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Wie die Königin von Bhutan ins Wallis kam

Das Jahr der Berge brachte sie ins Wallis: Königin Ashi Tshering Pem Wangchuck mit Kindern und Staatsratspräsident Thomas Burgener. Keystone

Geht alles wie geplant, dann wird im Sommer 2003 ein von bhutanesischen Spezialisten gebauter Hängelaufsteg über den Illgraben im Wallis führen.

Im Jahr der Berge lancierte der Kanton Wallis ein Rahmenprogramm mit Bhutan.

“Zuerst wurde ein Verein gegründet, wie das in der Schweiz so üblich ist”, lächelt Jörg Wyder, der Präsident des Vereins Berge 2002.

Denn für das Jahr der Berge hatte der Kanton Wallis beschlossen, mit Bhutan – dem Bergland im Himalaya – ein Projekt zu verwirklichen und Erfahrungen auszutauschen. Ein Projekt, welches der Verein massgeblich begleitete.

Partnerschaft Wallis-Bhutan

Der Austausch mit Bhutan war ein Teil des geplanten dichten Netzwerkes, das im Jahr der Berge zwischen den Bergländern geknüpft wurde. Der Bergkanton Wallis förderte diesen Gedanken und unterstützte verschiedene Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Thema Berge.

Das reichte vom wissenschaftlichen internationalen Kolloquium in Sion zum Thema Wasser und Berge bis zur elektronischen Plattform für Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen Bergregionen der Welt.

Wallis und Bhutan: Die Partnerschaft zwischen Alpen und Himalaya nun mit einer Brücke symbolisiert werden.

Fachleute aus dem Bhutan bauen die für das Himalaya-Königreich typische Hängebrücke über den Illgraben im Pfynwald, dem geschützten Wald, der das französischsprachige Wallis vom deutschsprachigen Kantonsteil trennt.

Die Pläne für das Bauwerk werden in Bhutan erstellt. Die Bauleitung werden Bhutanesen übernehmen. Kurz: Das Know-how kommt aus Bhutan, das Material aus der Schweiz.

Tourismus und Waldwirtschaft

Darf der Kanton Wallis überhaupt eine Partnerschaft mit einem ausländischen Staat eingehen? Ist Aussenpolitik nicht Sache des Bundes? “Er darf”, sagt Jörg Wyder, “allerdings müssen die Kontakte über das Aussenministerium laufen.”

Und warum hat denn der Kanton Wallis ausgerechnet Bhutan als Partner ausgewählt? “Das Land hat eine Grösse (47’000 qkm), so dass die Schweiz, respektive der Kanton Wallis, etwas bewirken kann”, sagt Wyder.

Walliser Fachleute waren in Bhutan. Zusammengearbeitet wird vor allem in den Bereichen nachhaltiger Tourismus und Waldwirtschaft. Der Kanton Wallis wird junge bhutanesische Fachleute an den kantonalen Fachschulen ausbilden. Damit die Umsetzung auch klappt, wurde ein Vertrag über einen längeren Zeitraum abgeschlossen.

Fehler vermeiden

Ist die Schweiz denn der richtige Partner für Bhutan, wenn es um einen umweltgerechten, nachhaltigen Tourismus geht? Kann die Schweiz für Bhutan ein Vorbild abgeben?

Der Verein Berge 2002-Präsident Jörg Wyder meint, dass Bhutan vom weltweiten Tourismus sehr stark unter Druck gerate. “Es darf ja auch darum gehen, dass die Schweiz aufzeigt, wie man Fehler, die bei uns passiert sind, vermeidet.” Auch das sei wichtig.

Die Schweiz habe es beispielsweise nicht geschafft, dass die Bevölkerung im jeweiligen Tourismusgebiet auch für den Fremdenverkehr produzieren kann und so ein Auskommen findet.

“Käse für das Berner Oberland wird eben nicht mehr im Berner Oberland – in regionalen Käsereien – hergestellt, sondern im Zentrum Bern. Die Käsereien ‘vor Ort’ müssen gar schliessen”, so Wyder. Damit würden die Arbeitsplätze in den Tourismusregionen verloren gehen.

