Der am Montag in einer spektakulär inszenierten Aktion abgeführte Schweizer Max Göldi ist am Dienstag in Tripolis von einem Vertreter der Schweiz besucht worden. Es gehe ihm relativ gut. Derweil ist die zweite Geisel Rachid Hamdani in Tunesien angekommen.
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Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte am Dienstagnachmittag, dass ein EDA-Vertreter Göldi besucht habe und dass es diesem den Umständen entsprechend gut gehe. Dessen Haftbedingungen seien korrekt.
Die Schweizerische Botschaft in Tripolis und diplomatische Vertreter der Europäischen Union (EU) hielten den Kontakt zu ihm aufrecht. Die sichere Rückkehr von Göldi stehe im Zentrum der Bemühungen, schreibt das EDA und verweist zugleich auf die seit mehreren Wochen laufenden Verhandlungen auf trilateraler Ebene. Vergangene Woche seien Gespräche in Madrid und Berlin geführt worden.
Zu Wort meldete sich am Dienstag auch Göldis Familie. Sie zeigte sich sehr erfreut über die Ausreise Hamdanis, stellt aber gleichzeitig fest: «Wir sind zutiefst betrübt und betroffen, dass Max noch nicht in seine Heimat zurückkehren durfte.»
Trotzdem äusserte die Familie auch Hoffnung: «Wir sind voller Zuversicht, dass in Kürze eine Lösung gefunden wird, die auch ihm eine Heimkehr zu seiner Familie ermöglicht. Wir wünschen Max viel Kraft für die folgende Zeit.»
Der 54-jährige Göldi hatte am Montag der Aufforderung der libyschen Behörden Folge geleistet und sich der Polizei gestellt. Diese überführte ihn in Handschellen ins Al-Jeida-Gefängnis in der Nähe von Tripolis. Er muss nach fast 600-tägiger Geiselhaft noch eine viermonatige Strafe wegen angeblicher Visavergehen absitzen.
In der Nacht zum Montag hatte sich die Lage dramatisch zugespitzt, nachdem Libyen mit der Stürmung der Schweizer Botschaft gedroht hatte.
Hamdani äusserte sich am Dienstag im tunesischen Djerba erleichtert, dass er Libyen nach 19 Monaten verlassen konnte. Die Zeit im Gefängnis nach der Festnahme der beiden Schweizer am 19. Juli 2008 sei bei weitem der schwierigste Moment in seinem Leben gewesen. Zuvor habe er nie mit der Justiz zu tun gehabt.
Hamdani äusserte sich solidarisch mit Göldi. Ihn zu verlassen, sei sehr schmerzhaft gewesen. Er fühle sich nicht gut, allein zurückzukehren. «Wir waren immer zusammen», sagte Hamdani.
Ausgelöst worden war die ganze Affäre durch die vorübergehende Verhaftung des Sohnes von Staatschef Muammar al-Gaddafi, Hannibal Gaddafi, und dessen Frau am 15. Juli 2008 in einem Genfer Hotel. Zwei Bedienstete hatten das Paar wegen Misshandlungen angezeigt.
swissinfo.ch und Agenturen
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