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Presseschau vom 19.03.2004

Für die meisten Zeitungen kommt der jüngste Gewaltausbruch in der Provinz Kosovo nicht überraschend.

Weiteres Thema ist der Jahrestag des Irak-Kriegs: Noch sei unklar, wer das Vakuum nach dem Sturz des Saddam-Regimes füllen könne, schreiben die Zeitungen.

Für die AARGAUER ZEITUNG lodert “der alte Hass wieder auf”. Und die Genfer LE TEMPS beschreibt in wenigen Worten, was in der Provinz Kosovo und mittlerweilen auch in Serbien geschieht: “Evakuierte Dörfer, brennende Häuser und Gewalt, die ausgebrochen ist.”

Die Glut sei seit der Intervention im Jahre 1999 nie ganz ausgelöscht, meint LE TEMPS. “Les pyromanes ne manquent pas” – an Pyromanen mangle es in der Krisenregion nicht. Natürlich habe es in den letzten fünf Jahren “Dringenderes zu erledigen” gegeben, und so sei das Kosovo “in Vergessenheit geraten”.

“Blamiert und ratlos”, titelt die BERNER ZEITUNG und bezeichnet den Gewaltausbruch als schwärzesten Tag für die internationale Verwaltung: “All ihre beruhigenden Fortschrittsmeldungen wurden bald fünf Jahre nach der Intervention im Kosovo als Schönrednerei blossgestellt.”

Für die meisten Zeitungen kommen die jüngsten Ausschreitungen nicht überraschend. “Die brutalen und zugleich undurchsichtigen Geschehnisse in der geteilten Stadt Mitrovica, wo Serben und Albaner sich gegenseitig mit tiefem Misstrauen begegnen, machen deutlich, dass die Provinz alles andere als stabil und auf dem Weg zur Aussöhnung der Ethnien ist”, betont DER BUND und ist überzeugt:

“Kosovo ist und bleibt ein Balkan-Relikt, wo rationale politische Lösungsversuche zum Scheitern verdammt sind, wo Kompromisse am Chauvinismus beider Volksteile scheitern.”

Auch für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zeigen die jüngsten Ereignisse, “wie sehr es unter der Oberfläche brodelt, wie wenig es braucht, um die Fassade der äusseren Normalisierung zum Einsturz zu bringen”. Die NZZ fragt: “Wie kann die UNO-Verwaltung in Kosovo ein multiethnisches Staatswesen aufbauen, das die Konfliktparteien gar nicht wollen?”

Die BASLER ZEITUNG spricht von einer “Absage an ein multiethnisches Kosovo” und für den BUND “bleibt also nur die Aufteilung: in den serbischen Bogen im Norden und den mehrheitlich albanischen Süden”.

“Hoher Preis der Freiheit”

Vor einem Jahr seien die ersten Bomben auf Bagdad gefallen, erinnert der TAGES ANZEIGER: “Ein Jahrestag, an den sich kein Iraker gerne erinnert”.

Noch seien die Spuren des Krieges deutlich sichtbar. “Und täglich erinnert neue Gewalt daran, dass der Friede noch nicht gewonnen ist.”

“Das irakische Volk bezahlt einen hohen Preis für die neue Freiheit”, schreibt der TAGI und warnt vor einer Katastrophe, falls eine frei gewählte Zivilregierung missglücken würde: “Denn es gibt in dieser aufgewühlten Gesellschaft genug Zündstoff für einen Bürgerkrieg.”

Für die NEUE LUZERNER ZEITUNG musste es nicht erst zum Blutbad von Madrid kommen, um feststellen zu müssen: “Amerikas Doktrin des Knüppel-aus-dem-Sack für alle Schurkenstaaten hat versagt.”

Die UNO sei mehr denn je gefordert, betont der Kommentator, denn in einem Punkt dürfe sich niemand Illusionen machen: “Es könnte sein, dass Bush nach einem allfälligen Wahlsieg zum unilateralen Konzept zurückgreift. Denn sein derzeitiger Wandel ist nur aus der Not, nicht aus Einsicht geboren.”

Denn das Irak-Desaster bringe den um seine Wiederwahl kämpfenden Präsidenten inzwischen derart in Bedrängnis, “dass er wieder auf seine ‘irrevelanten’ Partner zurückgreift”.

swissinfo, Alina Kunz Popper

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