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Erneut weniger Drogentote

Polizeipräsenz soll verhindern, dass auf der Berner Bundesterrasse eine offenze Szene entsteht. Keystone Archive

In der Schweiz sind im ersten Halbjahr 2002 wieder weniger Menschen an illegalen Drogen gestorben. Nur in den Kantonen Basel und Bern ist die Tendenz steigend.

Die liberalere Drogen-Politik und bessere medizinische Betreuung tragen offenbar Früchte: Die Zahl der Drogentoten in der Schweiz ging im Vergleich zum ersten Semester 2001 deutlich zurück. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Associated Press wurden 75 Opfer gezählt – 24 weniger als im Vorjahr.

Der Informationsbeauftragte der Sektion Gesundheit im Bundesamt für Statistik, Erwin Wüest, sieht als mögliche Gründe für die rückläufige Tendenz unter anderem die soziale Integration von Drogenabhängigen durch die kontrollierte Abgabe von Heroin und Methadon.

Harter Kern ist stabil

Einer massiven Verwahrlosung von Drogenkonsumierenden werde auch zunehmend durch Notfallequippen und Gassenarbeit entgegen gewirkt, wie Erwin Wüest gegenüber swissinfo erläuterte.

Möglicherweise habe die erfreuliche Entwicklung nicht zuletzt auch damit zu tun, dass der sogenannte “harte Kern” der Schwerstabhängigen einigermassen stabil sei, meinte Wüest weiter.

Folgenreicher Föderalismus

Wie die Umfrage bei den Polizeikorps aller 26 Kantone ergab, ging die Zahl von Drogentoten in 13 Kantonen zurück. Am deutlichsten war der Rückgang in der Stadt Zürich, wo im ersten Semester noch 11 Menschen an den direkten Folgen des Drogenkonsums starben. In der letztjährigen Vergleichsperiode waren es 19.

Ohne Stadt stieg die Zahl der Drogen-Opfer im Kanton Zürich um 4 auf 15. Erwin Wüest sieht darin nichts Sensationelles. Vielmehr ortet er in dieser Entwicklung einen “Auswuchs des Föderalismus”.

Kein Grund zum Optimismus

Statistiken seien immer etwas genauer unter die Lupe zu nehmen oder zu relativieren – denn in der Schweiz gebe es für Vieles immer 26 kantonale Lösungen. Drogenabhängige aus anderen Kantonen würden eben gelegentlich nach Zürich umziehen, weil die “Szene” dort attraktiver sei. Dieser Umstand könne Zahlenverhältnisse verzerren.

Deutlich weniger Drogentote wurden auch in der Ostschweiz verzeichnet. Für Peter Eugster von der St. Galler Kantonspolizei ist diese Entwicklung aber noch kein Grund zum Optimismus, weil sich im Verlauf des zweiten Halbjahres noch vieles ändern könne.

Bern und Basel als negative Beispiele

Die Städte Bern und Basel weisen demgegenüber steigende Zahlen auf. In Basel liegt die Zahl von 7 Drogentoten noch im Durchschnitt der letzten Jahre. In Bern starben bereits 9 Menschen, nachdem es im ganzen Vorjahr nur 8 gewesen waren.

Rückläufig sind auch die Zahlen in der Westschweiz. In Genf wurden bisher 6 Tote gemeldet, verglichen mit 8 im ersten Semester 2001. In der Waadt ging die Zahl noch markanter zurück.

Aufschlussreiche Jahreszahlen

Erwin Wüest verweist auf den eindrücklichen Rückgang von Drogenopfern in der Schweiz anhand von Jahreszahlen zwischen 1995 – 1999:

1995: 376 Tote
1996: 320 Tote
1997: 255 Tote
1998: 227 Tote
1999: 213 Tote

Monika Lüthi und Agenturen

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