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Spielwiese – auch für das Publikum

Haruko: "Das Loch" im Centre PasquArt in Biel. Centre PasquArt

Die Sommerausstellung im "CentrePasquArt" in Biel setzt auf den Dialog mit dem Publikum und beteuert in trendigem Englisch "I Need You".

Interaktion heisst das Zauberwort: Mausklick, Touchscreen oder Tastatur sind die Mittel, mit denen das Publikum eine aktive Rolle einnehmen kann.

Dass die Kunst das Publikum braucht, ist an sich nichts Neues. Das wussten schon die Dadaisten des beginnenden 20. Jahrhunderts und auch die Performerinnen der 1970er Jahre.

Während das Publikum damals jedoch zumeist zum Zuschauen verurteilt war, erhält es seit geraumer Zeit auch eine aktive Rolle.

Das Publikum gestaltet das Kunstwerk mit, wird Teil davon. Das schmeichelt ihm, selbst wenn seine produktive Bedeutung oft vernachlässigbar ist. In Biel wird zudem klar, dass längst nicht alle interaktive oder performative Kunst gute Kunst ist.

Begeisterndes…

Über 30 Kunstschaffende aus dem In- und Ausland hat das Kuratoren-Team Dolores Denaro, Beate Engel und Bernhard Bischoff in Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung Pro Helvetia ausgewählt.

Viele der vorwiegend brandaktuellen Arbeiten überraschen und begeistern: allen voran Peter Aerschmanns Computerinstallation “Forwärts”, bei der das Publikum eine geklonte Menschenmenge in ein bunt gemischtes Volk verwandeln kann.

Dann auch Jan Kopps begehbare Sound-Installation “News from an unbuilt City”: Sie besteht aus 40 Holzplatten, die beim Betreten Geräusche auslösen, von Muezzin-Gesängen bis zu Auszügen aus dem Anrufbeantworter des Künstlers.

Schliesslich Teresa Margolles Fotoserie “Anden/Sidewalk, Cali, Columbia”, die eine berührende Performance mit Angehörigen von Drogenopfern dokumentiert, und – ganz anders – Mickry Drei mit ihrer blumigen Rauminstallation.

… und Ärgerliches

Neben solch starken Werken gibt es aber auch ärgerliche oder langweilige: Jean-Damien Fleury und Santiago Sierra widmen sich mit untauglichen moralisierenden und voyeuristischen Mitteln dem Thema Hunger in Drittweltländern.

Und das Lächeln der beiden “Bräute” Eva & Adele in der 60-minütigen Videoprojektion “Bells Brides 1” ist zwar zuckersüss, stösst aber schon nach kurzer Zeit sauer auf.

Die banalste Arbeit präsentiert allerdings das Zürcher Künstlerduo NOIER. Es drückt dem Publikum mit einem Stempel “sculpture” auf den Handrücken und lässt es so als “Readymade” oder “Living Sculpture” durch die Ausstellung wandeln.

Ein Beitrag zur Kunstgeschichte, der wohl noch schneller verblasst als der Abdruck auf der Hand.

swissinfo und Karl Wüst, sfd

Die Ausstellung “I Need You” im “CentrePasquArt” in Biel dauert bis am 15. September.
Pro Helvetia und ein Kuratorenteam haben zusammen mehr als 30 Kunstschaffende ausgewählt.

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