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Wäscheständer «Stewi»: Schweizer Kultobjekt steht vor dem letzten Einklappen

Die Winterthurer Traditionsfirma Stewi löst sich auf. Für ihre weltbekannte Erfindung gibt es nur noch wenig Hoffnung.

Die Sonne scheint an diesem Sommertag. Eine adrett gekleidete Hausfrau steht in ihrem Garten und lächelt in die Kamera. In der einen Hand hält sie eine Wäscheklammer, in der anderen den Zipfel eines gelben Tuches. Hinter ihr bäumt sich ein Wäscheschirm auf: der eigentliche Protagonist dieser Szene.

Mit diesem idyllischen Bild wirbt die Firma Stewi in den 1950er-Jahren für ihren Wäscheschirm. Preisgünstig und praktisch sei er. Und die Erfindung überzeugt die Schweizerinnen und Schweizer. Der Stewi und seine Nachfolgemodelle mausern sich zum Verkaufshit. Aus Gärten oder von Balkonen sind sie bald nicht mehr wegzudenken.

Glanzzeiten sind längst vorbei

Doch jetzt droht dem legendären Wäscheschirm das Aus. Denn die Winterthurer Traditionsfirma Stewi AG kündigt ihr Ende an. Sie stellt ab Oktober keine Produkte mehr her. Ende Dezember löse sich die Firma auf, heisst es in einer Mitteilung. Was ist geschehen?

Noch zu Glanzzeiten beschäftigt die Stewi AG 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 2009 verstirbt der Gründer Walter Steiner und übergibt die Firma an seine Kinder. Schon zuvor hat die Firma kaum mehr investiert. Die sonnige Ausgangslage verdüstert sich zunehmend.

Doch 2017 keimt Hoffnung auf. Zwei neue Inhaber übernehmen die Stewi AG. Stephan Ebnöther und Lorenz Fäh planen einen Modernisierungsschub. Dieser ist laut Ebnöther dringend nötig: «Die Firma hat konstant an Umsatz verloren», sagt er bei der Übernahme zu SRF. «Das ganze Exportgeschäft ist eingebrochen. Es wurden keine neuen Produkte mehr entworfen.»

Stewi-Geschäftsleiter kennen das Wagnis

Ebnöther vergleicht die Situation in der Fabrik mit jener in den 1990er-Jahren. «Es war, als hätte man damals einen Stoppknopf gedrückt.» Gleichzeitig kündet er vielversprechende Veränderungen an: «Jetzt wacht die Firma wie nach einem Dornröschenkuss wieder auf.»

Die beiden Stewi-Inhaber Lorenz Fäh (links) und Stephan Ebnöther
Die beiden Stewi-Inhaber Lorenz Fäh (links) und Stephan Ebnöther entwickeln nach ihrer Übernahme auch neue Produkte. Ppr Media Relations Ag

Den Inhabern ist bewusst, dass die Übernahme riskant ist. Doch Ebnöther scheut das Wagnis nicht: «Zu scheitern ist die eine Geschichte», sagte er. «Doch Scheitern ist weniger schlimm, wenn man es zumindest versucht hat.»

Konkurs? Sicher nicht!

In den Folgejahren gewinnt die Firma an Schwung. Die neuen Inhaber geben einen Modernisierungskurs bekannt. Sie verkaufen das Land mit dem alten Firmensitz in Winterthur und suchen nach einem neuen Standort in der Region.

Das Geschäft laufe gut, sagt Ebnöther noch im Oktober gegenüber dem «Landboten». Unter anderem dank eines neuen Onlineshops kann die Firma ihren Umsatz steigern.

Stewi in den Bergen
Kein Ort scheint für einen Stewi zu abgelegen. Doch der kultige Wäscheschirm steuert auf eine düstere Zukunft zu. Keystone / Urs Flueeler

Nur wenige Monate später sieht die Situation jedoch anders aus. «Die aktuelle Inhaberschaft der Firma sieht sich aus gesundheitlichen und altersbedingten Gründen nicht mehr in der Lage, die Stewi AG an einem neuen Standort wieder zu neuen Horizonten zu führen», heisst es jetzt in der Mitteilung. Weitere Auskünfte geben die Firmenbesitzer momentan nicht. Nur so viel: Gerüchte eines Konkurses seien falsch.

Arbeitsplätze sind gefährdet

Was bedeutet das Ende der Firma für den Wäscheschirm Stewi? Die Ausgangslage sieht düster aus. Doch noch gibt es einen letzten Funken Hoffnung: Aktuell fänden noch immer Gespräche mit möglichen Interessierten statt, schreiben die aktuellen Inhaber.

Neue Kräfte könnten «Elemente der Firma übernehmen und den bekannten Namen weiterleben lassen». Wie es mit den Winterthurer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergeht, ist offen.

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