Militärgesetz-Revision:Knapp angenommen

Die beiden Militär-Vorlagen wurden äusserst knapp angenommen. Der Bundesrat profitierte davon, dass nicht das Ständemehr, sondern das Volksmehr zählte. Die Städte der Deutschschweiz legten ein Ja in die Urne, die ländlichen Regionen und die lateinische Schweiz votierten eher dagegen.
Sowohl die Bewaffnung schweizerischer Friedenssoldaten im Ausland wie die militärische Ausbildungs-Zusammenarbeit wurden knapp angenommen. Es war eine der knappsten Volksabstimmungen in der Schweizer Geschichte. Erst nach einer langen Patt-Situation zwischen Gegnern und Befürwortern zeichnete sich ein Ja von 51 Prozent ab.
Die genauen Resultate lauten: 1’001’399 Ja zu 956’176 Nein bei der Ausbildungs-Zusammenarbeit und 1’002’298 Ja zu 963’358 Nein bei den bewaffneten Auslandeinsätzen.
Die Stimmbeteiligung lag bei 42 Prozent – leicht über dem Durchschnitt. Ein Ja legten laut SRG-Forschungszentrum vor allem die Städte in der deutschen Schweiz in die Urne. Die ländlichen Regionen der Deutschschweiz sowie die lateinische Schweiz tendierten eher zu einem Nein.
Da es sich bei diesen Vorlagen um eine Gesetzesrevision handelte, war das Ständemehr nicht massgeblich. Allein das Volksmehr zählte. Davon profitierte der Bundesrat, der bei beiden Vorlagen die Zustimmung empfohlen hatte. Eine Unterscheidung zwischen den beiden Vorlagen machten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger kaum.
Reaktionen: Gemessenheit und Enttäuschung
Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schwiez (AUNS) verlangte noch am Sonntag von Bundesrat und Parlament die Einhaltung der Versprechen. Zusammen mit dem friedenspolitischen Referendums-Komitee nannte sie den Verzicht auf einen Nato-Anschluss sowie die Wahrung der Neutralität und der Milizarmee. AUNS-Präsident Christoph Blocher drohte zudem an, nochmals gegen die Armeegesetzrevision anzutreten, die für die Armee XXI nötig werde, falls das Reformvorhaben nicht angepasst werde. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und das friedenspolitische Referendumskomitee bedauerten den Entscheid des Souveräns. Wenn der Bundesrat jetzt aber keine Änderung bei der Armee XXI vornehme, stelle er das Land vor die Frage: Nato-Annäherung oder Armeeabschaffung.
Bei den Parteien stiess das Ja des Stimmvolks auf unterschiedliche Reaktionen. Die SP sprach von einer klaren Niederlage für Christoph Blocher und sah das Resultat zudem als eine gute Voraussetzung für den nächstes Jahr zur Abstimmung stehenden UN-Beitritt. Die CVP wertete die Zustimmung als ein Zeichen für das internationale Engagement der Schweiz. Die SVP forderte, jede weitere Annäherung an die Nato zu vermeiden. Die FDP sah im Ergebnis auch eine Absage an den «gehässigen und diffamierenden Kampagnenstil».
Worum ging es?
Bei der Doppelvorlage des Militärgesetzes geht es um die Bewaffnung von Schweizer Armee-Einheiten bei friedensfördernden Einsätzen im Ausland und um die Zusammenarbeit mit dem Ausland in der Ausbildung. Die rechtsgerichtete Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) sowie ein friedenspolitisches Komitee aus linken Kreisen haben die vom Parlament gutgeheissene Vorlage durch ein Referendum vors Volk gebracht.
Die Gegner fürchten den Anschluss an die Nato und damit den Verlust der Neutralität. Die GSoA, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, verlangt hingegen zivile Lösungen. Die Befürworter setzten sich vor allem aus der Wirtschaft, aber auch aus der Sozialdemokratie zusammen. Sie bejahten den Selbstschutz bzw. den Schutz der Zivilbevölkerung.
Aggressive und emotionale Kampagne
Die Abstimmungskampagne war äusserst emotional, da es bei der Doppelvorlage nicht nur um eine Revision des Militärgesetzes ging, sondern eine aussenpolitische Komponente – Neutralität, Anschluss an die Nato – letztlich zur Debatte stand. Die umstrittene, aggressive Abstimmungskampagne der AUNS führte sogar dazu, dass der Bundesrat sich in den vergangenen Tagen mit ungewöhnlich scharfen Worten von dessen Kampagne distanziert und die Abstimmung auch zur Entscheidung über den politischen Stil deklarierte.
Knappe Resultate nur selten
Selten war der Ausgang einer Abstimmung so ungewiss wie an diesem Sonntag. Vergleichbar ist die Situation etwa mit der EWR-Abstimmung im Jahre 1992 oder mit den Abstimmungen zur Alpeninitiative (1994) bzw. zur Arbeitslosen-Versicherung (1997).
swissinfo und Agenturen

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