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Ausländer im Wahlkampf instrumentalisiert

Die negativen Darstellungen von Ausländern stammten zu 75% von der SVP. Keystone

Die negative Darstellung von Ausländerinnen und Ausländern hat den Schweizer Wahlkampf 2007 entscheidend geprägt. Dies besagt eine Studie der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus.

Zielscheibe waren Muslime und jugendliche Ausländer. Im Wahlkampf hätten einige Akteure die Meinungsfreiheit auch als “Freiheit zur Diffamierung” verstanden, kritisiert Kommissionspräsident Georg Kreis.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat laut einer Studie im Wahlkampf 2007 die Ausländer gezielt negativ dargestellt und instrumentalisiert.

Mit dieser rechtspopulistischen Strategie beherrschte sie trotz fehlender Fakten und heftigen Widerspruchs von Medien und anderen Parteien das Klima, wie die Autoren darlegten.

Der Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich untersuchte im Auftrag der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) die Typisierung von Ausländerinnen und Ausländern im Wahlkampf.

Herangezogen wurden sieben Tages-, vier Sonntags- und zwei Wochenzeitungen sowie die Hauptnachrichtensendungen in den drei Sprachregionen.

Dabei zeigte sich, dass drei Viertel der festgestellten negativen Darstellungen von Ausländern und Minderheitsangehörigen von der SVP stammten.

Die Partei habe die Thematisierung des “Fremden” zu einem zentralen Bestandteil ihres Wahlkampfs gemacht, in der bezahlten Wahlwerbung ebenso wie über die Resonanz in den redaktionellen Teilen der Massenmedien, stellte Patrik Ettinger vom fög fest.

Kritik in der Romandie grösser

Zielscheibe seien insbesondere Muslime und junge Ausländer gewesen. Die diskriminierenden Aussagen seien zwar in drei Vierteln der Fälle von einem breiten Feld von Akteuren in Medien und anderen Parteien korrigiert worden.

Die Kritik am negativen Bild der ausländischen Bevölkerung sei dabei in der französischen Schweiz deutlich höher gewesen. Allerdings habe man vor allem den Wahlkampfstil der SVP kritisiert. Ausländer und ethnische Minderheiten dagegen seien entweder als Täter oder Opfer von Rassismus dargestellt worden, statt dass ein differenziertes Bild geschaffen worden wäre.

Auch diese oberflächliche Ablehnung der Negativ-Stereotypen und Pauschalisierungen spreche für das erfolgreiche Event-Management der SVP im Wahlkampf.

Meinungsfreiheit als Narrenfreiheit interpretiert

Die EKR forderte Politikerinnen und Politiker auf Grund der Studienergebnisse auf, diskriminierende Typisierungen in Zukunft zu vermeiden.

Medienschaffende müssten sich der ausgrenzenden Wirkung ihrer Berichterstattung bewusst sein und darin auch geschult werden. Es gebe offensichtlich Menschen, welche in Wahlkampfzeiten die Meinungsfreiheit als Narrenfreiheit und “Freiheit zur Diffamierung” verstünden, sagte EKR-Präsident Georg Kreis.

Der Soziologe Kurt Imhof vom fög sprach vom schlimmsten Wahlkampf seit 100 Jahren mit einer extremen Personalisierung und einem “Horse-Race-Journalism” ohne Inhalte.

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EKR

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) wurde 1995 geschaffen. Sie drückt das Engagement der Landesregierung (Bundesrat) für einen Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus aus. Ihre Aufgabe ist es, jede Form von direkter oder indirekter rassenbedingter Diskriminierung zu bekämpfen. Grossen Wert legt sie auf die Prävention. Daneben fördert die EKR ein besseres Einvernehmen zwischen…

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Tendenz besteht seit 2000

Die ständige Bearbeitung der kriminellen Ausländer und des Fremden sei bereits ab dem Jahr 2000 zu beobachten und habe mittlerweile zu einer Wahrnehmungsverschiebung in der Bevölkerung geführt.

Mit Zahlen können solche Tendenzen nicht belegt werden, und trotzdem sei die persönliche Sicherheit sehr wichtig geworden. Die SVP sei dabei als Partei aufgetreten, die Probleme aufgreife.

Ein wirkliches Problem werde es allerdings geben, wenn der Populismus in Politik und Medien weitergehe, sagte Imhof und fügte an: “Wir sind doch immer irgendwie noch mit der Aufklärung verbunden.”

swissinfo und Agenturen

Die Forscher untersuchten rund 3500 Artikel und Beiträge in folgenden Medien:

“Le Temps”, “Le Matin”, “Le Matin Dimanche”, “Berner Zeitung”, “Blick”, “Neue Luzerner Zeitung”, “Neue Zürcher Zeitung”, “Tages-Anzeiger”, “NZZ am Sonntag”, “SonntagsBlick”, “SonntagsZeitung”, “Weltwoche” “Wochenzeitung” sowie die Nachrichtensendungen der Fernsehketten der SRG SSR ideé suisse und die in den Medien veröffentlichten Wahlwerbungen.

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