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Zep, der leise Superstar

Zep ist Musikfan und selber Rockstar, aber in der Sparte Comics. swissinfo.ch

Der Schweizer Comic-Zeichner verkauft Millionen Bücher. Sein Held Titeuf grinst von Schweizer Briefmarken. Jetzt hat Zep in Frankreich gar den Grossen Preis von Angoulême gewonnen.

swissinfo sprach mit dem Genfer unter anderem über die Bedeutung dieser Auszeichnung, einer der höchsten dieser Sparte in Europa.

Zep, der Genfer Comiczeichner, macht mit seinem Helden Titeuf Millionen-Umsätze. In der Romandie, in Frankreich und sogar in China. Doch in der Deutschschweiz ist sein Name nur ausgewachsenen Szenekennern geläufig.

Dieses Jahr kommen neben dem 10. Band von Titeuf noch drei weitere Bücher auf den Markt. Und soeben wurde Zeps junge Karriere in Frankreich mit dem Grossen Preis von Angoulême – einer Art Prix Goncourt für Comics – gewürdigt.

swissinfo: Zep, heben Sie jetzt ab?

Z.: Das müssen Sie die Leute um mich herum fragen! Sagen wir es so: Wenn man von einer solchen Veranstaltung zurückkommt, steht man rasch wieder mit beiden Beinen auf dem Boden. Mein kleiner Sohn hatte Geburtstag. Ich musste mich um 15 Knirpse kümmern, die sich ziemlich wild aufführten. Also, Preis von Angoulême hin oder her, der ändert nicht viel. Man ist schnell wieder im Alltag.

swissinfo: Wie reagieren die Freunde Ihres Sohns auf den ‘Papa’ von Titeuf?

Z.: Sie sind 7 Jahre alt – das heisst, sie kennen die Figur, aber der Autor dahinter ist für sie unwichtig. In diesem Alter war ich verrückt nach Lucky Luke, aber wenn man mir vorgeschlagen hätte, den Herrn zu treffen, der Lucky Luke zeichnete, hätte mir das wahrscheinlich nicht viel gesagt. Ich realisierte noch nicht, was das bedeutete.

swissinfo: Der Grosse Preis von Angoulême ist eigentlich eine Ehrung für das Lebenswerk…

Z.: Vielleicht will man, dass ich in den Ruhestand trete! (Lacht.) Nein, der Preis freut mich wirklich sehr. Denn er wird von den Grossen der Comicwelt verliehen: Die Jury ist aus den Preisträgern der Vorjahre zusammengesetzt. Margerin, Mandryka, Gotlib, Moebius, Juillard… Alles Leute, die ich schon lange mal treffen wollte, um zu sehen, ob sie wirklich existieren! Und sie nicht nur zu kennen zu lernen, sondern gar von ihnen den Preis in Empfang zu nehmen, das ist schon etwas Besonderes.

Zum Preis von Angoulême gehört auch, dass der Preisträger im folgenden Jahr Präsident der Jury ist. Als solcher werde ich die Aufgabe haben, die Ausstellungen zu überwachen. Das sind grosse, internationale Ausstellungen mit einem grossen Budget. Da bin ich schon sehr aufgeregt.

swissinfo: Sie freuten sich, dass endlich die künstlerische Dimension Ihrer Arbeit anerkannt wurde, statt dass immer nur ihre Rekord-Verkaufszahlen erwähnt werden.

Z.: Eines ist sicher: Die Jury, das Akademiker-Kollegium der Comics, hat mir den Preis nicht wegen meiner Verkaufszahlen verliehen, denn das interessiert sie nicht besonders. Natürlich ist es nicht unangenehm, dass meine Arbeit als erfolgreich gilt. Aber es stimmt schon, dass sich seit zwei Jahren fast alle Artikel und Interviews mit kaum etwas anderem als den Verkaufsrekorden befassen.

swissinfo: Sie scheinen im Marketing ebenso gut zu sein wie im Zeichnen. Ganz abgesehen von ihrer Zeitschrift ” Tchô” und vom Merchandising wurde Titeuf bisher in 14 Sprachen übersetzt. Die Bände werden mittlerweile sogar in China verkauft, und nun ist der kleine Frechdachs daran, den russischen Markt zu erobern.

Z.: Zuerst muss ich sagen, dass ich mich nicht selbst mit diesem Aspekt befasse. Und dann ist das nicht wirklich Marketing. Ich hatte gar nicht die Absicht, Titeuf im Ausland zu verkaufen. Dank seines Erfolgs haben sich die ausländischen Verleger von sich aus um die Rechte bemüht.

