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Restaurierte Zeugen der Bahngeschichte

Restauriert: Die grösste einschiffige Perronhalle der Schweiz. swissinfo.ch

Vor kurzem restauriert, erstrahlen sie in neuem Glanz: Die monumentale Perronhalle in Lausanne und der Wartsaal im Bahnhof Biel.

Die beiden Baudenkmäler der SBB haben durch sanfte Eingriffe eine zeitgenössische Note erhalten.

Das riesige Stahlgerüst, das in Lausanne die Perrons überdacht, stammt aus den 1910er-Jahren. “Es wurde damals in lediglich vier Monaten gebaut, während unten die Züge durchfuhren. Eine ausserordentliche Glanzleistung, die zeigt, dass man im Bauwesen nicht in allen Bereichen Fortschritte gemacht hat”, bemerkt Jean-Michel Bringolf, Chef der SBB-Architektur in der Westschweiz, bewundernd.

Seit dem Bau wurden an der Halle aus genietetem Stahl lediglich kleinere Unterhaltsarbeiten gemacht. Die SBB haben im Rahmen der Gesamtsanierung des Bahnhofs Lausanne beschlossen, auch die Perronhalle zu restaurieren.

Das Spiel mit dem Licht

Die Arbeiten dauerten fast anderthalb Jahre, also ein vielfaches länger, als der Bau der Halle in Anspruch nahm. Die Arbeiter mussten fast ausschliesslich in der Nacht arbeiten.

Stück für Stück scheuerten sie Metall und Holz, strichen alles neu an und ersetzten danach das Dach und die verglasten Teile. “Wir mussten keine einzige Niete ersetzen. Und als der Stahl blank gescheuert war, war er wie neu. Ein wunderbares Material. Ich war sehr beeindruckt”, führt Bringolf aus.

Das Mobiliar der Bahnsteige wurde vollständig ersetzt: Bänke, Wartsäle, Plakatwände sind neu und im Design aufeinander abgestimmt.

Mit den hellen Farben und der transparenten Verglasung ist die Halle tagsüber lichtdurchflutet. In der Dunkelheit ist der Effekt noch überwältigender. Die indirekte Beleuchtung – die Lampen sind fast alle gegen oben gerichtet – erzeugt spektakuläre Effekte.

Gesteigertes Sicherheitsgefühl

“Wir wollten so etwas wie einen einzigen grossen Beleuchtungskörper machen und das ist sehr gut herausgekommen”, freut sich Bringolf. “Wenn man aus dem Zug steigt, hat man wirklich den Eindruck, in einer Halle zu sein. Vorher war es dunkel, mit einigen wenigen gelben Leuchten.”

Mit diesem zugleich sanften und intensiven und dennoch nicht blendendem Licht, fühlen sich die Reisenden nachts sicherer. “Die Politik der SBB ist es, alles besser zu beleuchten. Für mehr Sicherheit, aber auch, damit unsere Bauten sichtbarer werden. Diese Beleuchtung kostete lediglich einen Bruchteil der Renovationskosten, aber die Leute reden nur von ihr, so Bringolf.

Das Insistieren des Künstlers hat sich gelohnt

Ein weiteres Baudenkmal der SBB ist der Wartsaal im Bahnhof Biel. Auf den Wänden findet sich ein Kunstschatz: Die 1924 von Philippe Robert gemalten Fresken.

“Kurz nach dem Ersten Weltkrieg leitete die Eidgenossenschaft, die damals Bauherrin war, eine Kunstförderungs-Politik ein”, erklärt Bringolf. “So gab man Kredite frei, um den Bahnhof von Biel zu verschönern, und Robert gewann den Wettbewerb.”

Zunächst sollte der Künstler nur die Wand gegenüber der Eingangstür bemalen. Aber er hatte ein vollständiges Projekt für alle vier Wände. Deshalb bat er um einen Zusatzkredit, den die Eidgenossenschaft erst nach langer und heftiger Korrespondenz bewilligte. Heute sind sich Experten über den hohen Wert der Wandbilder einig.

Die Fresken zeigen leicht bekleidete Figuren im Garten Eden und stellen die Zeit und ihre Einteilungen dar: Stunden, Tage, Jahreszeiten, Lebensabschnitte und die Ewigkeit.

Stahl als zeitgenössischer Kontrast

Der Wartsaal Biel ist ein Baudenkmal. Deshalb haben die SBB den Saal als Ganzes saniert. “Es waren einige Graffiti darüber geschmiert, aber am meisten litten die Bilder unter einer Restauration aus den 50er-Jahren. Damals wollte man sie schützen, indem man sie mit einer Lackschicht überzog, die mit der Zeit gelb wurde”, erzählt Jean-Michel Bringolf. “Die schwierigste Arbeit des Restaurators war deshalb, herauszufinden, um welchen Lack es sich handelte, und diesen abzulösen.”

Die Sitzbänke blieben erhalten, aber die Beleuchtung wurde erneuert, und der Plattenboden wurde durch einen Stahlboden ersetzt. Ins Zentrum des Saales stellten die Architekten einen Tisch aus Stahl. Das gibt dem Raum seine zeitgenössische Anmutung.

“Das ist eines unserer schönsten Objekte. Es ist sogar in den Katalog der Ausstellung ‘Le Temps des Gares’ aufgenommen worden, die 1980 im Centre Beaubourg in Paris stattfand”, bemerkt Bringolf stolz.

swissinfo, Marc André Miserez

Die Perronhalle Lausanne wurde in vier Monaten erbaut. Sie ist ein monumentales Beispiel eines Metallgerüsts aus der Belle Epoque.

Kürzlich haben die SBB die Halle restauriert und mit einem neuen Lichtsystem ausgerüstet.

Die Fresken im Wartsaal von Biel wurden vom Maler und Theologen Philippe Robert (1881-1930) gemalt.

Robert war der Spross einer Malerdynastie aus dem Neuenburger Jura.

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