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Presseschau vom 03.10.2003

In Zürich gaben die Rolling Stones das letzte Konzert ihrer Europatournee. Die Fans waren begeistert, und auch die Schweizer Presse ist es in ihren Kommentaren.

Ein weiteres Thema ist das Entlastungsprogramm, dessen Sparziel für die Zeitungen verfehlt wurde.

“Die Stones bringen es noch wie einst”, titelt der BLICK mit einer Schlagzeile über einem grossen Bild eines in die Hände klatschenden Mick Jaggers, “mit 60 Jahren noch immer ein wilder Rebell”. Von “Magie pur” schwärmt das Blatt. 41’000 Stones-Fans jeden Alters hätten die frische Show der “alten Herren” bejubelt, schreibt der BLICK.

“Hoi zäme – guetä Obig Züri. Es isch schön, wider do zi”, zitiert der Berner BUND Sänger Mick Jagger, der dies übrigens fast akzentfrei gesagt habe. Die Stones hätten sich souverän durch ihr grosses Repertoire gespielt, Hit an Hit gereiht, und Mick Jagger sei wie ein Jugendlicher über die Bühne gewirbelt, schreibt der BUND.

Von einem “Rockkonzert der Superlative” spricht die NEUE LUZERNER ZEITUNG. Die Schweizer Fans der Stones seien mächtig ins Schwitzen gekommen: “Die fünf Rock-Veteranen boten ein Riesenspektakel.”

Keine Müdigkeit

“Die Stones rissen aus den Stühlen”, titelt die BASLER ZEITUNG. Am Ende ihrer 13-monatigen Welttournee hätten sie sich keine Müdigkeit anmerken lassen. “Es ist nur Rock’n’Roll. Dass die Energie und Kraft dieser Musik aber heute noch begeistern kann, stellten die Stones gestern eindrücklich unter Beweis”, schreibt die BAZ.

Begeisterung ist auch in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG zu spüren. Es sei ja schon oft gespottet, geschnödet und gemäkelt worden, “weil sich die inzwischen 60-jährigen Profi-Rebellen nicht längst auf ihre Landsitze zurückgezogen haben”. Doch dann werfe Keith Richard die Rock- und Blues-Maschine auf der Bühne des Letzigrund-Stadions mit dem Gitarrenriff zu “Brown Sugar” an, “und es müsste einer schon ein hartgesottener Zyniker sein, würde ihn diese Druckwelle aus Sound und Emotionen nicht ebenso erfassen wie die anderen 42’000 Besucher des Konzerts”.

Neues hätten die Rolling Stones erwartungsgemäss an ihrem Konzert nicht geboten, schreibt die NZZ weiter. Warum auch? Für musikalische Innovationen seien inzwischen andere zuständig. “Wenn aber Mick Jagger auf einer kleinen Nebenbühne mitten im Publikum den Star zum Anfassen mimt, dann ist es (fast) wieder ‘only Rock’n’Roll’. Und alle mögen es.”

Etwas zurückhaltender tönt es im Zürcher TAGES ANZEIGER. Der Anfang des Konzertes sei unüblich verhalten gewesen, dann seien die Stones besser geworden, “wenn auch nicht ekstatisch”.

Drei Generationen seien friedlich versammelt gewesen. “42’000 auf dem temporären Gelände der Firma Rolling Stones Incorporated, diesem multinationalen Unternehmen, das aus einem Handwerkerkollektiv entstanden ist. So viel geschürte Aufregung für eine Hand voll Vorrentner mit Gitarre: warum?”

Die Antwort gibt der TAGI gleich selbst: “Die Stones bleiben erfolgreich, weil sie gerne Musik machen.” Und das, obwohl sie schon 41 Jahre zusammen seien, obwohl ihre Welttournee seit über einem Jahr andaure und noch lange nicht fertig sei. Man bekomme nicht den Eindruck, “dass es ihnen aushängt”.

Sparziel verfehlt

Eine schwierige, aber notwendige Übung sei es gewesen, schreibt das ST. GALLER TAGBLATT. Die Rede ist vom Entlastungsprogramm 2003, das nach einwöchigem Kraftakt vom Nationalrat verabschiedet wurde.

Für die NEUE LUZERNER ZEITUNG ist klar: “Das Sparziel wurde verfehlt.” Genau gleich sieht es die BERNER ZEITUNG. “Sparen vor den Wahlen” könne nur zu einem entsprechenden Resultat führen, schreibt die BZ. Doch eines bleibe auch nach den Wahlen klar: “Am Entlastungsprogramm führt kein Weg vorbei.”

Dem TAGES ANZEIGER stösst auf, dass vor allem bei der Umwelt massiv gespart werden soll. Das sei “Raubbau an der Zukunft”. Die Umwelt sei den Bürgerlichen nicht mehr wichtig, schreibt der TAGI. “Dabei wäre im Umweltschutz echter Fortschritt gefragt – nicht Regression.”

Auch die BASLER ZEITUNG spricht von einem “Streichkonzert mit schrillen Umwelttönen”. Die Westschweizer Zeitung LE TEMPS schreibt, das Entlastungsprogramm fordere politische Entscheide, “des choix politiques”.

Und die NZZ bringt die ganze Debatte um das Sparprogramm auf den Punkt: “Im Ziel – und doch daneben.”

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

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