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Kiwi-Protest ohne Konsequenzen für Alinghi

Dieses Alinghi-Crewmitglied auf dem Mast hat die Neuseeländer zu ihrem Protst veranlasst. Keystone

Die nach der 4. Regatta im Americas Cup vom Team Neuseeland gegen Alinghi deponierte Beschwerde wurde von der Jury mit einem Mehrheitsentscheid abgewiesen.

Die Klage betraf Punkt 31.6 des Reglements. Dieses verlangt, dass das Grossegel von der Brücke aus heruntergeholt werden kann.

Der Americas Cup wird auch am “Grünen Tisch” ausgetragen. Dies demonstrierten die Neuseeländer am Mittwochabend. Am Ende der 4. Regatta hat das Emirates Team New Zealand eine Beschwerde gegen Alinghi eingereicht. Die Klage bezieht sich auf das Befestigungssystem des Grossegels.

Die beiden Parteien und ihre Zeugen wurden am Donnerstag um 11 Uhr im Büro der internationalen Jury angehört. Die einen wollten den Gegner belasten, die anderen zeigen, dass die Klage ohne Grund erhoben wurde.

Um 16 Uhr wurde die Ablehnung der Kiwi-Klage durch die fünfköpfige Jury kommuniziert. Begründet wurde die Rückweisung mit Verfahrensregeln, Begriffsdefinitionen und der Zielrichtung dieser Art von Klagen.

Unterdimensionierung vermeiden

Die Befestigung des Grosssegels am obern Teil des Mastes ist ein Gewichtsproblem an einem ungünstigen Platz. In 32 Metern Höhe beeinflusst jedes zusätzliche Gramm die Geschwindigkeit des Schiffes negativ.

Die Teams sind deshalb daran interessiert, das an diesem Ort eingesetzte System auf das Minimum zu reduzieren. Eine Unterdimensionierung könnte bedrohlich sein, wenn ein unruhiger Seegang das Segelschiff durchschüttelt.

Es besteht also die Versuchung an dieser Stelle ein leichtes, nicht von unten abwerfbares System zu installieren. Im Gegensatz dazu besagt Punkt 31.6 des Reglements der Class America den Wettbewerbsbooten deutlich, das Grosssegel müsse von der Brücke aus heruntergelassen werden können ohne dass ein Mannschaftsmitglied oben auf den Mast gebracht werden müsse.

Diese Vorschrift soll die Sicherheit erhöhen: Jedes Schiff muss seinen “Motor” kappen können, das heisst, im Fall eines starken Windstosses sein Grosssegel einholen, ohne ein Mannschaftsmitglied in die Takelage schicken zu müssen.

Psychologische Kriegsführung

Als die Neuseeländer nach der Wettfahrt am Mittwoch ein Alinghi-Crew-Mitglied im Moment des Grosssegel-Einholens auf dem Mast sahen, waren sie der Ansicht, dieses Manöver verlange eine menschliche Intervention. Deshalb reichten sie innerhalb von 90 Minuten nach dem Ende der Regatta eine Beschwerde ein.

Sie wollten den Schweizer Titelverteidiger damit wohl auch ein wenig destabilisieren. Dieses Instrument wurde in der Geschichte des Americas Cup schon einnige Male angewandt. “Der “Grüne Tisch” ist eine bösartige Waffe.

Die Americas Cup Teams verteidigen sich mit auf Regattenrecht spezialisierten Rechtsanwälten. So können sie, wenn nötig, auch ihre Zähne zeigen.

Für die Kiwis war es offenbar auch wichtig, die Titelverteidigerin vor den nächsten Wettbewerben zu verunsichern. Dieser Hieb jedoch erwies sich jedoch als Schlag ins Wasser und die Best-of-9-Serie wird am Freitag beim Stand von 2:2 fortgesetzt.

swissinfo Pierre-Antoine Preti/Skippers magazine in Valenzia
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

Die Verantwortung der Organisation einer Regatta ist auf mehrere Instanzen aufgeteilt:

– Das Rennkomitee ist verantwortlich für den Parcours und den Start, aber nicht für die Regatten. Es entscheidet ob Windstärke und –richtung genügend stabil sind, um den Start freizugeben.

– Die Schiedsrichter sind in den Motorbooten nahe den Segelschiffen. Sie intervenieren, wenn die Konkurrenten Protestfahnen heben, beurteilen die Fälle sofort und wenn nötig, vergeben sie Strafen an jene, die gegen Wettkampfregeln verstossen. Sie sind vom Organisator unabhängig.

– Seit 1992 wird der Cup nur noch mit Booten der “International America’s Cup Class” (IACC) ausgetragen. Das entsprechende Regelwerk beschreibt sehr präzise Länge, Gewicht, Breite, Tiefgang, Segelfläche, usw. Darunter ist auch der Punkt 31.6, mit dem die Kiwis gegen Alinghi protestierten.

– Die mit der Lösung möglicher Konflikte beauftragte Instanz ist die fünfköpfige Jury. Sie ist vom internationalen Segelverband ernannt und von den Organisatoren unabhängig.

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