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Amgen: Zu viele Hürden in der Schweiz

Amgen geht nicht ins Grosse Moos bei Galmiz, sondern nach Cork in Irland. Keystone

Die Schweiz muss es ausländischen Firmen erleichtern, sich hier niederzulassen, sagt Stéphane Garelli von der Universität Lausanne.

Die Schweiz könne von Irland lernen. Dort verhandelte der US-Pharmakonzern Amgen über eine einzige Anlaufstelle mit den Behörden.

Die Schweiz war bei Amgen auch im Gespräch, als es darum ging, eine 1,55 Mrd. Franken teure neue Biotech-Produktionsstätte zu bauen. Amgen schaute sich den Standort Galmiz im Kanton Freiburg an. Eilig zonten die Behörden ein Landwirtschaftsgebiet in Bauland um.

Umweltschutzkreise bekämpften diese Umzonung. Im März 2004 demonstrierten 2000 Personen vor Ort und es kündigte sich Widerstand gegen das Bauprojekt an. Nun geht Amgen nach Irland.

swissinfo: Warum verlor die Schweiz das Rennen gegen Irland?

Stéphane Garelli: Irland hat dem Konzern ein Gesamtpakt angeboten und dazu eine problemloses Verfahren, um die Fabrik aufzustellen.

Die irische Wirtschaftsförderung verfügt mit der Industrial Development Agency über eine Agentur, welche die Gesellschaften umfassend über Gesetze und Regulative berät.

In Irland kann eine Firma also mit einem Ansprechpartner verhandeln. In der Schweiz muss mit 20 verschiedenen Stellen verhandelt werden und auch danach weiss niemand so recht, was Sache ist.

Amgen liess den Standort Schweiz wohl deshalb fallen: Zu komplizierte Entscheidungswege und dazu die angekündigte Opposition gegen das Projekt.

swissinfo: Allerdings haben sich ja zahlreiche ausländische Unternehmen in der Schweiz nieder gelassen.

S.G.: Es ist ziemlich problemlos eine Holding oder eine Firmenzentrale in die Schweiz zu verlegen. Amgen hat ja sein internationales Hauptquartier in Zug. Hier aber ging es um eine Produktionsstätte. Das ist eine ganz andere Geschichte.

Aus dem Fall Amgen darf jetzt nicht der Schluss gezogen werden, in der Schweiz laufe alles falsch. Es gibt viele Vorteile hier: niedrige Steuern oder die Rechtssicherheit. Für internationale Unternehmen wichtige Dinge.

Die Schweiz hat da gute Karten. Zu hoffen ist, dass wir aus “Amgen” die Lehren ziehen um in Zukunft stärker auftreten zu können.

swissinfo: Was muss denn die Schweiz tun, um attraktiver zu werden?

S.G.: Die Schweiz muss, wie Irland, einen einzigen Ansprechpartner bieten, der im Auftrag der Behörden verhandeln kann und wo Firmen sämtliche Unterstützung erhalten.

Eine Firma aus Kalifornien hat es schwer, sich in den Bestimmungen von Bund, Kantonen und Gemeinden zurecht zu finden. Ein Unternehmen in der Schweiz weiss eher, wie es sich zu verhalten hat und kann dafür mehr Geduld aufbringen.

Nur, Zeit ist eben Geld. Amgen hätte in der Schweiz viel Zeit gebraucht um alle Hürden zu überwinden. Es überrascht deshalb nicht, dass sie die Geduld verloren haben.

swissinfo: Wurden bereits Schritte unternommen, um diesem Problem zu begegnen?

S.G.: Die Bundesbehörden versuchen die Dinge zu vereinfachen und zur Anlaufstelle für Investoren zu werden. Das Staatssekretariat für Wirtschaft ging mit “Standort Schweiz” so weit, wie es gehen konnte. Doch kann es nicht einen Kanton bevorzugen, sonst würde es sich dem Vorwurf der Einseitigkeit aussetzen.

Die Kantone konkurrieren untereinander und haben alle ihre eigenen Gesetzgebungen. Dabei arbeiten einige Kantone zusammen, um Investoren anzuziehen. Zum Beispiel die Westschweizer Kantone Waadt, Wallis Neuenburg und Jura. Doch bestehen in der Schweiz noch zahlreiche Hürden.

swissinfo: Aber offensichtlich ist es für kleine Gruppierungen auch einfach, Sand ins Getriebe zu streuen?

S.G: Die direkte Demokratie erlaubt es Organisationen und Umweltverbänden, Planungen und Vorhaben zu blockieren. Sie können dagegen Unterschriften für eine Abstimmung sammeln.

Wenn eine Gesellschaft eine grosse Investition in der Schweiz plant, und dafür 18 Monate veranschlagt, dann kann in der Schweiz niemand diesen Zeitpunkt garantieren.

swissinfo-Interview: Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Letzten November verabschiedete das Parlament einen Kredit für die nächsten zwei Jahre in der Höhe von 9,8 Mio. Franken zugunsten der Ansiedlung von ausländischen Investoren in der Schweiz.

1996 war “Standort Schweiz”, angegliedert an das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), gegründet worden, um ausländische Unternehmen zu beraten, die in der Schweiz tätig werden wollen.

Der Kredit ist bis 2008 limitiert. Dann soll die Regierung die verschiedenen staatlich kontrollierten Organisationen zur Promotion der Schweiz im Ausland restrukturieren und unter ein Dach bringen.

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