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Die SVP hat solidere Wurzeln als die FPÖ

Blocher und Haider - zwei Hardliner, die am parlamentarischen System scheiterten. Keystone

Ähnlich wie die Schweizerische Volkspartei SVP hat die FPÖ, die Freiheitliche Partei Österrreichs, einen fulminanten Aufstieg erlebt, brach dann aber auseinander. Die FPÖ war eine Zeiterscheinung, die SVP ist Tradition, sagen Politologen.

Neben ideologischen Ähnlichkeiten wie Fremdenfeindlichkeit und Europaskeptizismus sind beide Parteien auf einen starken Mann – Christoph Blocher respektive Jörg Haider – fixiert, so die Politologen Regula Stämpfli und Georg Lutz.

Die Dominanzansprüche des starken Mannes gegen jeden Widerspruch führten in Österreich schon früh, in der Schweiz erst jetzt zu einer Spaltung der Partei, sagt Stämpfli.

“Ähnlich ist auch das Scheitern der beiden Männer und ihrer Radikalität am parlamentarischen System: Irgendwann wurde Haider die rote Karte gezeigt. Christoph Blocher erlebte dies völlig unvorbereitet im Dezember 2007.”

SVP ist historisch verankert

Die SVP sei historisch im Parteiensystem besser verankert als die FPÖ, sagt der Politologe Andreas Ladner vom Lausanner Hochschulinstitut für öffentliche Verwaltung (IDHEAP).

Im Unterschied zur FPÖ, die aus der rechtsextremen Ecke kam und bis 1999 meist in der Opposition stand, habe die SVP seit der Zwischenkriegszeit Regierungsverantwortung getragen und eine solide Personaldecke aufbauen können.

Gemäss Martin Dolezal, Politologe an der Universität München, hatte die FPÖ dagegen bei Eintritt in die Koalitionsregierung mit der ÖVP 1999 Mühe, die Ministerposten mit geeigneten Personen zu besetzen.

“SVP ist Tradition”

Während sich die FPÖ stark auf fremdenfeindlichen Populismus konzentrierte, hatte die SVP immer eine breitere Themen-Palette, wie Lutz und Stämpfli sagen. Und während andere rechte Parteien in Europa mit dem demokratischen System bisweilen Mühe bekunden, hat die SVP dieses System immer hoch gehalten, so Ladner.

“Die FPÖ war eine Zeiterscheinung, die SVP ist Tradition und schon seit Jahrzehnten ein Stück Schweiz”, urteilt Stämpfli. “Deshalb wird auch der Fall nie so dramatisch sein wie bei der FPÖ, die von 27% 1999 auf 6% im Jahr 2004 gesunken ist.”

Muss die SVP das gleiche Schicksal fürchten?

Die innerparteilichen Differenzen führten bei der FPÖ 2005 zum Bruch: Haider und die Regierungsmitglieder verliessen die Partei und gründeten das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Dieses tritt laut Dolezal etwas gemässigter auf als die Rest-FPÖ, die unter Obmann Heinz-Christian Strache einen scharf ausländerfeindlichen Kurs steuert.

Während bei den österreichischen Nationalratswahlen 2006 die BZÖ nur knapp die 4-Prozent-Hürde übersprang, kam die FPÖ auf 11%. Diese habe mit ihrem Oppositionskurs die Abspaltung recht gut verkraftet, sagt Dolezal.

Trotz soliderer Verankerung tue die SVP aber gut daran, das Schicksal von FPÖ/BZÖ gut zu studieren, erklärt Stämpfli. “Der letzte Abstimmungssonntag hat eines gezeigt: Die Schweiz stimmt für den Status Quo. Sie honoriert Radikalität nicht. Revolutionen per Stimm- und Wahlzettel sind in der Schweiz selten.”

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SVP

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweizerische Volkspartei (SVP) entstand 1971 aus der Fusion der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) mit den Demokratischen Parteien der Kantone Glarus und Graubünden. In den 1990er-Jahren legte die SVP stark zu und wurde 1999 zur wählerstärksten Partei im Parlament. Sie politisiert klar auf der rechten Seite des politischen Spektrums: Weniger Staat, eingeschränkte Zusammenarbeit mit…

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Verlust des Sieger-Images

Lutz weist darauf hin, dass die SVP in den letzten Jahren stark vom Sieger-Image lebte. Der Erfolg gab ihr bei allen Kampagnen immer recht, so der Politologe.

Seit der Abwahl von Bundesrat Christoph Blocher Ende 2007 werde die SVP jedoch von Niederlagen gebeutelt. “Der Bruch ihrer Erfolgskurve stellt die Partei vor unabsehbare Probleme”, sagt Lutz. Gerate sie in eine negative Dynamik, könnte dies den Selbstzerfleischungs-Prozess fördern.

swissinfo und Howard Dubois (sda)

Die 1956 gegründete FPÖ hat ihre Wurzeln teils in Altnazi- und deutschnationalen Kreisen, teils im Protestwählermilieu des “dritten Lagers” neben der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und Österreichs Volkspartei (ÖVP).

Nachdem Jörg Haider 1986 die Führung übernommen hatte, gewann die FPÖ mit einem populistischen, ausländerfeindlichen und europakritischen Kurs neue Wählerschichten, unter anderem bei Modernisierungs-Verlierern in der Arbeiterschaft.

1999 wurde die FPÖ bei den Nationalratswahlen mit fast 27% zweitstärkste Partei und trat in eine Koalition mit der ÖVP unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein. Für diese Regierungsbeteiligung der Rechtsextremen wurde Österreich mit EU-Sanktionen bestraft.

Die Regierungsarbeit vertiefte die Spaltung zwischen Gemässigten und Hardlinern, was 2002 zum Rücktritt von zwei Regierungsmitgliedern führte.

Da die Partei in der Regierung ihre populistischen Wahlversprechen kaum einlösen konnte, liefen ihr die Wähler scharenweise davon.

Im April 2005 traten der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, Parteipräsidentin Ursula Haubner und die Regierungsmitglieder aus der Partei aus und gründeten das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ).

Die FPÖ orientiert sich teilweise an den Kampagnen und Aktionsformen der SVP.

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