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Sparpläne des Bundes bedrohen Schweizerschulen im Ausland

Sportstunde an der Schweizerschule in Barcelona
Eine Sportstunde an der Schweizer Schule in Barcelona, die rund 600 Schüler:innen zählt. Educationsuisse


Die Sparmassnahmen des Bundes gefährden die Existenz der Schweizerschulen im Ausland. Der Dachverband Schweizerschulen im Ausland warnt vor deren Umsetzung. Ein Aus dieser Schulen würde ein internationales Netzwerk zerstören, das einen grossen Beitrag zur Verbreitung der Schweizer Kultur und Bildung leistet.

Die Stimmung in den 17 Schweizerschulen im AuslandExterner Link ist angespannt. Grund dafür ist das Sparprogramm der Schweizer Regierung, wonach ab 2027 jährlich 3 bis 4,5 Milliarden Franken  weniger ausgegeben werden sollen, um den Bundeshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Gemäss dem vorgeschlagenen EntlastungspaketExterner Link für den Bundeshaushalt sollen unter anderem die Beiträge für die Kulturförderung bis 2028 um 18,4 Millionen Franken gekürzt werden.

Dies würde die Schweizerschulen im Ausland besonders hart treffen, da ihr Budget im Falle einer Annahme des Vorschlags durch das Parlament um 7,9 Millionen Franken pro Jahr reduziert würde. Momentan gibt es 17vom Bund anerkannte Schweizerschulen im Ausland in 10 Ländern auf 3 Kontinenten.

Die Expert:innengruppe, die den Sparplan zuvor ausgearbeitet hatte, zeigte sich überzeugt, «dass eine Kürzung möglich erscheint, insbesondere weil die Zahl der Schweizer Kinder, die im Ausland zur Schule gehen, zurückgegangen ist.»

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Unverhältnismässige Einsparungen

Serge Künzler, Geschäftsführer von educationsuisseExterner Link, dem Dachverband der vom Bund anerkannten Schweizerschulen im Ausland, teilt diese Auffassung nicht. Ganz im Gegenteil.

«Diese Einsparungen treffen die Schweizerschulen im Ausland hart und betreffen sie überproportional stark», kritisiert er.

Er weist darauf hin, dass die Schweizerschulen auf diese Weise 43 Prozent der dem Bundesamt für Kultur auferlegten Einsparungen übernehmen müssen, obwohl sie nur 8,5 Prozent des Gesamtbudgets im Kulturbereich ausmachen.

Die Massnahme sei umso schwerer zu verdauen, da die dem Dachverband Educationsuisse angeschlossenen Schulen bereits im Rahmen der Kulturbotschaft 2024-2028 ganze 5,6 Millionen Franken einsparen mussten.

Die Folgen weiterer Kürzungen könnten laut Künzler katastrophal sein. «Wir müssen damit rechnen, dass einige Schulen geschlossen werden oder ihren schweizerischen Charakter reduzieren müssen», warnt er.

Ähnlich liest sich die offizielle StellungnahmeExterner Link von Educationsuisse im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zum Entlastungspaket.  

Die Subventionen des Bundes decken zwar nur 20 Prozent der Gesamtausgaben der Schulen, die sich hauptsächlich über Schulgebühren finanzieren.

Der Geschäftsführer von Educationsuisse sieht jedoch im Moment keine Möglichkeiten, die allfälligen Kürzungen der Subventionen durch andere Finanzierungsquellen zu kompensieren.

«Die Kantone unterstützen uns bereits, etwa beim Kauf von Lehrmitteln oder bei der Finanzierung von Weiterbildungen. Zudem sind sie selbst durch das Entlastungpaket des Bundes unter Druck geraten», sagt er.

Lehrpersonenteam der Schweizerschule in Bangkok
Das Team der Schweizer Schule in Bangkok, das rund 340 Schülerinnen und Schüler betreut. Educationsuisse

Schweizer Schüler:innen in der Minderheit

Die Schweizerschulen im Ausland wurden alle von deutschsprachigen Auslandschweizern gegründet. Deshalb sind sie traditionell deutschsprachig. Einzig in Bogotá (Kolumbien) gibt es nebst der deutsch-spanischen eine französisch-spanische Abteilung vom Kindergarten bis zur Matur.

Das Netz der Schweizerschulen widerspiegelt ein Stück (deutsch-) schweizerischer Auswanderungsgeschichte. Ursprünglich ging es darum, den Bedürfnissen der Auswander:innen gerecht zu werden, die ihren Kindern einen qualitativ hochwertigen Schweizer Unterricht bieten wollten.

Die erste dieser Schulen wurde 1892 in Bergamo (Italien) für die Kinder der Angestellten der Baumwollspinnerei Legler gegründet.

In den 1930er- und 1940er-Jahren stellten die Schweizer Schulen im Ausland auch eine Alternative zu den deutschen Schulen dar, die vom Nationalsozialismus geprägt waren.

Heute verfolgen die Schweizerschulen im Ausland nach wie vor das Ziel, die Bindung zwischen jungen Auslandschweizer:innen und ihrer Heimat zu stärken.

Allerdings nehmen sie heute mehrheitlich Schülerinnen und Schüler aus dem Gastland oder anderer Nationalitäten auf. Inzwischen machen diese zirka 80% aus, was laut Serge Künzler fast 8000 Schülerinnen und Schülern entspricht.

