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Swatch: Kurssturz wegen Steuerdelikt-Vorwürfen

Freitags-Kurssturz der Aktie, nachdem Vorwürfe in den USA bekannt wurden. RTS

Der Kurs der Swatch-Aktien ist am Freitag an der Börse unter starken Druck geraten, nachdem Medien über Vorwürfe wegen Steuerumgehung berichtet hatten.

Zwei ehemalige Angestellte des Bieler Uhrenkonzerns in den USA bezichtigen die Swatch Group der Steuerumgehung. Swatch dementiert illegales Handeln.

Nach Handelsbeginn fielen die Aktienkurse von Swatch am Freitag an der Schweizer Börse um mehr als 11%. Zuvor hatten das “Wall Street Journal” und die “Financial Times” über Vorwürfe zweier ehemaliger Mitarbeiter des Konzerns berichtet. Demnach soll der Uhrenkonzern aus Biel Steuern und Importabgaben umgangen haben.

Analysten fiel auf, dass unabhängig davon, ob die Anschuldigungen stimmen oder nicht, nur schon die geringste Andeutung eines Skandals genüge, um die Anleger zu verscheuchen.

Bei Handelsschluss lagen die Swatch-Inhaberpapiere bei 141,50 Franken oder 3,6% tiefer als am Vorabend. Der Kurs der Namen-Aktien lag mit 29,55 Franken um 2,6% im Minus. In den USA sind die Swatch-Aktien nicht kotiert.

Bessere Abgangszahlung gefordert

Die beiden Ehemaligen bezichtigen die Swatch Group in den USA, durch ungerechtfertigte Transferpreise in Asien, Australien und teilweise in den USA Steuern umgangen zu haben.

Der Uhrenkonzern weist die Vorwürfe dezidiert zurück und spricht von einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Konzern und den beiden ex-Angestellten.

Die beiden seien wegen angeblich diskriminierenden Anstellungspraktiken beim US-Arbeitsministerium vorstellig geworden, nachdem eine gütliche Einigung zwischen Swatch und ihnen gescheitert sei, gab Swatch Freitag Mittag bekannt.

Swatch betont auch, die beiden Ehemaligen hätten nie in den USA, sondern in Hongkong und Singapur für Swatch gearbeit. Der eine der beiden ehemaligen Arbeitnehmer fordere eine höhere als vertraglich vereinbarte Abgangszahlung.

Die beiden arbeiteten als Regional Controller für die Gruppe. Sie verliessen Swatch früher dieses Jahr.

Falls fürs Arbeitsrecht oder Transfer Pricing?

Die beiden Ehemaligen haben die USA als Land für ihre Beschwerde ausgesucht, weil die Swatch-Aktie dort gehandelt werde, obwohl sie nicht in den USA kotiert ist. Swatch wiederum sagt, gerade aus diesem Grund sei US-Recht gar nicht anwendbar.

Nun wird der Fall vor dem US-Arbeitsministerium verhandelt. Nach Ansicht der Swatch Group ist das Ministerium jedoch nicht für die Beschwerde zuständig.

Den Artikeln zufolge werfen die beiden früheren Mitarbeiter der Swatch Group vor, die asiatische Tochter Swatch Group Asia Inc auf den Virgin Islands benutzt zu haben, um Steuern und Zölle in verschiedenen Ländern, darunter den USA, zu vermeiden. Insgesamt seien dem Vernehmen nach 180 Mio. Dollar Steuern und Gebühren umgangen worden.

Zudem haben laut der Beschwerde hohe Kader der Uhrenfirma versucht, die Aktivitäten zu vertuschen, als die zwei Controller das Transfer-Pricing bei ihren Vorgesetzten thematisierten.

Interne Untersuchung eingeleitet

Die Swatch-Konzernleitung lässt verlauten, dass sie die Anschuldigungen dennoch ernst nehme und umgehend eine Untersuchung eingeleitet habe. Erste Ergebnisse zeigten, dass Swatch keine Gesetze verletzt habe. Es sei die Politik von Swatch, alle nationalen und internationalen Gesetze strikt zu befolgen.

Dies gelte auch für das Steuerrecht, heisst es in der Mitteilung. Immerhin sei es gängige Praxis, dass alle geschuldeten Steuern bezahlt würden – jedoch nicht mehr als das Gesetz vorschreibe.

Keine Swatch-Gesellschaft kalkuliere Transferpreise nur aus steuerlichen Gründen, schreibt Swatch. Es gehe darum, die internationale Preisstruktur zu harmonisieren und Parallelmärkte zu vermeiden, die weit höhere Kosten verursachten als die Steuern.

Die sehr komplexe Transferpreispolitik hänge nicht nur von Wechselkurs-Schwankungen ab, sondern unter anderem auch von den verschiedenen Mehrwertsteuern und der Kostensituation.

Analysten glauben nicht an Vergehen

Finanzanalysten bezweifelten, dass Swatch Gesetze gebrochen habe. Gemäss dem täglichen Marktkommentar der Zürcher Kantonalbank (ZKB) bestreitet Swatch die Vorwürfe klar. Internationale Steueroptimierungen seien bei Konzernen üblich und legal, schreibt ZKB-Analyst Patrick Schwendimann.

Die Transferpreise seien von den Steuerbehörden bisher offenbar nicht beanstandet worden, so die ZKB. Selbst falls es, wie behauptet, um 180 Mio. Dollar für Asien und Australien ginge, könnte der finanzkräftige Swatch-Konzern dies problemlos verkraften. Auch bei der Bank Pictet wird bezweifelt, dass Swatch die Gesetze gebrochen habe.

Die Reaktion der Börse wurde als übertrieben bezeichnet. Der Kurssturz habe aber eine gute Gelegenheit zum Kauf von Swatch-Aktien geschaffen, hiess es.

swissinfo und Agenturen

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