwischen verstorbene Orthopäde Dirk Schäfer vom Universitätsspital Basel beteiligt. Das Projekt stand unter der Leitung Prasad Shastris von der Vanderbilt-Universität in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee.
Die Forscher führten ihre Versuche mit Kaninchen durch. Nahe des Schienbeins der Tiere schufen sie zunächst einen «Bioreaktor», also einen Raum, in dem der neue Knochen heranwachsen kann.
Bioreaktor im Knochen
Dazu spritzten sie eine Flüssigkeit zwischen das Schienbein und die direkt darüber liegende Zellschicht. Die entstandene Höhle füllten sie mit einem Gel. Anschliessend mussten die Forscher nur noch abwarten: Im Zuge der Wundheilung bildete sich in dem Bioreaktor ohne weiteres Zutun neuer Knochen.
Nach sechs Wochen zeigte sich, dass das neu gebildete Gewebe die gleichen Eigenschaften besitzt wie normal gewachsener Knochen, also eine entsprechende Festigkeit und Mineralisierung zum Beispiel. Zwischen dem neuen Knochen und dem alten gibt es zudem eine Art «Sollbruchstelle», so dass das neue Gewebe leicht zu entnehmen ist.
Die Wissenschaftler transplantierten dieses dann auf einen frischen Bruch am anderen Schienbein des Tieres. Anschliessende Untersuchungen zeigten, dass sich der Ersatzknochen mit dem beschädigten Knochen problemlos verbindet.
Statt schmerzhafter Entnahme aus dem Beckenkamm
Ersatzknochen wird nach schweren Brüchen benötigt oder wenn durch eine Erkrankung wie Krebs Knochen zerstört wurde. Auch bei so genannten Wirbelversteifungen ist Knochenmaterial gefragt. Heute wird dieses zumeist aus dem Beckenkamm gewonnen.
Von dort ist es jedoch nicht nur schlecht zu entnehmen, auch die verfügbare Menge ist begrenzt, und die Patienten leiden oft noch Jahre nach dem Eingriff unter Schmerzen. Mit dem neuen Verfahren könnten diese Probleme umgangen werden, meinen die Forscher.
In ersten Versuchen sei es zudem gelungen, im Bioreaktor auch Knorpel zu züchten. Prinzipiell sei darüber hinaus denkbar, auch anderes Gewebe – etwa solches der Leber – auf diese Weise nachzuzüchten.
swissinfo und Agenturen
Die Methode: Erst wird ein Hohlraum geschaffen, indem Flüssigkeit zwischen das Schienbein und die Zellschicht darüber injiziert wird. Die entstehende Höhle wird dann mit einem Gel gefüllt. In sechs Wochen bildet sich ohne weiteres Zutun ein neuer Knochen.
Heute wird das Knochenmaterial zur Heilung von schweren Krankheiten und Brüchen dem Beckenkamm entnommen. Diese Methode kann nach der Transplantation jedoch Abstossungsreaktionen hervorrufen.
Mit der neuen Technik können auch Knorpel gezüchtet werden. Sie könnte künftig auch für die Züchtung anderer Geweben eingesetzt werden, beispielsweise für die Leber.
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