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Steigende syrische Vermögen in der Schweiz

Damaskus: Ein Grund für die hohen syrischen Auslandguthaben ist das veraltete Bankensystem. Keystone

US-Sanktionen gegen Syrien könnten das Augenmerk auch auf die Schweiz lenken. Grosse Teile der syrischen Auslandguthaben liegen in der Schweiz – mit steigender Tendenz.

Über die Gründe gibt es nur Mutmassungen; die Banken sind sich der Risiken bewusst.

Die Guthaben Syriens bei Banken in der Schweiz beliefen sich laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Ende letzten Jahres auf 14,8 Mrd. Franken. Das waren knapp zwei Milliarden oder 14% mehr als ein Jahr zuvor.

Seit 1999 haben sich die syrischen Guthaben fast verdoppelt. Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, werden mehr als 97% der syrischen Guthaben von den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse Group (CSG) verwaltet.

Syrien hinter Saudi-Arabien an zweiter Stelle



Die Höhe der syrischen Guthaben bei den Banken in der Schweiz wird unter Einschluss der Treuhandguthaben einzig durch jene Saudi-Arabiens übertroffen. Gemessen am Total der Guthaben von Ländern des Mittleren Ostens in der Schweiz machte der Anteil Syriens Ende 2002 fast einen Drittel aus.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bezifferte die syrischen Guthaben beim gesamten internationalen Bankensystem Ende 2002 auf 23,2 Mrd. Dollar oder umgerechnet 34,9 Mrd. Franken. Die von der Nationalbank für die Schweiz erhobenen 14,8 Mrd. Franken entsprächen damit einem Anteil von 42%.

Gründe für Anstieg im Dunkeln



Zu den Gründen für den starken Anstieg ihrer Verpflichtungen gegenüber Syrien befragt, gaben die beiden Grossbanken keine Erklärungen ab. Beide legen die Guthaben und Verpflichtungen einzelner Länder nicht offen. Einen realwirtschaftlichen Hintergrund für die hohen Finanzströme in die Schweiz gibt es nicht.

Die Schweizer Exporte nach Syrien beliefen sich im Jahre 2002 auf bloss 156 Mio. Franken. Der Wert der Importe aus Syrien machte sogar nur 1,1 Mio. Franken aus.

Zur Herkunft der Gelder macht die SNB-Statistik nur rudimentäre Angaben. Demnach wurden sie zu 98% vom syrischen Bankensystem in der Schweiz platziert. Dieses war bis vor kurzem verstaatlicht und wurde erst unter der Präsidentschaft von Baschar el Assad durch die Vergabe von ersten Lizenzen an Privatbanken vorsichtig geöffnet.

Die Schweizer Behörden wollten in einer AP-Umfrage den Zufluss syrischer Geldern nicht offiziell kommentieren. Hinter vorgehaltener Hand wurde die Vermutung geäussert, dass die Terroranschläge in den USA vom 11. September eine Umlenkung der arabischen Finanzströme ausgelöst haben könnten.

Hohes Risikobewusstsein



Von einem Reputationsrisiko für die Schweiz mag vorläufig aber niemand sprechen. Die Behörden hatten den Banken verschiedentlich ein hohes Risikobewusstsein im Umgang mit Geldern kritischer Herkunft bescheinigt.

“Wir überwachen potenzielle Risiken im Zusammenhang mit Ländern laufend, um bei relevanten Entwicklungen Anpassungen vornehmen zu können”, sagte CSG-Sprecher Andres Luther. Die Einschätzungen einzelner Länder würden aber nicht kommentiert. UBS-Sprecher Serge Steiner verwies auf die sehr strengen Compliance-Vorschriften seines Instituts.

Anteil syrischer Gelder nicht überraschend



Finanzexperten vermuten, dass es sich bei den syrischen Geldern in der Schweiz vorwiegend um Mittel von Privaten und von Unternehmen handelt, die wegen des veralteten syrischen Bankensystems und der Devisenkontrollen seit Jahrzehnten ausserhalb Syriens platziert sind. Anders seien internationale Investitionen und Geschäftsaktivitäten nicht machbar.

Ein Fachmann, der nicht genannt werden wollte, machte weiter darauf aufmerksam, dass sich das syrische Auslandvermögen insgesamt auf über 100 Mrd. Dollar belaufen dürfte. Der in der Schweiz liegende Teil wäre damit gemessen an der Rolle des Finanzplatzes im grenzüberschreitenden Vermögens-Verwaltungsgeschäft nicht überraschend.

swissinfo, Balz Bruppacher (AP)

Syrische Guthaben bei int. Banken:
Ende 2002 34,9 Mrd. Franken
davon auf Schweizer Banken:
14,8 Mrd. Franken (42%)

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