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Solothurn: Vielsprachig literarisch

Den Schreibenden konnte man in Solothurn nicht bloss zuhören, sondern auch zusehen. swissinfo.ch

Die 24. Solothurner Literaturtage zeigten ein vielfältiges Bild des Schweizer Schaffens. Highlights boten nicht nur etablierte Autorinnen und Autoren.

Mit einer Lesung der 80-jährigen Aargauer Lyrikerin Erika Burkart sind am Sonntag die Solothurner Literaturtage zu Ende gegangen. Wie schon im Rekordjahr 2001 besuchten etwa 8000 Interessierte die über 50 Veranstaltungen.

Drei Viertel der lesenden Autoren stammten aus den vier Schweizer Sprachregionen, die anderen reiste unter anderem aus Rumänien, Israel, den USA und Guatemala an. Zusammen mit Übersetzern und Musikern bestritten fast 80 Mitwirkende das Programm.

Platz für Unerhörtes

Die 24. Solothurner Literaturtage wollten ein Spiegel der Schweiz sein. “Keinem grossen Thema mehr verpflichtet, öffnen sich Türen, melden sich Stimmen zu Wort, die sonst leicht überhört werden würden” schrieb Markus Bundi im Namen der Programm-Kommission bereits im Vorwort.

Im Zentrum stand dabei die Mehrsprachigkeit – nicht nur in der Schweiz sondern weltweit: “Rumänische Stimmen etwa, die sich mit Schweizer Klängen mischen, sich zum Renshi, einem (Red.: japanischen) Kettengedicht, formen.”

Das Kettengedicht, das sieben deutsch- und rumänischsprachige Lyriker – darunter Kurt Aebli, Werner Lutz und Franz Hodjak – in nur zwei Wochen verfasst hatten, bildete denn auch einer der Höhepunkte neben den Lesungen von bekannten Persönlichkeiten.

Literatur per E-Mail

Neue Türen öffnete auch das diesjährige offene Forum “Opennet 2002”: Texte konnten per E-Mail nach Solothurn geschickt werden. 176 Texte sind nun im Netz zu lesen.

Von den Siegern des im Internet geführten Wettbewerbs überzeugten der Romand Olivier Sillig mit einer blutigen Kriegsgeschichte und Rut Bernardi mit rätoromanischen Texten, die ihrer lautmalerischen Qualität wegen wohl unübersetzt bleiben werden.

Die Schwierigkeiten des Übersetzens wurden im übrigen in drei Workshops ausgelegt.

Bekannte Publikums-Magneten

Das grösste Publikums-Aufkommen verzeichneten die Lesungen bekannter Autoren wie des Deutschen Bernhard Schlink (“Selbs Mord”), der Niederländerin Margriet de Moor (“Kreuzersonate”) oder der Schweizer Martin Suter (“Ein perfekter Freund”), Peter Stamm (“Ungefähre Landschaft”), Hanna Johansen (“Lena”) und Matthias Zschokke (“Ein neuer Nachbar”).

Bildunterstützt und musikuntermalt

Das “Überraschungsei im Büchernest” war der Karikaturist und Satiriker Friedrich Karl Waechter, der, wie er selber sagte, die “Dreistigkeit” besass, ausgerechnet an Literaturtagen seine erste Bilderbuchshow zu zeigen.

Optisch und musikalisch untermalte Auftritte lagen im Trend: Aus Tradition begleitete ein Kantor die Gemeinschaftslesung der jiddisch schreibenden Autoren Lev Berinski, Gennady Estraikh und Michael Felsenbaum. Urs Augstburger polsterte seinen literarischen Heimatroman “Schattwand” mit Videoaufnahmen auf, die Lyrikerin Sabina Naef wurde von einem Drummer begleitet.

Höhepunkt war Samstagnacht die Performance von “Wettermacher” Peter Weber. Dies nicht nur dank einem Maultrommel-Gig mit Anton Bruhin und spektakulären Nebelmeer-Fotos von Andreas Züst, sondern vor allem, weil Webers im Herbst erscheinendes drittes Buch “Bahnhofsprosa” zu den vielversprechendsten der in Solothurn vorgestellten Werke gehört. Dies zusammen mit Aglaja Veteranyis posthum erschienenen “Regal der letzten Atemzüge”.

Erstlingsautoren gab es übrigens nur wenige zu entdecken. Sowohl Irene Eschers “Manchmal heisst sie Fränzi” wie Li Mollets “Nichts leichter als das” erwiesen sich dabei als zu vielschichtig zum blossen Hinhören. Sie empfehlen sich zur Lektüre.

swissinfo und Agenturen

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