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Kein Platz für Kampfhunde im Tierheim

Tierheime verfügten für Kampfhunde einen Aufnahmestopp. Keystone

Auch Hunde gehören zu den Opfern der tödlichen Pitbull-Attacke von Oberglatt im Kanton Zürich, bei der im Dezember 2005 ein Knabe getötet worden war.

Halter von Tieren einer als gefährlich eingestuften Rasse stehen unter sozialem Druck, viele möchten ihre Tiere loswerden oder lassen sie einschläfern.

Als am ersten Dezember 2005 drei ausgerissene Kampfhunde der Rasse Pitbull im zürcherischen Oberglatt einen sechsjährigen Knaben anfielen und tödlich verletzten, ging ein Aufschrei durch Bevölkerung und Medien.

Die Boulevardzeitung Blick lancierte eine Petition, in der mehr als 175’000 Menschen in der Schweiz ein Verbot von Kampfhunden forderten. Die Schweizer Regierung schlug umgehend ein Verbot von Pitbulls und 13 Kreuzungen von als gefährlich eingestuften Rassen vor.

Inzwischen musste der Bundesrat unter dem Druck von Hundebesitzern, Vereinen und Tierärzten aber bereits wieder zurückbuchstabieren und verlangte weitere Abklärungen. Letzten Freitag entschied er, auf ein landesweites Pitbull-Verbot zu verzichten, weil die Rechtsgrundlage dafür fehle.

Der Ball liegt nun beim Parlament: Sowohl im National- wie auch im Ständerat liegt eine Motion vor, mit der das Kampfhunde-Verbot im Tierschutzgesetz verankert werden soll. Die Debatten finden in der gegenwärtigen Frühjahrs-Session statt. Der Bundesrat lehnt die Motionen ab.

Geächtet

Für die Halter von Kampfhunden in der Schweiz aber ist nichts mehr wie vor dem vergangenen Dezember. “Die Leute machen einen Bogen um die Hunde und schauen einen schief an”, sagte Karen De Heus, Geschäftsleiterin des Schweizer Tierschutz-Bundes. Als Halterin eines Deutschen Schäferhundes ist sie selber von der Hunde-Angst betroffen. “Die Situation ist sehr bedrückend”, sagte sie.

Entsprechend verunsichert seien viele Halter, die ihre Hunde nun loswerden möchten. Im Dezember wurden die Tierheime laut De Heus regelrecht bestürmt. “Wir hatten sehr viele Anfragen nach dem Unfall”, bestätigte auch Uschi Fankhauser vom Zürcher Tierschutz. Dieser Verein betreibt selber ein Tierheim.

Kein Asyl für Kampfhunde

Im Tierheim Oberbottigen bei Bern registrierte Pflegerin Regula Hayoz zwar keinen Ansturm, doch Kampfhunde werden dort – wie in den meisten anderen Tierhäusern – keine mehr aufgenommen,. “Wir können die Tiere nicht mehr weiter vermitteln, da deren Haltung Probleme bereitet,” so Hayoz gegenüber swissinfo.

Aus einem Neuner-Wurf von Pitbull-Mischlingen aus dem November habe sie zwei Tiere immer noch nicht platzieren können. Und gäbe es Interessenten, würden deren Hausverwaltungen das Veto einlegen.

Letzter Ausweg

Manche Hundehalter sehen laut Regula Hayoz und De Heus oft nur einen Ausweg: Sie lassen ihre Tiere einschläfern. Dies bestätigt auch Charles Trolliet, Präsident der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte. Über genaue Zahlen aus den Praxen seiner Kollegen verfügt er nicht. Trolliet weiss aber, dass seit der tödlichen Pitbull-Attacke viele Halter ihre Hunde töten lassen möchten.

Einen Fall hat er in seiner eigenen Praxis erlebt. Die Besitzerin eines Bullterrier-Weibchens habe “den sozialen Druck und die Beleidigungen” nicht mehr ausgehalten und seine Praxiskollegin gebeten, die Hündin einzuschläfern.

Griff zur Spritze

“Wir haben erfolglos versucht, einen Platz für das Tier zu finden”, sagte Trolliet. Schliesslich habe seine Kollegin zur Spritze gegriffen. Die Hündin sei erst ein Jahr alt gewesen und habe noch nie Probleme gemacht.

Trolliet bedauert diese Verteufelung von Kampfhunden und hält wenig davon, sie einzuschläfern. “Es sind gerade nicht die problematischen Hunde, die beim Tierarzt enden”, sagte er. Getötet würden jene Tiere, die korrekt gehalten würden, deren Besitzer aber dem Druck nicht standhielten.

Warten im Wallis

Im Kanton Wallis ist seit Anfang Jahr ein Kampfhunde-Verbot in Kraft. Betroffen vom bisher strengsten Gesetz für gefährliche Hunde sind zwölf Rassen und deren Kreuzungen.

Allerdings dürfen vorerst keine Kampfhunde sterilisiert oder gar getötet werden. Das Bundesgericht hat Beschwerden von Rassenorganisationen und Hundehaltern in diesen zwei Punkten die aufschiebende Wirkung erteilt. Das Kampfhundeverbot gilt aber weiterhin.

In Genf werden derweil Unterschriften gesammelt. Dort soll das Verbot mit einer Initiative durchgesetzt werden. Trotz der kalten Witterung laufe die Sammlung gut, sagte Jean Barth vom Initiativkomitee. Er ist darum zuversichtlich, dass die nötigen 10’000 Unterschriften bis Anfang Mai zusammenkommen.

swissinfo und Agenturen

In Europa ist es vermehrt zu tödlichen Attacken von Kampfhunden auf Menschen gekommen.

Jüngster Fall in der Schweiz war am 1. Dezember 2005, als ein sechsjähriger Knabe bei Zürich von drei herrenlosen Pitbulls getötet wurde.

Die Schweizer Öffentlichkeit war schockiert. Die Boulevardzeitung Blick lancierte eine Petition zum Verbot von Kampfhunden (über 175’000 Unterschriften).

Die Schweizer Regierung kündigte ein Verbot von Pitbulls sowie Haltungs-Einschränkungen für 13 Kreuzungen von als gefährlich eingestuften Rassen an.

Hundehalter, Verbände und Tierärzte protestierten gegen das Verbot. Der Bundesrat signalisierte Abrücken vom Verbot.

Das Schweizer Parlament (National- und Ständerat) debattiert in der kommenden Frühjahrs-Session über eine Motion, die das Kampfhunde-Verbot im Schweizer Tierschutzgesetz verankern will.

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