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Malaria-Spendengelder zeigen langsam Wirkung

Schwangere Frauen und kleine Kinder unter fünf Jahren sind von Malaria am stärksten betroffen. MHallahan/Sumitomo Chemical

Der Kampf gegen Malaria stösst vermehrt auf Aufmerksamkeit von gewichtigen Spendern. Dank ihren Milliarden für den Kampf gegen die Seuche gibt es ermutigende Fortschritte.

Trotzdem liegt die Ausrottung der Tropenkrankheit noch in weiter Ferne. Im Gespräch mit swissinfo erklären Experten aus öffentlichen und privaten Institutionen, wieso es noch mehr Geld braucht. Und dass Gelder allein nicht ausreichen, um die Krankheit auszurotten, die jedes Jahr mehr als eine Million Todesopfer fordert.

Christian Lengeler vom Schweizerischen Tropeninstitut (STI) und Hans Rietveld vom Pharma-Konzern Novartis vertreten zwei Organisationen, die sich zusammengetan haben, um das Bewusstsein für den Kampf gegen die Seuche weiter zu fördern.

Sie sind Teil der Schweizer Malaria Gruppe, zu der unter anderem auch die Chemie-Konzerne Syngenta und Mepha sowie die in Genf ansässige Forschungs-Stiftung Medicines for Malaria Venture gehören.

Zwei der heute genutzten Methoden, um die tödliche Krankheit in Schach zu halten sind der Einsatz von Moskito-Netzen, die mit Insektiziden behandelt sind, sowie die Behandlung mit Medikamenten mit dem Wirkstoff Artemisin, darunter das Novartis-Produkt Coartem. Novartis verkauft das Medikament an arme, besonders von Malaria betroffene Länder zum Selbstkostenpreis.

Nach Angaben des STI, das in Tansania aktiv an einem Behandlungsprogramm beteiligt ist, werden in ländlichen Gegenden noch immer nur 10 bis 20% der Bevölkerung angemessen und rechtzeitig behandelt.

swissinfo: Sind die Medikamenten-Verteilung und der Zugang zu einer Behandlung Schlüsselfaktoren, um die Malaria unter Kontrolle zu bringen?

Hans Rietveld: Der Vertrieb ist grundsätzlich eine Herausforderung. In vielen Ländern im südlichen Afrika ist Malaria das grösste Problem für das Gesundheitswesen. Angesichts der Angebots-Strukturen in der Gesundheits-Fürsorge ist es noch immer schwierig, allen Menschen den Zugang zu den notwendigen, wirksamen Medikamenten zu verschaffen.

In urbanen Gebieten wird es besser und es gibt auch Fortschritte in ländlichen Regionen. In der Regenzeit jedoch, um nur eine Herausforderung zu nennen, sind viele Strassen nicht passierbar. Die gute Nachricht ist, seit 2001 hat Novartis für besonders betroffene Länder 160 Millionen Behandlungseinheiten geliefert, zum Selbstkosten-Preis.

swissinfo: Das STI hat ein Programm gestartet, um den Zugang zu den Medikamenten zu erleichtern. Wie kann die Verteilung verbessert werden?

Christian Lengeler: Klar ist, dass man viele verschiedene Aspekte in Betracht ziehen muss. Bisher haben wir interessanterweise herausgefunden, dass die Patienten das Richtige tun. Sie erkennen die Krankheit und unternehmen die richtigen Schritte. Doch leider werden sie dann oft von den Einrichtungen im Gesundheitswesen im Stich gelassen. Sie erhalten nicht die richtigen Medikamente oder nicht die richtige Dosis.

swissinfo: Was muss denn getan werden?

C.L.: Management und Qualität der Behandlung müssen verbessert werden. Paradoxerweise wissen eigentlich alle, wie das System funktionieren sollte.

swissinfo: Noch immer gibt es jedes Jahr mehr als eine Million Malaria-Tote. Dies obschon heute für den Kampf gegen die Krankheit Hunderte von Millionen Dollar zur Verfügung stehen, verglichen mit einigen zehn Millionen in den 1990er-Jahren.

H.R.: Heute steht sehr viel mehr Geld zur Verfügung als früher und das ist sehr gut. Aber es ist auch so, dass viele Staaten nur begrenzte Kapazitäten haben, um diese Gelder in ihre Gesundheitswesen zu absorbieren und verantwortlich auszugeben.

