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ETH-Studie über Gewalterfahrungen von Jugendlichen

Jugendgewalt (gestellte Szene). Die ETH Zürich hat das Thema "Jugend und Gewalt" wissenschaftlich untersucht. Keystone

17 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren im Kanton Zürich sind jährlich mindestens einmal Opfer von ernsthafter körperlicher Gewalt oder Gewaltandrohung. Etwa 14 Prozent üben selbst mindestens einmal jährlich Gewalt aus.

Dies zeigt eine neue Studie der ETH-Zürich, mit der erstmals ein wissenschaftlicher Überblick über das Ausmass von Gewalt bei Jugendlichen im Kanton Zürich vorliegt. Manuel Eisner von der Professur für Soziologie am ETH-Zentrum präsentierte die Studie am Dienstag (30.05.) vor den Medien in Zürich.

Befragt wurden 2’653 Jugendliche der neunten Klasse aus Ober-, Real- und Sekundarschule sowie aus dem Gymnasium. Verglichen wurden auch verschiedene Regionen. Dabei wurde festgestellt, dass Stadtzürcher Jugendliche weder häufiger Opfer von Gewalt sind, noch häufiger Gewalt ausüben als Jugendliche im übrigen Kanton.

Dafür ist ein deutliches Gefälle nach Schultypus festzustellen. Während in der Oberschule 23 Prozent Gewalt ausüben, sind es im Gymnasium 5 Prozent.

Stadt Zürich: geringe Gewaltbelastung

Im Vergleich mit verschiedenen deutschen Städten wie Stuttgart, München, Hannover oder Hamburg zeigt sich in der Stadt Zürich eine geringe Gewaltbelastung.

In Hannover zum Beispiel beträgt die Opferrate 28 Prozent, in Zürich 17 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Täterrate: in Hamburg 24,5 Prozent, in Zürich 14 Prozent. Trotzdem kommt die Studie zum Schluss, dass die Gewaltphänomene seit Ende der 80-er Jahre zugenommen haben. Dabei überwiegen Körperverletzungen ohne Waffen sowie Raubüberfälle. Deutlich seltener sind Waffengewalt, Erpressungen und sexuelle Gewalt. Nach Angaben der Opfer sind die Täter mehrheitlich Gleichaltrige.

Nur jedes zehnte Opfer geht zur Polizei

Die meisten gewälttätigen Jugendlichen sind männlich und zeigen auch in anderen Bereichen abweichendes Verhalten wie übermässigen Alkohol- und Drogenkonsum oder verüben mehr Eigentumsdelikte.

Männliche Jugendliche werden auch etwa doppelt so häufig Opfer von Gewaltdelikten wie weibliche. Einzige Ausnahme bildet die sexuelle Gewalt, von der die Mädchen weit mehr betroffen sind.

Nur etwa jedes zehnte jugendliche Opfer meldet das Ereignis der Polizei. Laut Studie sagen mehr als die Hälfte der Betroffenen, dass sie die erfahrene Gewalt als “nicht so schlimm” empfunden hätten. Weitere Gründe, nicht zur Polizei zu gehen, sind Angst vor den Tätern oder das Gefühl, dass die Polizei sowieso nichts ausrichte.

Prävention mehr auf Opfer ausrichten

Den Hauptgrund für die Gewaltbereitschaft sieht die Studie in der mangelnden sozialen Kompetenz der Jugendlichen. Zur Prävention empfiehlt die Studie, mit Schülern bereits im Primarschulalter den Umgang mit Gefühlen wie Wut und Ärger zu erlernen. In der Oberstufe sollen Konfliktlösungsstrategien ohne Gewaltanwendung geübt werden.

Allerdings reichten schulische Massnahmen alleine nicht aus. Es müssten auch die Eltern unterstützt und die Jugendarbeit ausserhalb der Schule miteinbezogen werden. Zudem müsse die Gewaltprävention stärker auf die Opfer ausgerichtet werden.

swissinfo und Agenturen

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