Aber dieser Erfolg hat sich während Jahren aufgebaut, eigentlich durch Flüsterpropaganda. Die einzige Verkaufsförderung waren die Veranstaltungen in den Buchhandlungen, bei denen ich meine Bücher signierte. Jahrelang habe ich mich nicht gescheut, auf Tourneen und Signieranlässe in Buchhandlungen zu gehen. Das tun übrigens auch die anderen Autorinnen und Autoren.

Ausserdem war die Serie zuerst für eine junge Leserschaft gedacht. Sie wurde nur in kleiner Zahl in Spezialbuchhandlungen angeboten. Mit der Zeit merkten wir, dass viele Kinder die Figur kannten, und veranstalteten Anlässe zum Signieren. Es wurde zu einem Phänomen. Es war eher die Öffentlichkeit, die Titeuf wählte.

swissinfo: Und heute?

Z.: Ich mache immer weniger Verkaufsförderung für meine Bücher. Ich brauche keine Tourneen in Buchhandlungen mehr zu machen. Das passt auch irgendwie gar nicht mehr. Um ein Buch wirklich bekannt zu machen, sollte man jeweils mit zehn oder zwanzig Personen Gedankenaustausch pflegen und etwas Zeit mit ihnen verbringen können.

Bei meinen letzten Signierungen war das nicht mehr möglich. Ich musste sehr schnell machen, schnell zeichnen. Jetzt muss ich über andere Kanäle gehen, zum Beispiel über das Fernsehen. Das ist ein wenig frustrierend, denn plötzlich sieht man die Leute nicht mehr. Aber das ist eine Gesetzmässigkeit: Man muss plötzlich zu einem anderen System übergehen.

swissinfo: Sie haben das Rockstar-Syndrom…

Z.: Genau!

swissinfo: A propos Rockstar, Sie zeichnen für das Plakat des Jazz Festival von Montreux 2005 verantwortlich. Wird die Gruppe Zep n’Greg auch auftreten?

Z.: Wir müssten Herrn Nobs (den Festival-Manager) überzeugen können, aber ich habe da meine Zweifel!

swissinfo: Haben Sie noch Zeit zum Musikmachen?

Z.: Ja. Die Musik ist etwas Magisches, jedenfalls die Rockmusik. Wenn Sie oft mit anderen gespielt haben, auch wenn es nur für kurze Zeit war, trifft man sich wieder, nimmt die Instrumente hervor, und dann geschieht etwas. Die Regeln sind in der Musik einfacher als beim Zeichnen. Zum Zeichnen ist viel Übung nötig, es braucht mehr Zeit und ist arbeitsintensiver.

swissinfo: Eines Ihrer Bücher, ” L’enfer des concerts” (“Die Hölle der Konzerte”), ist der Welt der Rockmusik gewidmet. Kommen Sie eines Tages darauf zurück?

Z.: Vielleicht … Das ist auf jeden Fall ein Thema, das mich begeistert. Aber wenn mich etwas begeistert, heisst das noch lange nicht, dass es die Anderen ebenso sind!

Im Allgemeinen habe ich den Eindruck, als Autor noch nicht die volle Reife erlangt zu haben. Ich glaube, es wird noch anderes in meine Arbeit einfliessen. Neues, das ich noch nicht kenne. Deshalb schaue ich mit Zuversicht in die Zukunft. Ich werde vielleicht nicht immer so viel Erfolg haben wie jetzt. Aber ich bin sicher, dass ich immer etwas machen kann, das mir Freude bereitet.

swissinfo Interview: Bernard Léchot
(Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)

Zep – eigentlich Philippe Chappuis – kam am 15. Dezember 1967 in Genf zur Welt.

Den Künstlernamen gab er sich, weil er als Jugendlicher von der Gruppe Led Zeppelin begeistert war.

1983 erschien der erste Band von Titeuf, “Gott, Sex und Hosenträger” in 7000 Exemplaren.

Der 9. Band, “Das Gesetz des Schulhofs” (2002) wurde in einer Auflage von 1,4 Millionen herausgegeben.

Heute wird Titeuf in 14 Sprachen übersetzt. Seit dem letzten Herbst ist der Lausbub mit der blonden Haarstolle auch in China zu finden, und in Kürze will er den russischen Markt erobern.

Zep zeichnet nicht nur gern, er ist auch ein grosser Musikfan. Davon zeugen neben dem Künstlernamen seine umfangreiche Sammlung von Bob Dylan-Platten, seine Musikgruppe ” Zep n’Greg” und sein Comic-Band ” L’enfer des concerts”.

Zudem hat er 2001 für den französischen Musiker Jean-Jacques Goldman den Album-Cover von “Chansons pour les pieds” gezeichnet.

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