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Libanesischer Dialog in der Schweiz

Ort der Gespräche: der Mont Pèlerin. swisscastles.ch

Zum zweiten Mal in diesem Jahr haben sich libanesische Politiker und Intellektuelle am Genfersee zu Gesprächen getroffen. Das Treffen wurde vom schweizerischen Aussenministerium unterstützt.

In einem Communiqué riefen die Teilnehmer zu einer Wiederaufnahme des Dialogs auf.

“Im Gegensatz zum letzten Treffen im April herrschte dieses Mal ein Gefühl der Dringlichkeit vor”, sagte Patrick Hänni, Analyst der International Crisis Group und einer der Mitorganisatoren der Gespräche nach dem Treffen auf dem Mont Pèlerin bei Montreux.

Denn mit den Kämpfen im Flüchtlingslager im Norden des Landes, den zahlreichen Bomben in Beirut und Umgebung sowie dem Anschlag auf die UNIFIL-Truppen hat sich die Lage in Libanon seit April stark zugespitzt.

In Libanon lassen die verschiedenen Parteien weiterhin jegliche Gesprächsbereitschaft vermissen. Alle Teilnehmer des Treffens hätten sich “extrem beunruhigt” über die momentane Situation gezeigt, sagte Hänni.

An den Gesprächen haben zehn Vertreter verschiedener libanesischer Konfessionen und Parteien teilgenommen. In einem gemeinsam erarbeiteten Communiqué riefen sie zu einer Wiederaufnahme des Dialogs und zu einer Wiederherstellung des Vertrauens in der Bevölkerung auf.

Verfassung respektieren

Für eine Lösung der Krise müsse die Verfassung respektiert werden, und die politischen Institutionen müssten ihre Rolle wieder wahrnehmen können.

Grundlage dafür sei das Abkommen von Taif, welches 1989 den libanesischen Bürgerkrieg beendete.

Zudem appellierten die Gesprächspartner an die Medien, ihre Sprache zu mildern. Der “Pakt des Zusammenlebens” sei der Grundstein für das politische und soziale Leben in Libanon.

Weiteres Treffen geplant

Konkretere Beiträge und Ansätze für einen Ausweg aus der Krise sollen bei einem nächsten Treffen erarbeitet und dann den politischen Führern im Land vorgelegt werden, sagte Hänni.

Dabei werde es sich aber nicht um einen kompletten Lösungsvorschlag handeln, sondern eher um ein zusätzliches Instrument für die zerstrittenen Akteure.

Insgesamt zeigte sich Hänni sehr zufrieden über das bisher Erreichte. Auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wertete die Gespräche als Erfolg.

“Unter den aktuellen Bedingungen ist es bemerkenswert, dass sich die Teilnehmer auf ein gemeinsames, substantielles Communiqué geeinigt haben”, sagte EDA-Sprecher Johann Aeschlimann.

Die Schweiz hoffe nun, dass das Treffen über den Kreis der Teilnehmer hinaus positive Auswirkungen haben werde.

Standpunkte dargelegt

Wie bereits im April war auch das Treffen vom vergangenen Wochenende von der “Association Suisse pour le Dialogue Euro-Arabo-Musulman” (ASDEAM) organisiert worden.

Die Nichtregierungs-Organisation wurde im vergangenen Sommer in Genf gegründet und verfolgt das Ziel, Vertreter der verschiedenen politischen und religiösen Strömungen des Libanons an einem gemeinsamen Tisch zu bringen.

Neben Hänni wurden die Gespräche von ASDEAM-Präsident Hassan Ghaziri, dem früheren Schweizer Diplomaten Yves Besson und dem früheren libanesischen Botschafter in der Schweiz, Samir Hobeica, geleitet.

Besson wies nach dem Treffen auf das Erreichte hin: “Wir haben unser Ziel erreicht, Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Strömungen dazu zu bringen, ihre verschiedenen Standpunkte darzulegen.”

Jeder habe nach Lösungen suchen, aber “auch auf die Andern hören müssen”.

swissinfo

Die Association Suisse pour le Dialogue Euro-Arabo-Musulman (ASDEAM) hat bisher zwei Zusammenkünfte zur Krise im Libanon.

Beide fanden auf dem oberhalb des Genfersees gelegenen Mont Pèlerin statt.

Die Schweizer Diplomatie unterstützt die Initiative finanziell.

1989: Das Abkommen von Taif beendet den seit 1975 wütenden Bürgerkrieg in Libanon.

2000: Die israelische Armee zieht sich aus dem Süd-Libanon zurück, den sie seit 1978 besetzt hatte.

2004: Die UNO-Resolution 1559 verlangt den Rückzug der syrischen Truppen und die Einstellung der militärischen Aktivitäten der Hisbollah.

2005: Der ehemalige Premierminister Rafik Hariri wird ermordet. Ein UNO-Mandat fordert eine Untersuchung, um die Verantwortlichen hinter dem Mord zur Rechenschaft zu ziehen.

2006: Der einmonatige Krieg zwischen Israel und Libanon fordert mehr als 1000 zivile Opfer.

20. Mai 2007: Beginn der Kämpfe zwischen der libanesischen Armee und der Untergrundorganisation Fatah Al-Islam.

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