Kurz gesagt geht es um die Frage, ob es genug Personal gibt, und ob die Strukturen im Gesundheitswesen und die ganze Infrastruktur verbessert werden können. Es ist noch ein weiter Weg. Aber wir sehen auch Fortschritte. Mehrere Staaten haben in jüngster Zeit berichtet, dass ihre Malaria-Sterberate gesunken ist.

swissinfo: Welche Länder?

H.R.: Zum Beispiel Ruanda, Äthiopien und Sambia. Der Rückgang der Sterberate kann tatsächlich auf bessere Prävention und den Einsatz von wirksameren Medikamenten zurückgeführt werden.

swissinfo: Wie bedeutend war die Verringerung der Sterberaten in diesen Ländern?

H.R.: In Sambia sank die Sterberate um 33 Prozent, in Ruanda um 66 Prozent.

C.L.: Wir haben tatsächlich Probleme, die finanziellen Ressourcen zu nutzen, dem stimme ich zu. Aber es ist auch wichtig, daran zu erinnern, dass wir jetzt für die Kontrolle der Malaria pro Jahr etwa 2 Milliarden Dollar ausgeben. Und rund 2 Milliarden Menschen sind von Malaria bedroht. Das ergibt pro Jahr pro Person nur einen Dollar.

swissinfo: Genug für eine Behandlung mit Coartem?

C.L.: Ja, das ist ausreichend für einen Behandlungszyklus – oder für einen Drittel eines Moskito-Netzes. Wir befinden uns also noch nicht in der richtigen finanziellen Dimension. Und es wird noch eine Zeitlang dauern, da die Staaten nicht alles aufs Mal absorbieren können. Trotzdem brauchen wir noch mehr Gelder.

swissinfo: Die grösste private Geldgeberin, die Bill & Melinda-Gates-Stiftung, hat dazu aufgerufen, die Aufmerksamkeit auf die Ausrottung der Malaria zu richten. Kritiker sagen, wenn man dieses Ziel verfolge, würde es weniger Gelder für Massnahmen geben, die es jetzt zur Eindämmung der Krankheit brauche.

H.R.: Ich denke, man muss sich ehrgeizige Ziele setzen, vor allem, da wir ja die Malaria in Europa erfolgreich ausgerottet haben. Aufgrund der Umstände in Afrika wird es jedoch sehr komplex sein, dieses Ziel zu erreichen.

C.L.: Mit den heutigen Hilfsmitteln wird es uns aber nicht gelingen, wir brauchen bessere: Einen Impfstoff, genetisch manipulierte Mücken, bessere Insektizide und auch eine Pipeline mit verschiedenen Medikamenten, denn Insektizid- und Medikamenten-Resistenzen sind reale Bedrohungen innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre. Das Ziel einer Ausrottung innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahren ist wahrscheinlich realistisch, doch bei einem Zeitrahmen von 10 Jahren ist es unmöglich.

swissinfo-interview: Dale Bechtel
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Malaria wird verursacht von Parasiten der Gattung Plasmodium. Übertragen wird die Krankheit durch den Stich der weiblichen Anopheles-Mücke.

Jedes Jahr gibt es mehr als eine Million Malaria-Tote. Die Krankheit ist eine Hauptursache von geringem Geburtsgewicht, Frühgeburten, Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit, Müttersterblichkeit sowie Blutarmut.

Zum ersten Mal findet dieses Jahr am 25. April der Welt-Malaria-Tag statt.

Die neue Gruppe (Swiss Malaria Group, SMG) hat elf Mitglieder aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, darunter Pharma- und Agro-Konzerne, Hilfs- und Entwicklungs-Organisationen sowie Forschungs-Einrichtungen. Die Gruppe will das Bewusstsein wecken für die Anstrengungen, die es für eine wirksame Bekämpfung der Malaria braucht, will Innovationen und Initiativen aus der Schweiz in dem Zusammenhang bekannt machen sowie zu Spenden anregen.

Zwei wirksame Methoden, die Anopheles-Mücke, welche die Malaria überträgt, fern zu halten, sind mit
Insektiziden behandelte Moskitonetze und der Einsatz von Insektizid-Spray im Innern von Häusern.

Die Abgabe von Anti-Malaria-Medikamenten während Routine-Impfaktionen an Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder, bei denen das Risiko, zu erkranken besonders gross ist, wird als Strategie der Präventiv-Behandlung mit Unterbrechungen bezeichnet.

Gegenwärtig sind die wirksamsten Medikamente Kombinations-Präparate mit dem Wirkstoff Artemisin, der auf eine in China seit Jahrhunderten zur Senkung von Fieber genutzte Pflanze zurückgeht. Eines dieser Medikamente ist Coartem von Novartis.

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