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Hightech made in Switzerland

Alinghi-Fans mit Symbolen aus der Schweiz. Keystone

Obwohl mit Chef Ernesto Bertarelli nur ein Schweizer an Bord ist, haben die Schweizer mit Alinghi kein Identifikationsproblem.

Auf der Alinghi-Basis in Valencia steht eine Kuh, die Gäste werden mit Schweizer Fähnchen und Kuhglocken ausgerüstet. Das Segel-Syndikat bemüht die ganze Bandbreite der Symbole und spielt mit den Klischees.

Als Alinghi den Cup vor vier Jahren in Auckland gewann, wollte ihn Ernesto Bertarelli aufs Matterhorn bringen.

Kritiker werfen ein, dass man doch nicht von einem Schweizer Team sprechen könne, wenn von den 17 Seglern der Renncrew nur einer über den roten Pass verfügt.

Doch dieser eine gibt dem Team das Gesicht. Ernesto Bertarelli ist Milliardär und hat damit schlechte Voraussetzungen für die Rolle des Sympathieträgers.

Trotzdem gewann der in Rom geborene Genfer das Schweizer Volk für sich – indem er den sagenumwobenen America’s Cup mit Alinghi ins Alpenland holte und die Bevölkerung am wahr gewordenen Bubentraum teilhaben liess.

Seither hat Bertarelli auch in der Deutschschweiz einen Stammplatz auf den Titelseiten. Doch die Millionen von Bertarelli und mehreren Grossfirmen sind nicht der einzige Schweizer Beitrag zur Erfolgsgeschichte.

Das vom Holländer Rolf Vrolijk angeführte Design-Team arbeitet eng mit der ETH Lausanne zusammen. 50 Professoren, andere Wissenschafter und Studenten beteiligten sich zum Beispiel an der Entwicklung der Kohlefaser-Rümpfe.

Erinnerungen an Pierre Fehlmann

Sie steuerten auch ein Testverfahren zur Überprüfung von Material-Verschleiss respektive -Langlebigkeit, Forschungsergebnisse im Bereich der computergestützten Strömungssimulation (CFD) oder ein System zur Visualisierung der Bewegungen der Segel bei.

Wenn es um die Umsetzung von design-relevanten Erkenntnissen geht, kommt die Décision SA in Fenil-sur-Corsier ins Spiel. Die Werft oberhalb von Vevey führt Bertrand Cardis, der Anfang der Achtzigerjahre mit Pierre Fehlmann um die Welt segelte und in Los Angeles an den Olympischen Spielen teilnahm.

Gründungszweck der Décision SA war nicht zuletzt der Bau der “UBS Switzerland”, mit der Fehlmann 1986 die Whitbread-Weltumsegelung gewann. 2003 “holte” die Werft mit Alinghi dann auch den grössten Preis im Segelsport.

Der Sauber-Effekt

Die vier Alinghi-Boote SUI 64, SUI 75, SUI 91 und die aktuelle Rennjacht SUI 100 wurden allesamt in der Décision-Werft hergestellt, an der Bertarelli beteiligt ist. Neben der ETH Lausanne und der Décision SA vertraut Alinghi auf zahlreiche kleinere Schweizer Zulieferer.

Wie das Formel-1-Team BMW-Sauber setzt Alinghi also auf Hightech made in Switzerland. Und wie beim Autorennstall stört sich in der Schweiz kaum jemand daran, dass die sportlichen Protagonisten aus aller Herren Länder kommen — nur nicht aus dem eigenen.

Der hohe Identifikations- und Popularitätsgrad ist vor allem auf die Patrons Peter Sauber respektive Bertarelli zurückzuführen. Dabei verfügt Alinghi über Schweizer Segler, die in den meisten anderen Syndikaten einen Stammplatz auf sicher hätten. Doch Nils Frei, Enrico De Maria und Yves Detrey müssen sich während dem Americas Cup damit zufrieden geben, mit dem B-Team als Sparring-Partner für die Aufwärmphase aufs Meer zu fahren.

Mehr als 20 Schweizer

Wenn der Boss darauf hinweist, dass keine Nation mehr Alinghi-Mitarbeiter stelle als die Schweiz, spricht Ernesto Bertarelli von der ganzen, 130-köpfigen Belegschaft.

Neben den drei Seglern stehen knapp 20 weitere Schweizer auf der Lohnliste – von Physiotherapeut Otmar Keller über Bootsbauer Damian Weiss bis zur Medienbeauftragten Francine Moreillon, der dreifachen Weltmeisterin im Extrem-Skifahren.

Können sie in einigen Tagen die erfolgreiche Titelverteidigung feiern? Mit Kuhglocken und Schweizer Fähnchen?

swissinfo und Philipp Bärtsch (Si), Valencia

Der 32. Americas Cup findet vom 23. Juni bis 7. Juli in Valencia statt.
Geplant sind neun Regattas zwischen dem Schweizer und dem neuseeländischen Team.
Die vierte Regatta fand am Mittwoch, 27. Juni, statt.
Um den Americas Cup zu gewinnen, sind fünf Siege notwendig.

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