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Reaktionen auf den Urnengang

Das Stimmvolk sagt Ja zum Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft. Keystone

Die Initianten sind erfreut über das Ja zum Gentech-Moratorium. Die Verlierer befürchten negative Folgen für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz.

Bei der Revision des Arbeitsgesetzes sehen sich Befürworter und Gegner durch das sehr knappe Resultat in ihren Anliegen bestätigt.

Konsumenten-, Umwelt- und Bauernorganisationen sind erfreut über das Ja zum Gentech-Moratorium. Das Ja ist für die Sieger ein klares Signal und ein Schritt in die richtige Richtung.

Der Konsumentenschutz deutet das Ja als klares Signal für den Wunsch nach Wahlfreiheit bei den Produkten, der Bauernverband als Vertrauensbeweis für die Schweizer Landwirtschaft.

Das Ja sei Beweis für die politische Kraft der Allianz zwischen Bauern-, Konsumenten- und Umweltorganisationen, schreiben die Initianten. Die Behörden müssten nun dem Volkswillen Rechnung tragen und die Agrar- und Handelspolitik auf Gentechfreiheit ausrichten.

Das Resultat zeige, dass die Konsumentinnen und Konsumenten gentechfreie Produkte wünschten, sagte Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz. Die Skepsis gegenüber der Gentechnik sei offensichtlich gross.

“Eigentor der Landwirtschaft”

In den nächsten fünf Jahren gehe es nun darum, das Moratorium zu nutzen, um die Schweizer Landwirtschaft als gentechfreie Landwirtschaft zu positionieren. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) wünscht sich während dieser Zeit vermehrte Risikoforschung.

Im Abstimmungskampf waren sowohl bei den Bauern als auch bei den Forschern die Meinungen geteilt. Bei den Gegnern machte sich am Sonntag Enttäuschung breit. Es handle sich um ein Eigentor der Landwirtschaft, sagte Nobelpreisträger Werner Arber vom Komitee jener Forscher, die gegen die Initiative gekämpft hatten.

Die Forscher würden nun abwandern, und die Schweiz isoliere sich in Europa noch mehr, sagte Arber. Er hoffe, dass die Bevölkerung in den kommenden fünf Jahren einsichtig werde.

Für Arber ist die Gentechnik die Zukunft. Es gehe darum, den Nährstoffgehalt der Pflanzen zu erhöhen. So könne der Umweg über die Nutztiere vermieden werden, was insbesondere für die Länder des Südens wichtig sei.

Reaktion der Parteien

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) nimmt die Niederlage bei der Gentechfrei- Vorlage gelassen. “Die Initiative wird nichts bewegen”, sagte Parteipräsident Ueli Maurer.

Von den anderen Parteien wird die Bedeutung des Abstimmungsausgangs anders gewertet. Zum einen verliere die Schweizer Landwirtschaft eine Chance, zum andern nehme das Image des Forschungsstandortes Schweiz Schaden, sagte Fulvio Pelli, der Präsident der Freisinnig-Demokratischen Volkspartei (FDP).

Die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) wertet das Ja als Misstrauensvotum an die Forscherinnen und Forscher. Insbesondere die Bauern seien nun in der Pflicht zu beweisen, dass ihr Einsatz für das Moratorium nicht eine grundsätzliche Absage an die Forschung sei, sondern ein Zeitgewinn für bessere Aufklärung über mögliche Risiken, sagte CVP-Präsidentin Doris Leuthard.

Chance für die Landwirtschaft

Zufrieden sind die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Grünen. “Wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, in der Schweiz eine Initiative zu gewinnen, ist dies ein Triumph”, sagte SP-Präsident Hans-Jürg Fehr.

Die Schweizer Landwirtschaft werde sich im europäischen Markt behaupten müssen. Dort habe sie nur eine Chance, wenn es ihr gelinge, eine Nische zu besetzen, sagte Fehr.

Auch die Grünen sehen im Moratorium eine Chance für die Landwirtschaft. Die Schweizer Bauern könnten sich nun im gentechfreien Markt positionieren, sagte Präsidentin Ruth Genner. Das Moratorium biete zudem Gelegenheit, die Sicherheitsforschung voranzutreiben.

Aufatmen nach Zittersieg

Das Ja zu einer Liberalisierung der Sonntagsarbeit auf Flughäfen und Bahnhöfen ist von Bürgerlichen, Gewerbe und Bahnen mit grosser Erleichterung aufgenommen worden.

Die mit dem Referendum knapp gescheiterten Gewerkschaften und Kirchen werteten
das äusserst knappe Resultat als klare Absage an eine generelle Ausweitung der Sonntagsarbeit.

Laut dem Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) war der Schritt unerlässlich. SBB-Chef Benedikt Weibel will sich weiter für faire Arbeitsbedingungen an allen Bahnhöfen einsetzen.

Für die bürgerlichen Parteien ist nur eines wichtig: Das Stimmvolk will den Sonntagsverkauf in Bahnhöfen und Flughäfen nicht einschränken. Sozialdemokraten und Grüne hingegen betonen den grossen Nein-Stimmenanteil, der als Signal gegen weitere Lockerungen zu werten sei.

Votum gegen Bevormundung

Das Volk habe Ja gesagt zur Erhaltung von rund 2000 Arbeitsplätzen, freut sich die SVP. Das Stimmvolk habe sich von der linken und kirchlichen Propaganda nicht blenden lassen.

“Der Bevormundung wurde ein Riegel geschoben”, hält die FDP fest. Das Stimmvolk habe Ja gesagt zur Wahlfreiheit.

Für die CVP zeigt das Ja, dass die Gewerkschaften “an ihrer Klientel vorbeipolitisiert haben”. Weitere Liberalisierungen am Sonntag lehnt die CVP ab.

swissinfo und Agenturen

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