“Das kann die Schweiz aufzeigen und so mithelfen, dass in Bhutan Gegensteuer gegeben wird. Dass nicht internationale Firmen und Hotelkonzerne den Tourismus im Himalaya-Land übernehmen und den Gewinn ins Ausland abführen.”

Hängebrücke wird 2003 eröffnet

Das grosse Ereignis in der Zusammenarbeit Wallis-Bhutan – aus Schweizer Sicht – wird allerdings erst im Jahr des Wassers stattfinden. Wenn alles gut geht, kann die bhutanesische Hängebrücke über die Walliser Wasser im Illgraben im Sommer 2003 eingeweiht werden.

Die Brücke ist Teil eines neuen Wanderweg-Netzes quer durch den Pfynwald. Sie überquert übrigens einen der attraktivsten Wildbäche der Schweiz.

Alle kennen nun Bhutan

Etienne Maunir, Leuker Regionssekretär und Leiter des Projekts “Bhutan-Brücke”, sagte gegenüber swissinfo, dass alles nach Plan gelaufen sei – bis die Herbstunwetter auch das Wallis heimsuchten. “Wir müssen den Standort der Brücke leicht verschieben, und nun müssen die Kantonsbehörden den neuen Plan wieder genehmigen.”

Er erwarte in Kürze den positiven Entscheid. Der Baubeginn sei nun Anfang 2003. “Statt im Jahr der Berge nun halt im Jahr des Wassers”, sagt Maunir. Auch das Geld, die rund 400’000 Franken, habe man beisammen.

Etienne Maunir ist zudem positiv überrascht, was das Projekt bei der einheimischen Bevölkerung ausgelöst hat. Einer Bevölkerung, die der Sache lange skeptisch gegenüber stand. Selbst der WWF Wallis zweifelte die Notwendigkeit der Brücke an.

Für Maunir hat die Hängebrücke aber auch einen grossen symbolischen Wert. “Es ist schon verrückt, welches Interesse das Königreich Bhutan bei uns plötzlich erhalten hat. Bis vor kurzem wusste doch fast niemand, dass es dieses Land gibt. Jetzt kennen hier alle Bhutan.”

Die Königin war da

Da mag auch der private Besuch der Königin von Bhutan im Juni eine grosse Rolle gespielt haben. Ihre Majestät Ashi Tshering Pem Wangchuck wurde mit allen Ehren empfangen, und auch sie sei sehr erfreut gewesen über die 122 Meter lange Hängebrücke, welche ihre Spezialisten 40 Meter über dem Illgraben erstellen.

Die Königin reiste anlässlich des Jahres der Berge ins Wallis. Über alle Grenzen, alle kulturellen und religiösen Unterschiede hinweg habe man das Gemeinsame der beiden Bergvölker hervorgehoben, sagte der Walliser Staatsrats-Präsident Burgener beim Empfang im Schloss Mercier.

Doch auch die beiden mitgereisten Prinzessinnen hätten es den Wallisern angetan, meinte ein nicht genannt sein wollender Anwesender.

swissinfo, Urs Maurer

Weltweit machen die Berggebiete 26% der Landfläche aus.
Rund 12% der Erdbevölkerung leben in Berggebieten.
Die Schweiz liefert dem Ausland über ihre Flüsse 1700 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
Das sind 1,7 Mio. Flaschen Mineralwasser pro Sekunde.
In Seen, Gletschern und im Grundwasser lagern weitere 360 Mrd. Kubikmeter Wasser.

Die zuständigen Stellen des Bundes setzten sich folgende Ziele für das Jahr der Berge:

– Die Bevölkerung im Unterland für eine nachhaltige Berggebiets-Entwicklung sensibilisieren.
– Die Solidarität zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung stärken.
– Konkrete mittel- und längerfristige Projekte, die zu einer exemplarischen Entwicklung im Berggebiet anstossen.
– Die Handlungs-Bereitschaft der privaten und öffentlichen Akteure zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung des Berggebietes im In- und Ausland erhöhen.

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