Schweizer Finanzmarkt-Aufsicht wird zentralisiert

Die Schweiz sollte vor dem Hintergrund des rasanten Strukturwandels auf den Finanzmärkten die Kräfte in der Aufsicht bündeln. Eine vom Bundesrat eingesetzte 13-köpfige Expertengruppe schlägt eine Super-Aufsichtsbehörde für die Finanzmärkte vor.
Unter dem Dach dieser Behörde sollten die Tätigkeiten der Eidg. Bankenkommission (EBK) und des Bundesamtes für Privatversicherungen vereint werden, sagte der Freiburger Professor Jean-Baptiste Zufferey, Leiter der hochkarätig besetzten Expertengruppe, am Donnerstag (16.11.) bei der Präsentation des Schlussberichtes in Bern.
«Mini-Revolution»
«Was wir vorschlagen, gleicht einer Mini-Revolution», sagte Zufferey. Eher nüchtern sieht Niklaus Blattner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bankiervereinigung, die neue Behörde. «Es geht nicht um Gigantismus, sondern darum, dass die Integration der Finanzmärkte ihr Spiegelbild in der Aufsicht findet.»
Der Trend gehe weltweit Richtung integrierte Aufsicht. Die Schweiz solle aktiv die Initiative ergreifen, begründete Zufferey den Vorstoss. Die Integration solle schrittweise erreicht werden. So sollten die Vorteile der dualen Aufsicht nicht über Bord geworfen werden. Jeder Teilbereich habe seine Besonderheiten.
Schritt für Schritt
Die Experten sprechen sich in ihrem Bericht dafür aus, in einem ersten Schritt die Organisation und Befugnisse der Finanzmarktaufsicht zu regeln. Der Vorteil dieser Lösung nach dem Vorbild Dänemarks liege darin, dass sie die bestehenden Gesetze vorderhand weitgehend unverändert liesse.
Um die Vorteile einer integrierten Aufsicht voll nutzen zu können, wäre in einem zweiten Schritt ähnlich dem britischen Modell ein integriertes Finanzmarkt-Aufsichtsgesetz ins Auge zu fassen. Es schüfe die Grundlage für die neue Aufsichtsbehörde und würde die Aufsichtsregeln, soweit sinnvoll, vereinheitlichen.
Das britische Modell sei jedoch nur eine mögliche Variante, betonte Zufferey. Die Schweiz müsse ihren eigenen Weg finden.
Grösseres Gegengewicht zu Finanzkonglomeraten
Mit der Regulierung und Aufsicht aus einer Hand liesse sich ein grösseres Gegengewicht zur Bedeutung der grossen international tätigen Finanzkonglomerate schaffen, heisst es im Expertenbericht.
Auch könnte die neu zu schaffende Behörde eine kritische Grösse in die Waagschale werfen, wodurch sie sich in den immer wichtiger werdenden internationalen Aufsichtsgremien mehr Gehör verschaffen und schweizerische Interessen besser vertreten könne.
Die heikle Frage, ob auch der Kampf gegen die Geldwäscherei unter dem Dach der neuen Behörde zentralisiert werden sollte, fiel nicht in das Mandat der Expertengruppe. Die Meldestelle und die Kontrollstelle sind heute in verschiedenen Departementen angesiedelt. Das Eidg. Finanzdepartement (EFD) schliesst nicht aus, dass dereinst alles unter einem Dach vereint sein könnte.
Baustelle Überwachung
Die integrierte Aufsicht ist Teil diverser Anstrengungen, die Überwachung auf dem Finanzplatz Schweiz zu stärken. «Wir befinden uns derzeit auf einer Baustelle», sagte Blattner.
Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Barbara Schaerer von der Eidg. Finanzverwaltung ist derzeit daran, das Verfahren zur Sanierung und Liquidation insolventer Banken zu vereinfachen und den Einlegerschutz zu verbessern. Ferner nimmt die EBK die Effizienz der externen Revision unter die Lupe.
Inkrafttreten bis Mitte 2003
Die Vorschläge der Expertengruppe Zufferey für eine integrierte Finanzmarktaufsicht gehen bis Ende Januar 2001 in eine begrenzte Vernehmlassung an die Direktbetroffenen. Die Botschaft an das Parlament ist nach einer grossen Vernehmlassung für Frühjahr/Sommer 2002 geplant. In Kraft treten könnte das Gesetz ein Jahr später.
Sollten die Empfehlungen der Experten in die Tat umgesetzt werden, würden die EBK und das Bundesamt für Privatversicherungen nicht nur räumlich an der Schwanengasse in Bern zusammenrücken, sondern auch administrativ. Die EBK hat das Gebäude im April 2000 bezogen. Ende 2003 soll das Bundesamt folgen, so ein Sprecher.
swissinfo und Agenturen

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