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Landminen bedrohen den Wiederaufbau im Irak

Laut Experten könnte es Jahre dauern, bis Irak von Minen befreit ist. Keystone

Laut humanitären Organisationen wird es bis zu zehn Jahre dauern, bis der Irak von den Millionen von Landminen und unexplodierter Munition gesäubert ist.

Diese könnten den Wiederaufbau des zerstörten Landes erheblich verzögern.

«Oft müssen zuerst die Minen geräumt werden, bevor humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und Entwicklung in Angriff genommen werden können», erklärt Ian Mansfield, der operative Leiter der staatlich unterstützten Minenräum-Organisation «Geneva International Centre for Humanitarian Demining».

«Wenn wir nur von dem ausgehen, was im Irak vor dem gegenwärtigen Konflikt vorhanden war, müssen wir für die Räumung mit Jahren rechnen», so Mansfield gegenüber swissinfo.

Langsamer Prozess

Eines der Haupthindernisse auf dem Weg zur sofortigen Räumungsoperation sind laut Mansfield die fehlenden Informationen darüber, wo und wie Munition eingesetzt wurde.

Ausserdem sei die Suche nach Minen ein mühsamer Prozess. Dazu Mansfield: «Wenn wir nicht wissen, was geschehen ist und wer was getan hat, ist das sehr schwierig.»

Minenräumung sei ein langsamer Prozess, besonders wenn die Minen rund um Dörfer und Strassen sowie in der Nähe von Wasser-Bezugsstellen vergraben seien.

«Man muss buchstäblich jeden Zentimeter Boden mit einem Metalldetektor, einem Hund oder einer Maschine absuchen, um die Minen zu finden und zu zerstören», so Mansfield.

Ein altes Problem

Die Nichtregierungs-Organisation (NGO) Human Rights Watch schätzt, dass im Irak Millionen von Minen liegen. Wie viele es wirklich sind, sei aber unmöglich zu sagen. Wegen des Kriegs mit dem Iran in den 80er-Jahren und dem Golfkrieg von 1991 wurde das Land lange vor dem gegenwärtigen Konflikt mit Landminen übersät.

«Ich war auf der iranischen Seite der Grenze und sah dort meilenweit Schützengräben, Stacheldraht und Landminen, die aus dem Boden hervorragten. Auf der irakischen Seite ist es sicher nicht anders», ist Mansfield überzeugt.

Und: «Im Golfkrieg von 1991 wurden Minen im Kurdengebiet im Norden des Landes gelegt: Es gab also schon damals ein schwerwiegendes Landminenproblem im Irak.»

Streubomben

Laut Human Rights Watch sind die Landminen nicht das einzige Problem für die Räumungsexperten im Irak. Die NGO beschuldigte vor kurzem die USA des Einsatzes von so genannten «Streubomben» («cluster bombs»), die sehr oft erst zu einem späteren Zeitpunkt explodieren.

«Streubomben sind ein Problem, weil sie in grossen Mengen abgeworfen werden», erklärt Mansfield. «Die Behälter können sechs bis siebenhundert Streubomben enthalten. Sie sind ziemlich klein und deshalb schlecht sichtbar, obwohl sie auf der Oberfläche liegen bleiben.»

«Die USA sollten solche Waffen nicht einsetzen», sagt Steve Goose, Direktor bei Human Rights Watch. «Die irakische Zivilbevölkerung wird noch jahrelang mit ihrem Leben bezahlen müssen.»

Das US-Zentralkommando hatte Anfang April eingestanden, dass im Irak-Krieg Streubomben verwendet wurden.

Kontroverse in dr Schweiz

In der Schweiz geriet der staatliche Rüstungshersteller Ruag in die Schlagzeilen, weil er Streubomben für Schweizer Schützenpanzer herstellt – und das, obwohl die Produktion ähnlicher, aus der Luft abgeworfener Munition in der Schweiz seit Ende der 90er-Jahre verboten ist.

«Die Produktion wurde aus humanitären Gründen eingestellt, und gelagerte Streubomben, die aus der Luft abgeworfen werden könnten, wurden vernichtet», erklärte Oswald Sigg, Sprecher des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) vor kurzem in der Deutschschweizer Zeitung Tages-Anzeiger.

Bei Ruag war auf Anfrage von swissinfo niemand zu einem Kommentar bereit.

swissinfo, Anna Nelson in Genf
(Übersetzung: Charlotte Egger)

Niemand kennt die genaue Anzahl aller Minenopfer weltweit. Nach UNO-Angaben sind monatlich mindestens 2000 Minenopfer zu beklagen, mehrheitlich Frauen und Kinder.

Im Irak liegen vermutlich Millionen von Minen vergraben.

Streubomben gehören zu den gefährlichsten modernen Waffen. Jede Bombe besteht aus bis zu 700 kleinen Bomben, die über eine grosse Fläche verstreut werden und anschliessend explodieren. Fünf bis zehn Prozent der kleinen Bomben bleiben als Blindgänger zurück. Minen gleich können sie explodieren, wenn sie berührt oder aufgehoben werden.

Humanitäre Organisationen befürchten, dass es bis zu 10 Jahre dauern könnte, Irak von Landminen und nicht explodierter Munition (Streubomben) zu säubern.

Diese könnte den Wiederaufbau des Landes erheblich verzögern.

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