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Seit 40 Jahren im “Land der Schottenröcke”

Trotz 40 Jahren in Schottland hat Elsbeth Kidd ihre Schweizer Wurzeln nicht vergessen. swissinfo.ch

Die Schweizerin Elsbeth Kidd lebt seit Jahrzehnten in Schottland. Die heute 64-Jährige kam durch das Schweizerische Rote Kreuz in Grossbritanniens Norden.

swissinfo hat die pensionierte Freiburger Krankenschwester in der schottischen Hauptstadt Edinburgh besucht.

“Schottland ist ein sehr schönes Land”, sagt Elsbeth Kidd und lehnt sich im Lieblingssessel in ihrem Haus in Granton in Edinburghs Norden zurück. “Man kann hier wandern, stundenlang durch Gegenden marschieren, ohne dass einem jemand begegnet.” Das ist ihr Hobby, seitdem sie vor vier Jahren pensioniert wurde.

Sie sagt das nicht nur, weil ihr Mann überzeugter Schotte ist und sie als Ehefrau des ehemaligen Constable, des Polizisten der “Lothian and Borders Police” in Edinburgh, jahrzehntelang das schottische Leben hautnah miterlebt hat.

Das Land gefällt ihr, bis auf eines: “Die haben hier bei Wahlen so wenig zu sagen. Das ist in der Schweiz ganz anders. Da hat das Wahlvolk erheblich mehr Einfluss.”

Bis heute hat Mrs. Kidd ausschliesslich den Schweizer Pass und keinen Britischen. Den hätte sie nach so langem Aufenthalt im United Kingdom und in Schottland leicht erhalten können.

“Da hätte ich aber einen Untertaneneid auf die Königin leisten müssen, also das geht nicht als Schweizerin!. Wir haben Jahrhunderte lang für die Freiheit gekämpft.”

Herkunft nicht vergessen

Leben in Grossbritannien ja, aber die eigene Identität nicht vergessen. Kidd hat ihre Herkunft nie vergessen: Jedes Jahr fährt sie für einige Wochen in die Schweiz, trifft dort Freunde und Familie und geniesst es, endlich wieder Schweizerdeutsch zu sprechen.

Gerade hat sie mit ihrem Mann einen längeren Urlaub hinter sich. “Wir haben ein Häuschen im Tessin gemietet, oberhalb von Lugano. Das war eine tolle Atmosphäre. Man konnte wieder Französisch, Italienisch und Deutsch reden. Danach besuchten wir Verwandte in Bern.” Schottland ist ihr zuhause, die Heimat ist aber nach wie vor die Schweiz.

Dass Elsbeth Kidd einmal in Schottland leben, wohnen und arbeiten würde, hatte sie in ihrer ursprünglichen Lebensplanung nicht vorgesehen. Aus einem kleinen Ort im Kanton Freiburg – “nicht mehr als 5 Häuser, glaube ich”, sagt sie – ist sie nach Bern gegangen.

Dort hat sie die Krankenschwester-Ausbildung abgeschlossen. Die Schule war privat, wurde aber vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) geführt.

Per Englischkurs nach Schottland

Nach zwei Jahren Berufspraxis stiessen sie und ihre Freundin auf die Stellenvermittlungen des SRK. “Eigentlich wollten wir ja, weil uns das so gefiel, in die USA. Das hatte einen besonderen Reiz.”

Doch dazu war ein Englisch-Examen nötig. Das hatten beide nicht. Also entschieden sie sich, erst einmal drei Monate in der südenglischen Küstenstadt Bournemouth Englisch zu lernen.

Diese Entscheidung ist persönlich wie beruflich Schicksal gewesen. Vor Ort nämlich lasen die Freundinnen, dass die Royal Infirmary, das Zentral-Krankenhaus in Edinburgh, Krankenschwestern suchte.

“Da unsere Ausbildung in der Schweiz sehr gut und hoch angesehen war, wir auch medizinische Kenntnisse hatten, was damals Krankenschwestern in Schottland kaum hatten, haben wir die Jobs tatsächlich bekommen”, sagt Elsbeth Kidd, damals noch Elsbeth Schaller, stolz.

Töchter sprechen Deutsch

Sie wurde Staff Nurse, fest angestellte Krankenschwester in der medizinischen Abteilung des Edinburgher Krankenhauses und wechselte nach 1½ Jahren ans Northern General Hospital Edinburgh.

Ihre letzten Berufsjahre verbrachte sie in Edinburghs Forschungs- und Krankenhausjuwel Western General Hospital. Ihr Haus liegt unweit davon entfernt, mit Sicht auf die Nordsee.

“An der Royal Infirmary gab es oft Partys, wie das in Schottland Sitte ist. Da feierten auch immer Aussenstehende mit. Und eines Tages habe ich da meinen Mann Frederic kennen gelernt.”

Zwei Töchter kamen zur Welt, beide sprechen zumindest Hochdeutsch, eine auch sehr gut Schweizerdeutsch, obwohl sie in Edinburgh und Spanien leben. Die Schweizer Tradition wird im Hause Kidd weiterhin aufrecht erhalten.

Vieles verändert, auch zum Guten

Im Laufe der 40 Jahre in Schottland hat sich vieles verändert. “Früher gab es in Edinburgh ein Schweizer Restaurant, das ‘Alphorn’. Da sind wir immer zu Weihnachten hingegangen, das war wie zuhause. Es gab Geschnetzeltes, Raclette und Fondue. Leider musste es vor vielen Jahren schliessen.”

Dafür aber habe Edinburgh etwas Neues im Angebot: “Den Billig-Direktflug nach Genf. So komme ich schnell und recht günstig immer wieder in meine Heimat. Eine schnelle Verbindung in die Schweiz, das gefällt mir.”

swissinfo, Udo Seiwert-Fauti, Edinburgh

26’000 Schweizer leben im Vereinigten Königreich.
2544 “schottische” Schweizer sind bei der Botschaft in London registriert.
Vor 4 Monaten wurde in Edinburgh das erste Schweizer Generalkonsulat in Grossbritannien eröffnet.
Die Auslandschweizer-Vereinigung in Edinburgh hat rund 40 Mitglieder.
In Schottland sind derzeit 14 Schweizer Firmen tätig.

Elsbeth Kidd, geborene Schaller, wurde am 13.12.1941 in Bern geboren.

Sie ist im freiburgischen Bagewil aufgewachsen. Ihr Vater führte die Käserei am Ort.

Im Frühling 1964 machte sie an der Lindenhofschule in Bern ihr Krankenschwester-Examen.

Seit 40 Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Edinburgh und gehört der Auslandschweizer-Vereinigung in der schottischen Hauptstadt an.

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