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Micheline Calmy-Rey richtet harsche Worte an die EU

Micheline Calmy-Rey an der Muba in Basel. Keystone

Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat der EU schlechten Stil und nicht akzeptable Forderungen im Steuerstreit vorgeworfen.

An der Muba-Eröffnung in Basel verlangte die Bundespräsidentin von Brüssel mehr Respekt, warnte aber zugleich davor, den bilateralen Weg wegen des Steuerstreits einfach abzuschreiben.

Die Bundespräsidentin und Aussenministerin sprach sich für eine offensive, selbstbewusste und lösungsorientierte Europapolitik aus.

Den “von der EU angezettelten Steuerstreit” bezeichnete Calmy-Rey als zwar brisantes Thema, aber als nur einen Aspekt in den breit gefächerten Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.

Zu Form und Inhalt des Vorgehens der EU nahm sie aber kein Blatt vor den Mund. “Die einseitige Feststellung eines Vertragsbruchs bereits gekoppelt mit dem Hinweis auf die Möglichkeit von Sanktionen ist schlechter Stil”, sagte die Bundespräsidentin.

“Die Schweiz braucht keine Lektionen”

Sie erinnerte an die Volksabstimmung über das Osthilfegesetz mit der Kohäsionsmilliarde und sagte, die Schweiz habe als einziges Land in Europa die Ankunft der neuen osteuropäischen Staaten basisdemokratisch begrüsst.

Calmy-Rey verwies auch auf die Zinsbesteuerung und die Beteiligung an der EU-Friedensförderung in Südosteuropa und sagte: “Ich will damit natürlich nicht sagen, dass die föderalistische und multikulturelle Schweiz Europa Lektionen erteilen sollte. Ich glaube aber auch nicht, dass die Schweiz Lektionen braucht.”

Autoritärer Zwang sei der Schweiz ebenso fremd wie unverständlich. Dies sei eine denkbar schlechte Grundlage für einen konstruktiven Dialog, den die Schweiz nicht verweigere.

Viel Geschirr zerschlagen

Die Schweiz bestehe aber darauf, dass sie von der EU mit dem Respekt behandelt werde, der ihr als verlässliche Vertragspartnerin zustehe. Die Kommission habe mit ihrem Vorgehen bereits viel Geschirr zerschlagen.

Die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wies die EU-Kritik auch in der Sache zurück.

Der Vorwurf, die Schweiz verletzte mit der Holdingbesteuerung das Freihandelsabkommen, sei eindeutig nicht begründet. Deshalb gebe es für die Schweiz auch keinen Verhandlungsbedarf.

Nicht akzeptabel

Die Argumentation der EU-Kommission sei nicht akzeptabel. Sie befremde umso mehr, als die EU wesentlich auf der ‘Herrschaft des Rechts und nicht der Macht’ aufbaue, sagte Calmy-Rey.

Die EU verstehe sich als eine Rechtsgemeinschaft und sollte dies auch in ihren Aussenbeziehungen mit souveränen Drittstaaten spüren lassen.

Die Bundespräsidentin ging auch auf die innenpolitische Debatte ein und sagte, die oft geforderte Ruhe werde es in den Beziehungen zu den Nachbarn nie geben. Ebenso falsch wie ein Harmoniebedürfnis in der Europapolitik sei aber auch die chronische Erwartung der Sackgasse, in welche der bilaterale Weg zweifellos enden müsse.

swissinfo und Agenturen

Bei den Differenzen zwischen der Schweiz und der EU geht es um die Frage, ob vorteilhafte kantonale Steuersätze den Freihandels-Vertrag von 1972 verletzen.

Im September 2005 hatte die EU-Kommission in einem Brief an die Schweiz die Steuerpraktiken in den Kantonen Zug und Schwyz verurteilt.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, hat das Steuersystem dieser Kantone nicht als schädlich befunden.

Seit langem betont die Schweiz , dass der Steuerwettbewerb zwischen den 26 Kantonen gesund sei und ausländische Investoren anlocke.

So hätten tiefe Steuern einigen Kantonen geholfen, besonders Zug und Schwyz oder Obwalden, neue Investoren anzuziehen.

Die Muba ist die grösste Schweizer Einkaufs- und Erlebnismesse und findet vom 2. bis zum 11. März im Messezentrum Basel statt.

Im letzten Jahr hat sie 337’000 Besucher angezogen.

Sie ist ein Schaufenster für rund 1100 Aussteller aus den Bereichen Wohnen, Gesundheit, Sport, Bau/Garten, Haushalt, Multimedia, Mode und Degustation.

Mexiko ist Gastland an der diesjährigen Muba.

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