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Unesco-Welterbe als Motor für den Tourismus

Beliebtes Fotosujet für Touristen: Der "Zytglogge"-Turm. swiss-image

Vor 25 Jahren ist die Altstadt von Bern in die Unesco-Liste der Weltkulturerben aufgenommen worden. Für den Tourismus war und ist das ein Glücksfall, wie der Berner Tourismusdirektor im Gespräch mit swissinfo sagt.

Geographisch wird die Berner Altstadt durch die Halbinsel der Aare definiert. Die erhaltenen Grundstrukturen aus der Gründerzeit und die historische Bausubstanz wurden auch im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert.

Das hat dazu geführt, dass die Altstadt im Jahr 1983 – als eine der ersten Stätten in der Schweiz – in das Unesco-Welterbe aufgenommen wurde.

Im gleichen Jahr wurden auch das Kloster Müstair im Kanton Graubünden und der Klosterbezirk St. Gallen in die Liste aufgenommen.

Für den Berner Tourismusdirektor Markus Lergier ist klar: Die Vorteile dieser Auszeichnung sind viel grösser zu gewichten, als allfällige Nachteile durch die eingeschränkten baulichen Möglichkeiten.

swissinfo: Macht sich das Label für den Tourismus bezahlt?

Markus Lergier: Es ist für uns ein zentrales Mittel in der Kommunikation und in der Werbung. Darum erscheint das Label auf allen unseren Publikationen. Natürlich ist es auch ein international bekanntes Qualitäts-Gütesiegel, das für Einmaligkeit, für die Erhaltung und für Qualität steht.

Vor allem auf dem amerikanischen und japanischen Markt richten sich die potentiellen Gäste sehr genau nach diesen Kriterien. In einem Verkaufsgespräch mit einem asiatischen Touroperator spielt das Argument der Altstadt, die flächendeckend Weltkulturerbe ist, eine grosse Rolle. Die wollen das dann anschauen kommen.

swissinfo: Wie sieht das denn auf dem europäischen Markt aus. Ist da die Konkurrenz durch andere Weltkulturerben ein Faktor?

M.L.: Auch auf den Nahmärkten ist das Label ein Verkaufsargument. Wir haben auch Kooperationen mit den andern Schweizer Welterben. So bieten wir mit dem Lavaux-Gebiet und dem Aletschgletscher gemeinsam eine Rundreise an. Da kann sich der Gast in wenigen Tagen drei Weltkulturerben anschauen.

swissinfo: Eine intakte Altstadt. Welche Publikumssegmente sprechen darauf an? Vor allem die ältere Generation?

M.L.: Es sind natürlich schon die älteren Gäste, die vielleicht mehr Zeit und Musse haben, sich die Städte genauer anzuschauen. Das kulturbeflissene Publikum ist da schon eher unser Ansprechpartner. Gleichzeitig ist das Alter auch egal, denn Städtetourismus ist überall Kulturtourismus.

Wenn eine Stadt auf kulturellem oder auf architektonischem Gebiet stark ist, dann hat sie Vorteile gegenüber anderen Städten. Wir sind die einzige Zähringerstadt mit einem Unseco-Label. Das ist klar ein Vorteil.

swissinfo: Touristen können den Alltag in einer Stadt auch belasten. Trägt denn der Tourismus in Bern auch etwas bei zum Erhalt der Altstadt?

M.L.: Unsere Gäste zerstören das Stadtbild überhaupt nicht, im Gegenteil: Sie sind Farbtupfer, die das Stadtbild bereichern. Das ist überhaupt kein Problem.

swissinfo: Weltkulturerbe, das bedeutet auch strenge bauliche Vorschriften und Denkmalschutz. Hat so ein Label auch Nachteile für den Tourismus?

M.L.: Nein, überhaupt nicht. Ich bin froh, dass Bern so eine starke Denkmalpflege hat. Das Unesco-Label muss regelmässig wieder bestätigt werden. Geplante Bauten rund um den Kölner Dom oder die Brücke in Dresden haben ja auch schon zu Diskussionen geführt.

Wenn man die strengen Auflagen nicht erfüllt, dann verliert man das Label. Ich finde das richtig. Natürlich darf unsere Altstadt nicht zu einem Museum verkommen. Deshalb brauchen wir eine Denkmalpflege, die dort, wo es nötig ist, auch eine gewisse Flexibilität an den Tag legt. Es wäre aber total falsch, wenn in der Altstadt plötzlich noch moderne Gebäude gebaut würden.

swissinfo: Welche Rolle spielen die neuen Gebäude am Stadtrand wie das Zentrum Paul Klee von Renzo Piano oder das Einkaufszentrum Westside von Daniel Libeskind für den Tourismus?

M.L.: Das hat mit Erlebnis-Inszenierung zu tun. Je mehr Attraktionen eine Stadt bietet, desto attraktiver wird sie für die Touristen. Das Zentrum Paul Klee, der neue Bärenpark, Westside und neue Hotels sind neue touristische Ankerpunkte, die sich auch auf den Kongressstandort positiv auswirken können.

Die Altstadt ist die Basis, wir sind aber auch sehr stolz auf die kulturellen Farbtupfer.

swissinfo-Interview: Andreas Keiser, Bern

Bisher wurden die Berner Altstadt, der Stiftsbezirk St. Gallen, das Benediktinerinnen-Kloster St. Johann in Müstair, die Burgen und die Stadtbefestigung von Bellinzona und im Jahr 2007 die Kulturlandschaft Weinbaugebiet Lavaux aufgenommen.

Im Juli 2008 wurden die Rhätische Bahn (Strecke Thusis-Tirano) und die Glarner Hauptüberschiebung ins Weltkulturerbe aufgenommen.

Im Bereich des Naturerbes sind es die Stätten Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn, der Monte San Giorgio im Tessin und das Entlebuch im Kanton Luzern.

Die Uhrenstädte La Chaux de Fonds und Le Locle haben Ende 2007 ihre Kandidatur für die Auszeichnung eingereicht.

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