Der Bund will Pitbulls verbieten

Sechs Wochen, nachdem ein 6-Jähriger von einem Pitbull getötet wurde, hat die Regierung Massnahmen zum Verbot dieser Hunderasse vorgestellt.
Hunde, die aus Kreuzungen von 13 gefährlichen Hunderassen stammen, sollen ebenfalls verboten werden. Bereits haben sich zahlreiche skeptische Stimmen erhoben.
Haltung und Zucht von Pitbull-Hunden sollen in der Schweiz verboten werden. Bundesrat Joseph Deiss hatte nach der tödlichen Bissattacke auf einen sechsjährigen Knaben im zürcherischen Oberglatt am vergangenen 1. Dezember ein Massnahmenpaket angekündigt und dieses nun in eine kurze Anhörung geschickt.
Neben Pitbulls sollen künftig auch Mischlinge von 13 Hunderassen, darunter Rottweiler oder Dobermann, verboten werden. Reinrassige Tiere der 13 Rassen sollen hingegen weiterhin zugelassen sein.
Allerdings gelten für ihre Haltung und Zucht künftig strenge Auflagen: Wer einen solchen Hund halten will, braucht eine Bewilligung und muss die reinrassige Abstammung nachweisen.
Verschärft werden die Anforderungen an alle Hundehalter: Sie sind verpflichtet, Hunde sozialverträglich zu erziehen. In einem weiteren Schritt dürfte eine Prüfung für Hundehalter folgen.
Hans Wyss, Direktor des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET) sagte, es gebe nicht eine einzige Massnahme, die alle Probleme löse, sondern es brauche eine Massnahmenpalette.
Haltungsbewilligung nötig
Besonders streng wird auch bei 13 weiteren Hunderassen vorgegangen. Eine Haltungsbewilligung soll erhalten, wer genügend Kenntnisse vorweist, älter als 20 Jahre ist und über einen guten Leumund verfügt. Zudem braucht es einen anerkannten Abstammungs-Nachweis.
Wer heute einen künftig verbotenen Hund besitzt, muss diesen bis am kommenden 31. März melden. Zeigt das Tier keine Auffälligkeiten, kann es beim Halter bleiben. Die Hunde werden in jedem Fall kastriert oder sterilisiert sowie mit einem Mikrochip versehen.
Pitbulls müssen draussen bleiben
Wer künftig mit einem Hund einer Rasse mit Sonderbestimmungen oder einem Mischling solch einer Rasse in die Schweiz in die Ferien kommen will, kann dies tun. Dies gilt jedoch nicht für Pitbulls.
Wyss machte klar, dass die Liste der Hunde mit Sonderbestimmungen je nach Erfahrungen noch verändert oder ergänzt werden könnte. Dasselbe gilt für verhaltensauffällige Hunde mit einer erhöhten Aggressions-Bereitschaft.
Meldepflicht
Weiter soll die Meldepflicht für Beissunfälle eingeführt werden. Tierärzte, Ärzte, Polizei, Zoll und die Erzieher von Hunden müssen Beiss-Unfälle künftig der zuständigen kantonalen Behörde melden.
Der Kanton Neuenburg führt seit 4 Jahren eine solche Statistik. Der neuenburgische Kantonstierarzt Pierre-François Gobat, sagte gegenüber swissinfo: «Wir haben festgestellt, dass 10% der gemeldeten Bisse von Hunden stammen, die sich auf der BVET-Liste befinden.»
Gobat bestätigte, dass jeder Hund gefährlich sein könne. «Wichtig ist jedoch, dass der Hund weiss, dass er nicht das Recht hat, zu beissen.» Und dies sei keine genetische Frage, sondern eine Frage der Erziehung.
Gemischte Reaktionen
Für die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG) ist das Pitbull-Verbot angesichts des politischen Drucks verständlich. Sie kritisierte aber die Auflagen für 13 Hunderassen. Diese Liste sei für die einzelnen Rassen nicht genügend begründet und bringe mehr administrativen Aufwand als Schutz.
Die Stiftung für das Tier im Recht hat das vorgeschlagene Verbot bestimmter Hunderassen vehement abgelehnt. Die Brandmarkung gewisser Hunderassen sei aus natur- und verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen nicht haltbar.
Der American Pit Bull Terrier Club Schweiz empfindet das vorgestellte Massnahmenpaket gegen gefährliche Hunde als Affront. In der Vergangenheit hätten die Bundesbehörden immer betont, dass es keine gefährlichen Hunderassen gebe – und das seit nunmehr fünf Jahren.
swissinfo und Agenturen
Die Schweiz hat noch kein innerstaatliches Gesetz zur Hundehaltung. Diese war bis jetzt Aufgabe der Kantone. Einige Gesetze sind streng, andere dagegen sehr lasch.
Das Massnahmenpaket des Bundes zielt auf folgende Rassen ab:
American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Cane Corso Italiano, Dobermann, Dogo Argentino, Dogo Canario, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastín Español, Mastino Napoletano, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier, Tosa
Diese Liste kann bei Bedarf erweitert werden.
Der Besitz dieser Hunde bräuchte eine Genehmigung, eine Kreuzung wäre verboten, und die Tiere würden alle kastriert oder sterilisiert.
Das Bundesamt für Veterinärwesen schätzt, dass etwa 10’000 Hunde von diesen Massnahmen betroffen sind.
In Deutschland ist für mehrere Hunderassen die Einfuhr oder Zucht verboten.
In Frankreich sind Erwerb, Einfuhr und Zucht gefährlicher Hunde verboten. Ausserdem müssen sie auf der Strasse oder in öffentlichen Gebäuden an der Leine geführt werden und einen Maulkorb tragen.
In England sind Leine und Maulkorb für Hunde, die gefährlich sein könnten, Pflicht. Die Zucht und die Einfuhr von Tieren, die zur Hundefamilie der Pitbulls gehören, ist verboten, auch in Holland.
Mit der neu vorgeschlagenen Gesetzgebung zielt die Schweizer Regierung in dieselbe Richtung.

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