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Stähli holt sechste Medaille für die Schweiz

Steigerung bis zu Bronze: Gregor Stähli. Keystone

Der Zürcher Gregor Stähli hat an den Olympischen Spielen in Turin Bronze im Skeleton gewonnen. Es ist bereits das sechste Edelmetall für die Schweiz.

Stähli hat sich im Eiskanal von Cesana stetig gesteigert. In den Trainings hatte sich der 38-Jährige kaum mit der ruppigen Bahn zurecht gefunden.

Selbst sein Vater hatte ihn schon abgeschrieben, aber Gregor Stähli legte im Skeleton-Rennen der Männer am Freitag Abend in Cesana nach ernüchternden Trainingsfahrten seine ganze Klasse in die Bahn und holte die Bronzemedaille. Im entscheidenden zweiten Durchgang kämpfte sich der Schweizer vom 5. auf den 3. Platz vor.

Schneller als Stähli fuhren bloss die beiden kanadischen Topfavoriten Duff Gibson, der Weltmeister 2005, und Jeff Pain, der Weltmeister 2004. Stähli hatte schon 2002 in Salt Lake City Olympia-Bronze geholt.

Von weit her

Nach den Trainings dachte freilich niemand daran, dass der am 28. Februar 38 Jahre alt werdende Stähli erneut unter die ersten drei fahren könnte. Im Rennen steigerte sich der WM-Zweite 2005 aber gewaltig.

“Erstmals gelangen mir zwei gute Läufe hier. Ich bin selbst am meisten überrascht. Ich dachte, ich komme unter die ersten zehn. Nach dem Abschlusstraining und am freien Tag haben wir beim Material alles umgekrempelt, und dies hat sich nun ausbezahlt”, freute sich Stähli.

Beim neuen Set-up des Schlittens legte auch Snorre Pedersen, der Mann von Olympiasiegerin Maya, Hand an. “Ich stand am Renntag gut auf, der Schweizer Erfolg im Snowboard gab mir zusätzliche Motivation, und zu verlieren hatte ich ja nichts”, sagte Stähli weiter.

Druck weggesteckt

Schon nach halbem Pensum hatte Europameister Stähli eine Medaille in Griffweite. Bloss 0,04 Sekunden trennten ihn vom 3. Platz. Zwei Briten musste er in der Reprise überholen, um aufs Podest zu gelangen.

Stähli war dem Druck im zweiten Durchgang gewachsen, wartete mit einer sauberen Fahrt und der drittbesten Zeit auf, derweil dem früheren Europameister Kristan Bromley (5.) und Adam Pengilly (8.) die Reprise misslang.

Schon beim Gewinn der Bronzemedaille 2002 hatte Stähli eine Aufholjagd lancieren müssen. Als Vierter nach halbem Pensum überholte er schliesslich noch den häufig in St. Moritz residierenden irischen Lord Clifton Wrottesley.

Stählis Medaillengewinn 2006 ist höher einzuschätzen als jener vor vier Jahren. In Salt Lake City kam bloss ein halbes Dutzend Teilnehmer für einen Rang auf dem Podium in Frage, in Cesana konnten im Vorfeld des Rennens zehn Fahrer mit einer Medaille liebäugeln.

Kanadische Schwergewichte

Das Siegertrio 2006 weist ein Durchschnittsalter von 38 Jahren auf. Gibson wird am 11. August 40 Jahre alt. Er ist der älteste Olympiasieger in einem Einzel-Wettbewerb an Winterspielen aller Zeiten.

Im Nachteil befand sich Stähli gegenüber den beiden Kanadiern vorab in Sachen Körpergewicht. Gibson ist 100 kg schwer, Pain 90, Stähli 75. Die Masse wirkt beschleunigend. So wiesen Gibson wie Pain höhere Top-Geschwindigkeiten auf als der Schweizer.

Die zwei Karrieren des Gregor S.

Der dreifache Familienvater Stähli hat eine interessante Karriere hinter sich. 1988 fuhr er erstmals Skeleton. 1994 wurde er Weltmeister, trat hernach aber für fünfeinhalb Jahre zurück. Als sich Ende der Neunzigerjahre abzeichnete, dass Skeleton erstmals seit 1948 wieder olympisch sein würde, gab er das Comeback.

Zum olympischen Rennen 2002 trat Stähli als haushoher Favorit an und holte immerhin Bronze. Im Sommer 2004 entschied sich der Betriebswirtschafter im Alter von 36 Jahren, Profi zu werden. Mit dem 2. WM-Rang im folgenden Winter wurde dieser Schritt erstmals belohnt. Mit Olympia-Bronze folgte nun die Krönung. Ab 1. April arbeitet er wieder als Betriebsökonom. Und das als erfolgreichster Skeleton-Pilot aller Zeiten.

swissinfo, Daniel Good, Cesana

Im Skeleton sausen die Athletinnen und Athleten kopfvoran den Eiskanal hinunter, das Kinn nur Millimeter über dem Eis.

Der Skeleton-Schlitten ist ein Rechteck aus Fiberglas mit Kufen aus Stahl. Dank besonderem Schliff sind Geschwindigkeiten bis 130 Kilometer pro Stunde möglich.

Die ersten Skeleton-Kurse waren in der Schweiz und bestanden aus Natureis.

Das erste bekannte Skeleton-Rennen war 1887. Seit 2002 ist es wieder olympische Disziplin.

Cesana, Skeleton Männer:
1. Duff Gibson, Kanada
2. Jeff Pain, Kanada
3. Gregor Stähli, Schweiz

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