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Älteste Schweizer Direktdemokratie macht den Schritt ins Web

Haus mit zwei Flaggen an zwei Fenstern
Die Flaggen von Glarus (links) und Appenzell Innerrhoden: Es sind die einzigen beiden Kantone der Schweiz, in denen noch eine Landsgemeinde stattfindet. Die Leute an den Fenstern blicken am Tag der Landsgemeinde 2016 auf den Landsgemeindeplatz. © Keystone / Gian Ehrenzeller

Der erste Akt der Eidgenössischen Wahlen 2019 findet per Handzeichen statt und wird live gestreamt. Zum ersten Mal wird die Landsgemeinde von Appenzell Innerrhoden – die Versammlung der Stimmberechtigten des Kantons unter freiem Himmel – am Sonntag direkt im Internet übertragen. Unter den Entscheiden ist auch die Wahl eines neuen Kantonsvertreters in der kleinen Kammer des Eidgenössischen Parlaments.

Die technologische Innovation wird die feierliche und traditionelle Appenzeller LandsgemeindeExterner Link sicher nicht beeinträchtigen. Ermutigt durch das Beispiel von Glarus, dem einzigen anderen Schweizer Kanton, in dem noch eine Landsgemeinde existiert, entschied sich die Standeskommission – so heisst die Kantonsregierung in Appenzell Innerrhoden – zu diesem Schritt.

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Die Appenzeller Regierung bleibt aber sehr vorsichtig: Der Livestream vom 28. April sein ein “Pilotversuch”, liess sie in einer Mitteilung wissenExterner Link. Die Idee der Regierung ist, dass Bürgerinnen und Bürger, die nicht an der Versammlung teilnehmen können, diese live auf der Website des Kantons verfolgenExterner Link können.

Die Standeskommission will zudem ein weiteres Pilotprojekt weiterführen, das sie letztes Jahr eingeführt hat: die Simultanübersetzung in die Gebärdensprache für Gehörlose und Schwerhörige. In diesem Zusammenhang brachte die Appenzeller Exekutive ihre Enttäuschung über die geringe Nutzung im vergangenen Jahr diplomatisch zum Ausdruck: “Die Standeskommission hofft dabei, dass das Angebot stärker genutzt wird als beim letzten Mal”, schreibt sie in der MitteilungExterner Link.

Erste nationale Parlamentswahl

An der Landsgemeinde erwartet das Stimmvolk eine randvolle Agenda. Neben diversen Vorlagen ist es auch dazu aufgerufen, zwei neue Mitglieder der Kantonsregierung und einen neuen Ständerat zu wählen, der den Kanton Appenzell Innerrhoden im Ständerat (Kantonskammer) in Bern vertreten wird. Dafür kandidieren bisher zwei Männer.

Der Kanton verfügt mit seinen etwas weniger als 12’000 Stimmberechtigten über das kleinste Elektorat des Landes. Auch die Wahl in den Ständerat bleibt in den Händen der Landsgemeinde, die traditionell am letzten Sonntag im April stattfindet.

Deshalb wird der Ständerat des Kantons Appenzell Innerrhoden vor allen anderen Kantonsvertretern gewählt. Alle anderen Kantone organisieren unterdessen die Wahl ihrer Ständeräte gleichzeitig mit der Wahl der Nationalräte, den Abgeordneten der grossen Parlamentskammer. Die Eidgenössischen Wahlen finden alle vier Jahre statt. Das nächste Mal am 20. Oktober.

Überraschende Konkurrenz

Konkret geht es darum, die Nachfolge des zurücktretenden Ivo Bischofberger (Christlichdemokratische Volkspartei, CVP) zu bestimmen. Aussichtsreicher Kandidat ist der als Landammann (Regierungspräsident) zurücktretende Daniel Fässler (ebenfalls CVP), der seit 2012 auch im Nationalrat sitzt.

Er hat allerdings einen starken Gegner: Parteikollege Thomas Rechsteiner. Dieser wurde drei Wochen vor der Landsgemeinde per Inserat von der Gruppierung “Bürger mit Weitsicht” als Herausforderer lanciert. Er behauptet, nicht zu wissen, wer hinter der Gruppe steckt, weist jedoch darauf hin, dass er die Wahl akzeptieren würde.

Eine Eigenart des Halbkantons ist, dass Kandidierende nicht lange im Voraus nominiert werden, sondern auch direkt an der Landsgemeinde aufgerufen werden können.

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