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Dieser Schweizer brennt Wodka auf den Kapverden – den besten der Welt

Jose Steiner in seiner Destillationsanlage
Brennmeister José Steiner ist Quereinsteiger. Sein erster Wodka erhielt die Bestnote. zVg

Wodka erinnert an kalte Gefilde. Doch der zum besten der Welt gekürte Wodka kommt von einer warmen Insel im Atlantik: Der Prosperous Vodka aus Kap Verde hat bei der International Wine and Spirits Competition Gold geholt. Gebrannt wird er vom 28-jährigen Schweizer José Steiner.

José Steiner lebt seit neun Jahren in Praia, der Hauptstadt von Kap Verde. Bevor er anfing, Spirituosen zu brennen, führte er eine Getränkehandlung. Und interessierte sich immer mehr für die Herstellung der Getränke. “Ich habe mich gefragt, warum ein Getränk besser ist als das andere und warum eines 10 und ein anderes 40 Franken kostet.”

Steiner begann zu recherchieren und absolvierte einen Destillierkurs in den Niederlanden. Zurück in Kap Verde hat er sein Geschäft verkauft und eine Maschine zum Destillieren angeschafft.

“Ich wollte einen Gin machen, der von hier kommt”, sagt Steiner am Telefon aus Kap Verde. Das gab es damals noch nicht, das einzige vergleichbare lokale Getränk sei bis dahin der Zuckerrohrschnaps, der sogenannte Grog, gewesen. Das Land ist sehr trocken, es regnet selten, Vulkane prägen die Landschaft.

Werbebild von Prosperous Wodka
Der Wodka von der Vulkaninsel hat 99/100 Punkten erhalten. zVg

Start mit Hindernissen

Der Inselstaat bietet zahlreiche Strände – aber auch Nachteile. “Viele Sachen, die man in der Schweiz als selbstverständlich betrachtet, gibt es hier nicht.” Keine Kleiderketten, kein McDonalds, keine Flaschen und Deckel für Steiners Wodka. “Alles muss importiert werden”, sagt er.

Steiner musste zudem feststellen, dass es nicht immer einfach ist, wenn man als Erster etwas macht in einem Land. Während die Regierung die Herstellung von Gin reglementierte, wurde seine Lizenz sistiert und er musste einen Brennstopp machen. Kein guter Anfang für ein neues Geschäft.

Als alles geklärt war, stieg Steiner auf Wodka um. Beide Spirituosen eignen sich, wenn man schnell Resultate sehen will, denn es kommt keine lange Lagerzeit im Fass dazu, wie zum Beispiel beim Whisky.

Beim Gin werden zur Bildung eines eigenen Geschmacks dem Alkohol sogenannte Botanicals hinzugefügt, das können Kräuter, Gewürze oder Früchte sein. Wonach soll ein Wodka schmecken? “Möglichst neutral”, sagt Steiner.

Wodka wird aus Kohlenhydraten gebrannt, er kann also aus fast allem hergestellt werden. “In Frankreich gibt es zum Beispiel Wodka aus Trauben”, sagt er. “Den Geschmack muss man aber wieder rausbringen.”

José Steiner und sein Geschäftspartner in einem Lastwagen voller Wodkakisten
José Steiner (l.) und sein Geschäftspartner Dany Mendes. zVg

Wonach soll Wodka schmecken?

Steiners Wodka ist aus Getreide, alle Geschmacksnoten und Fette sind rausdestilliert. Auch das Gluten ist weg, es bleibt purer Alkohol mit Wasser. “Man kann schon einen Geschmack reinbringen, zum Beispiel einen leichten Brotgout. Aber allen gefallen wird das nicht.”

Mit seinem Wodka hat er aber den Geschmack der Jury getroffen. An der International Wine and Spirits Competition in London werden über 3000 Getränke bewertet, 99 von 100 Punkten hat der Vodka von José Steiner erreicht. Hundert Punkte werden an der Competition nie vergeben.

Hier die Geschichte eines anderen Auslandschweizers auf einer Insel, der zu den Besten seines Fachs gehört:

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Er war in den Ferien, als die gute Nachricht eintraf. “Danach hat niemand mehr geschlafen”, sagt er und lacht. “Wir waren uns zwar bewusst, dass wir nichts Schlechtes machen, aber die maximale Punktzahl war eine tolle Überraschung.”

