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Weihnachtskugeln aus dem Emmental

Eka Häberling in ihrer Werkstatt in Hirsbrunnen. swissinfo.ch

Glas war früher ein Luxusprodukt. Darum gehört die Herstellung von Weihnachtskugeln nicht zu den Schweizer Traditionen.

Auch heute stellen nur kleine Glasbläsereien ihre Weihnachtskugeln in der Schweiz her. Ein Besuch im Emmental im Kanton Bern.

Ein kleines Stöckli im tief verschneiten Emmental. Der Wind zieht kräftig um das Haus, es ist eisig kalt. Doch trotzdem ist die Wärme der Weihnachtszeit deutlich zu spüren.

Im ehemaligen Hühnerstall im Tiefparterre des Hauses nämlich lässt Eka Häberling über einer Flamme Weihnachtskugeln aus Glas entstehen. Die Flamme muss dabei eine Hitze von rund 2000 Grad haben, um das Glas auf die nötigen 1100 Grad zu bringen, bis es formbar wird.

“Wir kennen Glas als kaltes, zerbrechliches Material; für mich ist es eine Flüssigkeit, die formbar ist, die beweglich ist, die heiss ist”, sagt Häberling, die seit 1977 Glasbläserin ist. “Und das fasziniert mich noch heute am Glas.”

Herzstück Weihnachtsschmuck

Im Weiler Hirsbrunnen in der weit verzweigten Gemeinde Wynigen ist eine der wenigen Glasbläsereien der Schweiz zu Hause, die Emmentaler Glasbläserei, die Häberling hier seit 1990 betreibt. Vorher hatte sie ein eigenes Atelier in Zürich geführt.

Die Vorweihnachtszeit ist eine wichtige Zeit für die Glas-Veredelung. “Es werden zu keiner Zeit so viele Geschenke gemacht wie zu Weihnachten. Wir produzieren vor allem Geschenkartikel, darunter auch Weihnachtsschmuck”, erklärt Häberling. “Weihnachtskugeln gehören dabei zum Standardprogramm.”

Früher zu teuer

Doch die Schweiz war nie ein Land der Weihnachtskugel-Produktion. Einzig das Heimatwerk hatte früher eine grosse Auswahl an Glaskugeln angeboten. Viel beliebter und einfacher herzustellen war hingegen Keramik.

“Das hängt damit zusammen, dass man in der Schweiz den Lehm vor der Haustüre hat, was beim Glas nicht der Fall ist”, sagt Häberling.

Der zum Glasblasen nötige hochwertige Quarzsand komme nämlich meistens von der Küste. “Und das zweite Problem waren sicher die Energiekosten. Ein Drittel sind Materialkosten, zwei Drittel Energiekosten.”

Die Glasproduktion im ehemaligen Bauernland Schweiz sei daher immer nur klein gewesen, weil schlicht zu teuer. “Es hängt mit dem Geld zusammen, welches früher nur der Klerus und der Adel hatten.”

Diversifizieren

Praktisch jede und jeder der ein rundes Dutzend zählenden Glasbläser in der Schweiz stellt heute Weihnachtsschmuck her, doch die Konkurrenz aus Polen und China ist gross – und billig. Einige fertigen daher auch Bauteile für die Industrie, die nicht mit Maschinen hergestellt werden können.

So auch Eka Häberling, die neben ihren Gläsern, Vasen, Schmuck und Weihnachtsartikeln aufwändige Elektroden für Messungen herstellt und sich so etwas von den saisonalen Schwankungen ihres Geschäfts loslösen konnte.

Ausserdem bietet die Glasbläserin Kurse an, zum Teil speziell für Kinder ab fünf Jahren. “Die meisten Leute haben Freude am Glas”, ist Häberling überzeugt. Und speziell die Kinder seien fasziniert vom Glasblasen.

Doch auch wenn die Kugeln dabei nicht ganz so rund wie die aus dem Supermarkt werden, ist es doch etwas ganz anderes, selber gemachte oder von Hand hergestellte Weihnachtskugeln an den Baum zu hängen, als billig in Serie produzierte – auch wenn diese makellos sind.

swissinfo, Christian Raaflaub, Hirsbrunnen

Weihnachtskugeln aus Glas werden in der Schweiz nur von kleinen Glasbläsereien hergestellt. Eka Häberlings Emmentaler Glasbläserei stellt ca. 1000 Stück pro Jahr her, die zwischen 10 und 50 Franken kosten.

Der grösste Schweizer Anbieter, die Glasi Hergiswil, stellt die Weihnachtskugeln in ihrem Betrieb im italienischen Kalabrien her, der Heimat des Besitzers und Auslandschweizers Roberto Niederer, der die Glasi 1975 vor der Schliessung bewahrte. Sie stellt jährlich zwischen 80’000 und 100’000 Stück im Bereich zwischen 6 und 58 Franken her.

Die kleinen Glasbläser haben sich heute neben den Weihnachtsartikeln auf Nischenprodukte spezialisiert, wie etwa personalisierte Artikel, Glaskunst oder aufwändige Bauteile für die Industrie.

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