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Menschenrechtsrat im Krebsgang

Der Status der Spezialberichterstatter wird im Menschenrechtsrat kontrovers diskutiert. Keystone

In Genf hat der UNO-Menschenrechtsrat seine Arbeit wieder aufgenommen und eine Resolution zu den UNO-unabhängigen Experten verabschiedet.

Angesichts der Kritik der Länder der südlichen Hemisphäre versuchen die Schweiz und die anderen westlichen Länder, den Dialog erneut aufzunehmen.

Der Menschenrechtsrat hat am Montag den Vorschlag für einen Verhaltenskodex für die Spezialberichterstatter genehmigt, die Menschenrechtsverletzungen untersuchen. Der Kodex wurde von Algerien im Namen der afrikanischen Länder eingereicht.

Die westlichen Länder waren dagegen. Die Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte sieht nämlich in der Arbeit dieser Experten eines der wirksamsten Werkzeuge der UNO, auf repressive Staaten Druck auszuüben.

30 Stimmen dafür, 15 dagegen und 2 Enthaltungen widerspiegeln das Kräfteverhältnis innerhalb des neuen Rates.

Die Gegner des Verhaltenskodex’ setzen sich zusammen aus den europäischen Ländern, darunter die Schweiz, einem Teil der lateinamerikanischen Länder sowie Südkorea und Kanada. Die Mehrheit der Stimmenden, die sich für den Kodex aussprechen, stammt aus afrikanischen und asiatischen Mitgliedsländern.

Die Gegner des Verhaltenskodex-Entwurfes bedauerten, dass dieser Text den Schlussfolgerungen einer Arbeitsgruppe vorgreift, die sich im Moment mit den Aktivitäten der unabhängigen Experten beschäftigt.

Experten mit Maulkorb

Die Resolution würde zu einer ernsthaften Einschränkung der Befugnisse der unabhängigen Experten führen, wie das Projekt der afrikanischen Gruppe aufzeigt. Das Dokument schlägt vor, dem Ratspräsidenten das Recht zur Wahl der Experten zu entziehen. Diese sollen vielmehr aufgrund der Vorschläge der regionalen Gruppen gewählt werden.

Das Projekt verlangt im weiteren, dass die Beziehungen der Berichterstatter mit der Öffentlichkeit und den Medien eingeschränkt werden.

Vorwurf der Monothematik

Die drei ausserordentlichen Sitzungen, die der neue Rat seit seiner Einsetzung einberufen hatte, bezogen sich ausschliesslich auf die Situation im Nahen Osten. Dies auf Kosten anderer humanitärer Krisengebiete wie jenes von Darfur im Sudan.

Deshalb beschuldigen einige Nichtregierungs-Organisationen den neuen Rat, sich auf derselben schiefen Ebene zu befinden wie seine Vorgängerin, die Menschenrechts-Kommission, die sich mit ihrer Politik total diskreditiert hatte.

Schweizer Resolution

Angesichts dieser Vorwürfe hat der Rat am Montag einstimmig eine von der Schweiz eingebrachte Resolution angenommen. Diese bezieht sich auf Massnahmen, die im Rahmen der Terrosismus-Bekämpfung ergriffen worden waren.

Die Schweizer Resolution fordert die Staaten auf, die Menschenrechte zu wahren, die Folter und erniedrigende Behandlung verbieten. Die muslimischen Länder brachten überraschenderweise keinen Änderungsvorschlag ein.

Ratspräsident Luis Alfonso de Alba glaubt, dass es noch möglich ist, den Streit zwischen den Blockfreien (hauptsächlich islamische, arabische, afrikanische und asiatische Länder) und den westlichen und lateinamerikanischen Staaten ohne Kuba, beizulegen. Dies würde erlauben, bis im Juni 2007 ein besseres System zum Schutz der Freiheiten zu installieren.

Informelle Diskussion

Laut Luis Alfonso de Alba sollten die informellen Diskussionen zwischen Ländern der verschiedenen Gruppen gefördert werden.

In diesem Sinn hat letzte Woche die Schweiz rund 20 Delegationen nach Zürich eingeladen, um über die Dossiers nachzudenken und zu beraten, welche in den nächsten zwei Wochen auf der Traktandenliste stehen.

Für Luis Alfonso de Alba, den aus Mexiko stammenden Ratspräsidenten, ist diese Art des Vorgehens sehr wichtig: “Die Länderblöcke sind nicht homogen. Man muss die Delegationen ermutigen, die für die Menschenrechte empfänglich sind. Denn sie können die Dynamik ihrer Gruppe ändern.”

swissinfo, Frédéric Burnand in Genf mit Infosud
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

Am 27. November hat der Menschenrechtsrat in Genf seine Arbeit für eine zweiwöchige Session aufgenommen.

Die 47 Mitgliedsländer, darunter die Schweiz, müssen über 22 Resolutionsprojekte befinden.

Der Menschenrechtsrat muss bis am 18. Juni 2007 die Mandate von rund 40 Spezialberichterstattern, Vertretern des UNO-Generalsekretärs und anderen Arbeitsgruppen, welche die Situation der Menschenrechte untersuchen, überprüfen.

Die Arbeitsgruppe, die sich mit diesen Mandaten beschäftigt, wird ihre Arbeit im Januar fortsetzen, ebenfalls jene, die sich um die periodische Überprüfung aller Staaten beschäftigt.

Der Rat hält während mindestens 10 Wochen pro Jahr Sitzungen ab. Die vierte Session des Rates wird vom 12. März bis zum 6. April 2007 stattfinden.

Auf Antrag eines Drittels der 47 Mitgliedstaaten kann der Rat auch ausserordentliche Sitzungen abhalten, wenn eine Krisensituation dies verlangt.

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