Obwohl er die Schweiz schon lange verlassen hat, spricht Steiner mühelos Mundart. Munter berichtet er von seinem Leben und dem neusten Erfolg in Kap Verde. Seine erste Auswanderungserfahrung war jedoch etwas harziger.

Die ersten zehn Jahre seines Lebens hat José Steiner weit weg vom Ozean im appenzellischen Dorf Schwellbrunn verbracht. Danach zügelten seine Eltern mit ihm nach Romanshorn, und als José Steiner 14 Jahre alt war, zog die Familie in nach Portugal an die Algarveküste.

Umzug nach Portugal war ein kleiner Schock

Ein kleiner Schock für den Teenager. Zwar war er bereits in Romanshorn mit der portugiesischen Gemeinschaft in Kontakt, doch als er zum ersten Mal in Portugal die Schule besuchte, merkte er, dass sein Portugiesisch hinten und vorne nicht reichte.

Obwohl er zu Hause mit seiner Mutter Portugiesisch sprach, verstand er die Lehrpersonen zunächst kaum und musste ganze Buchseiten auswendig lernen, um die Prüfungen zu bestehen.

Sommerjobs in Restaurants, Bars und Clubs halfen ihm, sein Portugiesisch zu perfektionieren und auch Spanisch und Englisch zu lernen. Einer dieser Jobs sollte sein Leben verändern: Bei der Arbeit lernte er seine Freundin Lívia kennen. Sie wollte nach ihrem Studium in Portugal in ihre Heimat Kap Verde zurückkehren. Und José Steiner ging mit.

José Steiners Wodkabrennerei
Hier wird der Wodka hergestellt. zvG

Heute sind die beiden verheiratet und haben eine fünfjährige Tochter. José Steiner hat noch eine Sprache dazugelernt, er spricht jetzt auch Kreol, die Sprache der Inseln, mit der sich die Einheimischen identifizieren. Die offizielle Sprache des Landes ist Portugiesisch.

Ihm ist wichtig, dass sein Wodka als lokales Produkt wahrgenommen wird. Auf der Etikette sind die bekanntesten Inseln des Landes zu sehen, sein Geschäftspartner ist Kapverdier, denn “es ist besser, wenn auch ein kapverdisches Gesicht da ist”.

Einziger Schönheitsfehler: Das Getreide, aus dem der Wodka gemacht wird, wächst nicht auf den Vulkaninseln, sondern wird aus Frankreich importiert. Steiner sagt: “Schokolade gilt ja auch als Schweizer Produkt, obwohl der Kakao nicht in der Schweiz wächst.”

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Mit der Tochter an der Viehschau

Die eine Hälfte seines Lebens, die er in der Schweiz verbracht hat, hat Spuren hinterlassen bei José Steiner. Wenn er an die Schweiz denkt, vermisst er nicht die Schweizer Schokolade oder Cervelats.

Er vermisst den Ort, an dem er aufgewachsen ist und reist regelmässig zurück. Seine Tochter hat er auch schon an eine Viehschau mitgenommen. “Damit sie das auch kennenlernt.”

José Steiner, seine Frau und der Präsident von Kap Verde
zVg

In der Schweiz trifft er sich auch mit Leuten von früher. “Das tut mir gut”, sagt er. In Kap Verde neue Freundschaften zu schliessen, sei für ihn nicht einfach. “Ich bin nicht der offenste Mensch”, sagt er. Dazu komme, dass er als Ausländer immer prüfen muss, ob eine Freundschaft nicht auf einem finanziellen Interesse beruht.

Verinnerlichte Pünktlichkeit

Eine typische Schweizer Eigenschaft hat Steiner im Ausland nicht abgelegt. “Ich bin sehr pünktlich”, sagt er. Ganz im Gegensatz zu den Bewohner:innen von Kap Verde. Ein wenig hat er sich seiner neuen Heimat angepasst. “Ich weiss nicht, ob ich noch in der Schweiz leben könnte, wo alles so organisiert ist.” Ein Mittelding wäre für ihn perfekt.

Doch Steiner wird voraussichtlich noch eine Weile auf Kap Verde bleiben. Von den importierten Flaschen braucht er momentan eine ganze Menge. “Wir füllen 300 Flaschen pro Tag.” Das Ziel sind noch mehr. Steiners Wodka ist in Portugal erhältlich, in der Schweiz noch nicht, auch das ist ein grosses Ziel. “Es wäre eine Riesenfreude”, sagt er.

Editiert von Balz Rigendinger.

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