New Geneva, Irland
1782 kam es im aristokratisch regierten Genf zu einer Revolution ohne Blutvergiessen. König Georg III. von England bot Genfer Revolutionsführern aus dem Mittelstand Asyl an. Die arbeitsamen Protestanten sollten der britischen Bevölkerung ein Vorbild sein.
Benno Gut
Passage East, östlich der Stadt Waterford in Irland, sollte mit seinem Hafen zum kolonialen Territorium von New Geneva gehören. Der Bau der Stadt verzögerte sich jedoch.
Benno Gut
Unterdessen arrangierten sich die auswanderungswilligen Uhrmacher und Handwerker mit dem aristokratischen Regime in Genf. Die Stadt der Aufklärung wurde nie gebaut. Heute lebt die Gegend vor allem von der Austernzucht.
Benno Gut
Berna, 3569 Santa Fe, Argentinien
1889 wurde Berna von Hans Liechti gegründet, der zehn Jahre zuvor als 45-Jähriger in Argentinien eingewandert war. Mit seinem Sägewerk machte er gute Geschäfte mit der Eisenbahngesellschaft, welche die Provinz Santa Fe mit einer Bahnlinie erschloss.
Benno Gut
1992 fuhr der letzte Zug nach Berna, und der Zerfall des Ortes nahm seinen Lauf. Nur ein rostiger Waggon blieb übrig. Heute zählt der Ort 979 Einwohner.
Benno Gut
Das Mini-Chalet in einer Turnhalle in der benachbarten Stadt Romang stammt aus einem Festwagenumzug. Namen wie Alemann, Habegger oder Reutemann erinnern noch heute an die Schweizer Pioniere.
Benno Gut
Die Wolgadörfer in Russland
Luzern, Solothurn, Basel, Schaffhausen, Unterwalden, Zug, Zürich, Glarus - so hiessen die Dörfer, die zwischen dem Industrieort Balakowo und dem Städtchen Marx an der Wolga 1767/68 gegründet wurden. Die deutschstämmige Zarin Katharina II. liess Auswanderungswillige vorwiegend aus Deutschland ansiedeln.
Benno Gut
Zwischen 1762 und 1775 wurden in der Wolgaregion 30'632 Einwanderer gezählt, so genannte Wolgadeutsche. Darunter befanden sich auch etwa 1000 Schweizer.
Benno Gut
1924 entstand die "Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Wolgadeutschen". Aus Angst vor der Kollaboration mit den Nazis wurde 1941 die deutschsprachige Bevölkerung in zentralasiatische Gebiete deportiert, 1942 wurden alle Orte mit russischen Namen versehen.
Benno Gut
Villa Lugano, 1439 Capital Federal, Argentinien
Villa Lugano liegt 20 km südlich des Stadtzentrums von Buenos Aires. José Ferdinando Francisco Soldati gründete den Ort 1908 und gab ihm den Namen in Erinnerung an seine alte Heimat. Wo heute Sozialbauten stehen, wurde 1910 der erste Flugplatz Argentiniens gegründet.
Benno Gut
Das zwölfstöckige Betonskelett "Elefante Blanco" sollte Ende der 1930er Jahre das grösste Spital ganz Lateinamerikas werden. Es wurde nie fertiggestellt. Heute leben etwa 120 Familien in den unteren Stockwerken, ständig vom Einsturz bedroht.
Benno Gut
Viele der Bewohner der "Villas Miserias", der Armenviertel, stammen aus Paraguay, Bolivien oder Peru. In Villa Lugano gibt es die meisten Armenquartiere und heruntergekommenen Häuserkomplexe von ganz Buenos Aires.
Benno Gut
St. Maurice 42003, Algerien
Das ehemalige St. Maurice heisst heute Haï Mouaz M'hamed. In den vier Schweizer Weilern rund um das Städtchen Koléa platzierten französische Kolonialbehörden 1851 27 Einwandererfamilien, vor allem ärmere Bauern aus dem Unterwallis. Zur Abreise aus der Heimat komponierte der Chansonnier Louis Gard ein Lied mit dem Refrain: "Amis, partons pour Alger, l'Algérie, c'est la vie."
