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Presseschau vom 14.05.2003

Die blutigen Anschläge auf eine Wohnsiedlung in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad beherrschen heute die Frontseiten der Schweizer Zeitungen.

Das Terror-Netzwerk Al-Kaida scheint sich mit brutaler Konsequenz zurück zu melden.

«Beklemmendes Comeback», titelt der Berner BUND. Die minuziös geplanten Anschläge trügen ohne Zweifel die Handschrift von Osama Bin Ladens Terrorgruppe. Trotz Warnungen und erhöhter Sicherheitsvorkehrungen in Riad hätte die Al-Kaida genau zum Zeitpunkt der eigentlich höchsten Wachsamkeit zugeschlagen: Kurz vor dem Besuch Colin Powells.

«Eindrücklicher und beklemmender hätte Al-Kaida nicht unter Beweis stellen können, dass sie nichts oder wenig von ihrer Schlagkraft eingebüsst hat.»

Die NEUE LUZERNER ZEITUNG doppelt nach:

«Obwohl seit Wochen verfolgt, ist es den Terroristen gelungen, trotz höchster Sicherheitsmassnahmen vor dem Besuch von US-Aussenminister Colin Powell in der saudischen Hauptstadt äusserst gezielt und wirkungsvoll zuzuschlagen.»

«Das Timing des Terrors war perfekt», meint der BLICK. Die Al-Kaida würde langfristig planen – «oft ein, zwei oder mehr Jahre bis zum grossen Schlag». Daher befürchtet das Boulevardblatt:

«Der ganz grosse spektakuläre Anschlag könnte darüber hinaus schon längst in Vorbereitung sein.»

Keine Sicherheit

Für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG haben die Terroristen das westliche Luxus-Wohnviertel als Ziel genommen, weil kaum noch US-Truppen im Land stationiert sind.

«Mit ihren Anschlägen demonstrierten nun die Militanten, dass die Einfriedung keine Sicherheit für die zivilen Ausländer garantiert.»

Die BERNER ZEITUNG ortet einen der Gründe für den islamistischen Terrorismus im Spagat, den das saudische Königshaus vollführt.

«Es versucht bis zum heutigen Tag, sich sowohl als Hüter des ‹reinen› Glaubens zu profilieren wie auch als Garant für die technische Moderne und die Offenheit gegenüber dem Westen.»

Was einer Quadratur des Zirkels gleichkomme.

Die Al-Kaida sei zurück, meint die Westschweizer LE TEMPS.

«Ils viennent donc rappeler à George Bush que la ‹croisade› de ses troupes à Bagdad n’a rien réglé; bien au contraire.»

Der Kreuzzug von George Bush nach Bagdad habe nichts gelöst – im Gegenteil.

Nicht nur militärisch bekämpfen

«Falsches Rezept gegen Terror», titelt die AARGAUER ZEITUNG ihren Kommentar. Die Erfolge, welche die US-Regierung in ihren Kampf gegen den Terrorismus vorzuweisen habe, seien «mehr als bescheiden». Noch immer könne die Al-Kaida zuschlagen, wo sie wolle. Sei es in Bali, Kenia oder Saudi-Arabien.

«Überraschend ist das keineswegs, wurde dieser Kampf bislang mit ausschliesslich militärischen Mitteln geführt. Doch das ist das falsche Rezept: Mit Panzern und Cruise Missiles allein ist dem Terrorismus eben nicht beizukommen.»

Der TAGES ANZEIGER schliesst aus den Anschlägen, dass sich die lasche Haltung der USA gegenüber Saudi-Arabien nun gerächt habe.

«Während der Präsident andere Staaten der Region unmissverständlich aufforderte, ‹mit uns oder gegen uns› zu sein, schonte er das Königshaus in Riad offensichtlich.»

Druck wächst

Dies könnte sich nun bald ändern, meint auch die BASLER ZEITUNG:

«In Washington, wo die saudische Wüstenmonarchie seit dem 11. September 2001 wegen angeblich zu grosser Nachsicht gegenüber Extremisten und Terroristen teils heftig kritisiert wird, dürfte der Ruf lauter werden, Riad nun verstärkt unter Druck zu setzen.»

Und der BUND schliesst: «Riad dürfte sehr ungemütlichen Zeiten entgegensehen.»

swissinfo, Christian Raaflaub

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