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Unsere Leseempfehlung der Woche

Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland

Als ich ein Kind war, standen Bally-Schuhe für Qualität. Allerdings ging es mit der Schweizer Kult-Marke in den letzten Jahrzehnten steil bergab. Aber lesen Sie selbst.

Liebe Grüsse aus Bern

Fabrik
Die Fabrik im Jahr 1868. Das Gebäude wurde 1959 abgerissen, um Platz für die Herrenschuhfabrik zu schaffen. ballyana archive

Schweizer Schuhhersteller Bally hält Schritt mit der Zeit
Vor fast 200 Jahren lebten die Bewohner eines Dorfes in der Nordschweiz im Rhythmus einer Fabriksirene. Der Familienbetrieb Bally steht mit seiner Geschichte exemplarisch für Entwicklungen in der Schweizer Gesellschaft. Eine Ausstellung im Museum “Ballyana” erzählt die Geschichte der Fabrik anhand des umfangreichen Foto-Archivs.

von Helen James

Die ursprüngliche Bally-Fabrik produzierte Bänder, Hosenträger für Herren und andere elastische Produkte. Peter Bally-Herzog hatte die Firma im nordschweizerischen Dorf Schönenwerd übernommen. Nach dem Tod von Bally-Herzog im Jahr 1849 übernahmen zwei Jahre später die Söhne Carl Franz und Fritz die Firma.

Ein Familienunternehmen setzt auf Industrialisierung

Carl Franz hatte für das Unternehmen eine Vision: funktionale, modische Schuhe zu produzieren. Die industrielle Revolution beschleunigte die Fertigung, so dass er bis ins 20. Jahrhundert Tausende von Arbeitern beschäftigte. Während das Unternehmen stetig wuchs, vergrösserten sich auch die Einrichtungen für seine Mitarbeiter. Bally erweiterte seine Fabrik und schuf nahe gelegene Wohnräume für die Menschen, die dort arbeiteten.


Eine Aufnahme kurz nach Fertigstellung der Pfahlbauten im Bally Park. Die Hütten sollten Erholung und Naturgenuss bieten, aber auch der Bildung und dem Kunsterlebnis dienen.  (ca. 1890)

Im Jahr 1900 wurde für die Mitarbeiter von Bally im Dorf eine Unterkunft gebaut. C.F. Bally überwachte das Bau-Projekt höchstpersönlich.


Ein Teil der Bally-Fabrik, wo Sohlen für Herrenlederschuhe in Form gepresst wurden. (1914)


Die Lederstücke werden mit einem langlebigen und starken Garn zusammengenäht, um den oberen Teil des Schuhs zu bilden. (1900)

Zusammen mit seiner Frau eröffnete Carl Franz eine Mädchenschule, einen Kindergarten, ein Altersheim und ein öffentliches Schwimmbad an der nahe gelegenen Aare. Er baute Häuser für Arbeiter und verwandelte ein Hochwassergebiet der Aare in einen ruhigen öffentlichen Park. Mit der Nutzung von Dampfmaschinen und Wasserkraft wurden bis zur Jahrhundertwende neue Energiequellen erschlossen, welche die Produktion des Unternehmens beschleunigten und den Weg in den Weltmarkt ebneten.

Von funktional zu modisch

Carl Franz’ Enkel Max Bally hatte ein ausgeprägtes Gespür für Mode und achtete auf eine qualitativ hochwertige Produktion. Seine Entwürfe prägten fast 70 Jahre lang den charakteristischen Look der Bally-SchuheExterner Link. Er besuchte Modeschauen und entwarf neue Modelle, inspiriert von Schaufenstern, Menschen auf der Strasse und Materialinnovationen, die er auf Reisen entdeckte.


Grosse Veränderungen

Nach dem Tod von Max Bally 1976 befand sich das Unternehmen in einer Krise. Es fehlte eine klare Vision. Die Firma spürte zudem den Druck des zunehmenden Wettbewerbs aus dem Ausland, des Preisverfalls und der Abschaffung des Schutzzolls, der darauf abzielte, dass importierte Waren mehr kosten sollten als im Inland hergestellte Ersatzwaren.

Bally wurde 1977 an den Schweizer Unternehmer und Bankier Werner K. Rey verkauft. Rey verkaufte später seine Beteiligung an dem Unternehmen an das Schweizer Werkzeugmaschinenwerk Oerlikon-Bührle. Bally hatte sich im Laufe der Jahre in der Schweiz als “Nationalschatz” etabliert und der Verkauf des Unternehmens an Hände ausserhalb der Familie Bally wurde landesweit als grosser Verlust angesehen.

Veränderungen in der Unternehmensführung und -organisation sowie die fehlende Markenidentifizierung führten dazu, dass Bally nicht mehr auf einem festen Fundament stand. Bally musste sich neu erfinden, aber die Kunden konnten nicht mehr eindeutig erkennen, wofür das Unternehmen stand. Von der einst blühenden Schweizer Schuhindustrie blieb danach nicht mehr viel übrig.

Seit 2018 hat das Unternehmen mehrmals den Besitzer gewechselt. Es befindet sich derzeit im Besitz der chinesischen Textilgruppe Shandong Ruyi. Der Kaufpreis wurde auf 700 Millionen US-Dollar (697 Millionen CHF) geschätzt.

Ein Spaziergang durch den Bally Park ist immer noch möglich, das ganze Jahr über.

Zwischen 1851 und 2000 produzierten die Fabriken von Bally rund 150 Millionen Paar Schuhe. Die lange Geschichte dieses Schweizer Unternehmens wurde auf Fotos festgehalten, die im Ballyana-MuseumExterner Link gezeigt werden. Das Archiv wurde angelegt, um das Erbe der Industriegeschichte der Region, vor allem aber der Schuhfabriken von Bally, zu bewahren. Es sammelt Erinnerungsstücke und bewahrt Dokumente und Objekte aus der Vergangenheit auf.

swissinfo.ch

Und noch zur Erinnerung: Am 20. Oktober wählen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ihr neues Parlament. Ihre Stimme ist schon hart umkämpft. 

Dabei geht es um die 200 Volksvertreterinnen und -vertreter im Nationalrat und die 46 Mitglieder des Ständerats (Genau genommen sind es deren 45: Der Kanton Appenzell Innerrhoden wählte seinen Standesvertreter bereits an der Landsgemeinde vom 28. April 2019).

Favoriten sind die Grünen, die Sozialdemokraten und die Grünliberalen – sie waren die Gewinner der letzten kantonalen Wahlen. Die Schweizerische Volkspartei dagegen, landesweit die stärkste Partei, musste auf Kantonsebene stark Federn lassen.


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