Benno Gut
Das Leben für die Bauern war hart. Sandiger Boden, Heuschreckenplagen und Trockenheit minderten den Ertrag. Nur wenige Familien blieben. Während des Unabhängigkeitskrieges verliessen viele Siedler ihre Höfe und Häuser, ihr Eigentum wurde verstaatlicht. Ein paar Originalhäuser und ein funktionstüchtiger Brunnen zeugen noch von der kolonialen Vergangenheit.
Benno Gut
Berne, Indiana, USA
Der 2010 erstellte Muensterberg Clocktower ist eine Replika des Berner Zytglogge und ehrt die Gründer der Stadt. Mennoniten verliessen 1852 ihre Höfe auf dem Montagne de Moutier (Münsterberg) im Berner Jura.
Benno Gut
Berne pflegt sein Schweizer Erbe mit Leidenschaft. Am letzten Juliwochenende werden jeweils die Swiss Days gefeiert. An der Horse Pull Competition müssen Pferde schwere Gewichte ziehen.
Benno Gut
Neuenschwander, Habegger, Eicher, Sprunger, Lehmann - diese Familiennamen sind noch heute geläufig in Berne. Im Umland der Möbelkapitale von Indiana leben rund 6000 Amische. Viele der Bewohner erinnern sich an die Grosseltern, die noch Schweizerdeutsch sprachen. Heute sind alle Amerikaner und sprechen nur noch Englisch.
Benno Gut
Die Schweiz ist nicht das einzige Land, in dem man Städtenamen wie Bern, Zürich oder Genf findet. Schweizer Auswanderer, die sich auf den verschiedenen Kontinenten niedergelassen hatten, nannten ihr neues Zuhause oft nach ihrem alten.
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Die Journalistin Petra Koci war fasziniert, als sie entdeckte, wie viele solcher Orte es gibt. Darauf beschloss sie, einige von ihnen aufzusuchen. Auf der Suche nach Städten und Dörfern, welche die Namen aus allen drei offiziellen Landesprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch) trugen, reiste sie rund um die Welt. Nun hat sie ein Buch mit dem Titel «Weltatlas der Schweizer Orte» publiziert, in dem sie ihre Entdeckungen beschreibt.
Die Geschichte der «Schweizer» Orte könnte unterschiedlicher kaum sein: Einige haben sich zu blühenden Städten entwickelt, die stolz auf ihre Beziehung zur Schweiz sind. Bei anderen hingegen ist die Swissness fast gänzlich verschwunden.
Berne, Indiana, hat sogar einen eigenen «Zytgloggeturm» aufgestellt, inspiriert durch den berühmten Uhrenturm in der Bundesstadt Bern.
Zwei italienischsprachige Städte gaben ihren Namen sehr unterschiedlichen Orten. Villa Lugano etwa ist ein heruntergekommenes Quartier in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, wo nur noch der Baustil des Bahnhofs an die Schweiz erinnert, während Locarno Springs zu einer ländlichen Siedlung in Australien gehört, wo noch immer viele Nachkommen von Tessiner Familien wohnen.
In Algerien hat das einst St. Maurice benannte Dorf seinen Namen ganz geändert. Nur ein paar Gebäude erinnern noch an die Schweizer Präsenz.
Die Dörfer, die einst von Schweizern entlang der Wolga gegründet wurden, haben ihre Namen ebenfalls verloren, jedoch eine Spur zu ihren Ursprüngen beibehalten. Basel heisst nun Vasilyevka (Vasiliy ist das russische Pendant zum Namen Basil), und Unterwalden heisst Podlesnoye, was ebenfalls «unter dem Wald» bedeutet.
Merkwürdigerweise fand die Autorin auch ein Zürich in den Niederlanden, das absolut keinen Bezug zur Schweiz hat: der Name stammt von einem altfriesischen Wort, das «südliche Küste» bedeutet.
(Text: Julia Slater, swissinfo.ch, Bilder: Benno Gut, aus: Petra Koci: Weltatlas der Schweizer Orte, Zürich: Limmat Verlag, 2013)
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