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Presseschau vom 26.02.2003

Katzenjammer mit Stellenabbau noch und noch: Besonders die Redimensionierung der nationalen Fluggesellschaft wird in den Zeitungen vom Mittwoch ausgiebig analysiert.

Die Rosskur sei zwar nötig, sind sich viele Kommentatoren einig, aber ob sie der Swiss zu Höhenflügen verhilft wird bezweifelt.

“Bosse, fällt euch nichts Besseres ein?”

und

“Ist die Swiss ein grosser Bschiss?”

fragt etwa der BLICK. Dabei habe alles so gut angefangen. Das Schweizer Volk sei grossmehrheitlich hinter dem Projekt gestanden, denn:

“Alles vor die Hunde gehen zu lassen, das war tatsächlich keine Alternative.”

Verkauf ins Ausland

Aber nun herrsche ein Management nach dem Prinzip Hoffnung – und wenn es so weiter gehe, werde die Swiss, sobald die Steuergelder verbrannt seien, ins Ausland verkauft. Und das, so das Boulevardblatt, wäre “der grösste Bschiss.”

Der Einsatz neuer Steuergelder sei ein Tabu, schreibt der Zürcher TAGES-ANZEIGER, und die Swiss habe nur als kleine Fluglinie eine Überlebenschance:

“Volkswirtschaftliche und regionalpolitische Egoismen gefährden Swiss – und damit auch die Steuergelder und die mit ihnen verbundenen Ambitionen.”

Es werde auf Kosten Basels gespart, lamentiert die BASLER ZEITUNG, denn die Notbremse der Swiss treffe Basel am härtesten. Das Angebot verringere sich dort um fast ein Drittel, und der Umsteigeverkehr am EuroAirport werde ganz aufgegeben. Fazit der BAZ:

“Der Abbau bedeutet das Ende der Euro-Drehscheibe Basel.”

Eidgenössische Wahlen abwarten

Es sei auch auffällig, dass beim Langstreckenverkehr der Swiss nicht gekürzt werde. Eine zynische Erklärung dafür hat der Kommentator der Genfer Zeitung LE TEMPS unter dem Titel:

“Le sursis de Swiss”.

Es gehe da lediglich um eine Fristverlängerung – aufgeschoben sei nicht aufgehoben. Man wolle halt erst nach den Parlamentswahlen im Oktober handeln …

Für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sind die Kahlschläge bei Clariant, der Credit Suisse Group und der nationalen Airline “Bittere Notwendigkeiten.”

Zu lange sei mit der grossen Kelle angerichtet worden. Nun bezahle man für den Verlust an Bodenhaftung, wobei man im Falle der Credit Suisse und der Swiss eher den Eindruck einer “Bezahlung in Raten” erhalte.

Wo ist der neue Wachstumsträger?

Der massive Abbau mache Angst, schreibt die AARGAUER ZEITUNG, denn der letzte schnelle Aufschwung sei vor allem von den Branchen getragen worden, die jetzt die grossen Probleme brächten: Telekoms, Banken, Vermögensberater und die ganze New Economy. Der neue starke Wachstumsträger sei nicht sichtbar:

“Noch nicht zumindest.”

Die NEUE LUZERNER ZEITUNG spricht vom “Ende der grossen Illusionen” und zieht den Schluss, dass die Swiss weiterhin ein Spielball unterschiedlichster Interessen sei.

Mit Vorbehalt lobende Worte für die drastischen Sparmassnahmen äussert der Berner BUND:

“Im Unterschied zu Swissair-Zeiten nimmt der Swiss-Verwaltungsrat seine Aufgaben wahr und reagiert rasch auf Veränderungen;” um aber sofort zu relativieren:

“Es wird nicht das letzte Mal sein. Für den drohenden Irak-Krieg liegt das nächste Abbau-Szenario bereits in der Schublade.”

Verständnis für die “zwingende Rosskur” zeigt auch die BERNER ZEITUNG und stellt die Frage nach der Alternative. Wer jetzt nicht reagiere, riskiere mittelfristig den Konkurs der Konzerne:

“Es könnte also noch viel schlimmer kommen.”

swissinfo, Monika Lüthi

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