Das Interesse an den Schweizerschulen ist anhaltend gross, da sie für ihre Qualität bekannt sind und sich durch ihren mehrsprachigen Unterricht auszeichnen (der Unterricht wird immer in mindestens zwei Sprachen gehalten).

Das Bundesamt für Kultur (BAK) hält in einem Bericht fest: «Die Schweizerschulen leisten einen Beitrag an das Schulwesen im Gastland, an die Ausbildung junger Auslandschweizerinnen und -schweizer, an die Gewinnung hoch qualifizierter Studierender und Fachkräfte für die Schweiz sowie an die Pflege der Beziehungen zum Gastland.»

Botschafter:innen der Schweiz

Künzler sagt, dass diese Schulen beziehungsweise ihre Absolvent:innen die Eidgenossenschaft in der Welt mit einer unglaublichen Strahlkraft repräsentieren.

«Jedes Kind, das eine unserer Schulen besucht, trägt die Schweiz in gewisser Weise im Herzen. Einige werden vielleicht zu Führungskräften in der Wirtschaft, die auch von unserem Land rekrutiert werden können», sagt er.

Der Geschäftsführer von Educationsuisse weist schliesslich darauf hin, dass die Schweizerschulen in ihren Gastländern oft als wichtigste Schweizer Institution neben den Botschaften und Konsulaten genannt werden.

Eine allfällige Schliessung von Schweizerschulen im Ausland würde daher nicht nur die Schüler:innen und ihre Familien in Schwierigkeiten bringen, sondern laut Künzler auch einen erheblichen Imageschaden für die Eidgenossenschaft nach sich ziehen.  

Schüler:innen der Schweizerschule in Lima mit Ignazio Cassis
Die Schülerinnen und Schüler der Schweizer Schule in Lima, Peru, umringen Aussenminister Ignazio Cassis (Mitte), der sie besucht hat. Educationsuisse

Er erinnert zudem daran, dass die grossen Nachbarländer der Schweiz weit mehr Geld zur Unterstützung ihres Schulnetzes im Ausland investieren.

Deutschland verfügt über 136 Auslandsschulen und gibt laut der erwähnten Studie des Bundesamtes für Kultur jährlich rund 315 Millionen Euro für diese aus.

Der französische Staat gibt rund 1,2 Milliarden Euro für 540 Schulen in 139 Ländern aus. Italien unterhält direkt acht Schulen im Ausland und unterstützt weltweit weitere 43 italienische Schulen.

Vorschläge im Parlament umstritten

Die geplanten Kürzungen beunruhigen auch die Auslandschweizer-Organisation (ASO). «Diese Schulen sind ein wichtiger Bezugs- und Ankerpunkt für die Fünfte Schweiz, aber auch ein essenzieller Erfolgsfaktor für die internationale Präsenz der Schweiz – denn sie vermitteln schweizerische Werte, Kultur und Bildung», schreibt die ASO in einer StellungnahmeExterner Link zum Entlastungspaket 2027. Ein Wegfall der Subventionen würde dies gefährden.

Im Bundeshaus gehört dieses Dossier nicht zu den prioritären Anliegen der Parlamentarier:innen, doch die Meinungen gehen stark auseinander. Der liberale FDP-Nationalrat Laurent Wehrli, Mitglied der parlamentarischen Intergruppe «Auslandschweizer»,Externer Link verteidigt die Schweizerschulen im Ausland nachdrücklich.

Mehr noch: Er hält sie für essenziell. «Ich besuche sie regelmässig, wenn ich im Ausland bin. Die letzte, die ich besucht habe, war die Schweizerschule in Lima, Peru. Diese Schulen gehören dank der schweizerischen Qualität oft zu den besten des jeweiligen Landes», betont er.

Für Wehrli liegt die Lösung in einer Verlagerung der Lasten vom Bund auf die Kantone. «Die Bildung ist in der Schweiz eine kantonale Aufgabe», ruft der Parlamentarier in Erinnerung.

Er schlägt einen Dialog zwischen dem Bund und den Kantonen vor, um Übergangslösungen zu finden, die es den Kantonen ermöglichen, schrittweise die Finanzierung der Schweizerschulen zu übernehmen.

Auf Seiten der rechts-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) ist die Begeisterung für die Schweizerschulen im Ausland nicht sehr gross.

SVP-Nationalrat Thomas Stettler ist der Ansicht, dass auf diese Einrichtungen im Ausland verzichtet werde könne. Er will daher den Sparvorschlag unterstützen. «Schulen, die einen echten Mehrwert bieten und eine starke Nachfrage abdecken, sollten auch ohne Gelder des Bundes überleben können», meint er.

In Bogotá, Singapur oder Madrid müssen sich die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte noch gedulden, bis ihr Schicksal feststeht.

Das Entlastungspaket der Regierung befindet sich bis zum 5. Mai in der Vernehmlassung. Danach muss sich das Parlament mit der Vorlage befassen. Und wenn ein Referendum ergriffen und zustande kommen sollte, wird das Volk wahrscheinlich im nächsten Jahr darüber abstimmen.

Editiert von Samuel Jaberg; Übertragung aus dem Französischen: Gerhard Lob

Auch SWI swissinfo.ch ist von den Sparplänen des Bundes bedroht. Der Bundesrat schlägt vor, den Bundesbeitrag von 19 Millionen Franken an das Auslandangebot der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) zu streichen.

Dieses Angebot umfasst SWI swissinfo.ch, die italienische Website tvsvizzera.it sowie die Zusammenarbeit mit den internationalen Fernsehsendern TV5MONDE und 3Sat.

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