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Syngenta bestreitet Blasenkrebs-Vorwürfe

Chemie-Arbeiter beim Verlassen des Fabrikgeländesin Monthey. Aufnahme von 1999. Keystone Archive

Für den Agrochemie-Konzern Syngenta ist nicht bewiesen, dass das Insektizid Galecron zu Blasenkrebs bei Angestellten führte.

Das Schweizer Magazin “L’Hebdo” hatte berichtet, dass Krebsfälle in der Region Monthey im Kanton Wallis in Zusammenhang mit dem Insektizid stehen könnten.

Seit Jahren befinden sich 300 ehemalige Angestellte der früheren Ciba-Chemieindustrie in Monthey im Wallis in ärztlicher Behandlung. Sie waren an der Produktion von Galecron beteiligt. Dieses Insektizid mit der chemischen Bezeichung “Chlordimeform” gilt als Krebs erregend.

Im Chablais hat der einzige Urologe dieser Region, Henri Bitschin, über die letzten zwanzig Jahre dreissig Todesfälle wegen Blasenkrebs erfasst.

Vergleichsweise hohe Zahl an Todesfällen?

“Ich bin überzeugt, dass diese Zahl höher ist als in vergleichbaren Regionen”, bestätigte Bitschin einen Bericht des Westschweiz Wochenmagazins “L’Hebdo” vom Donnerstag. Weder könne er dies aber statistisch beweisen, noch sei klar, ob alle Fälle auf die Galecron-Produktion bei Ciba zurückzuführen seien.

Syngenta hingegen hält fest, dass offizielle Statistiken für die Schweiz und das Wallis aufzeigten, dass die Anteile an Blasenkrebs-Erkrankungen bei ehemaligen Ciba-Angestellten im Vergleich zur Bevölkerung im allgemeinen nicht voneinander abwichen.

Syngenta haftet in der Rechtsnachfolge für Ciba für deren frühere Produktion – ähnlich wie ABB in den USA für Asbest-Schäden haftet, die bei der von ihr gekauften Tochter Combustion Engineering ans Licht kamen.

In solchen Fällen kommt es häufig zum Abschluss von Rechtsvergleichen, um Sammelklagen (“Class Action”) abzuwenden.

Regelmässige Kontrollen

Bei Syngenta ist man sich der Schädlichkeit von Galecron bewusst. “Rund 300 Personen werden seit 1978 regelmässig untersucht”, sagte Mauricio Ranzi, Direktor der Fabrik in Monthey. “Neun Fälle von Blasenkrebs wurden von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva als Berufskrankheit eingestuft.”

“Die Krankheitsversicherung ist in der Schweiz obligatorisch. Jede Erkrankung, von der angenommen wird, dass sie arbeitsbedingt entstanden ist, wird vom Schweizer Krankenversicherungs-System vollständig gedeckt”, schreibt Syngenta in ihrem Communiqué. “Nach Schweizer Recht muss nicht erst ein Kausal-Zusammenhang nachgewiesen werden, um eine Krankheit als arbeitsbedingt zu bezeichnen.”

Ciba begann mit der Produktion von Galecron in den 60er-Jahren. Zwischen 1976 und 1978 liess Ciba die Produktion vorübergehend einstellen, nachdem die Schädlichkeit des Insektenvertilgungsmittels festgestellt worden war.

Als die Herstellungs-Verfahren sicherer wurden, nahm Ciba die Produktion des Mittels gegen Baumwollschädlinge wieder auf. 1988 gab Ciba sie dann endgültig auf.

Der Walliser Kantonsarzt beruhigt derweil. Die kantonalen Tumor-Statistiken würden für die betreffende Region keinen erhöhten Anteil an Blasenkrebs-Fällen ausweisen, sagte Georges Dupuis. Der Kanton sehe deshalb keinen Anlass, etwas zu unternehmen.

Gewerkschaft plant Sammelklage

Auf den Plan gerufen wurde dagegen die Gewerkschaft Unia. Der Unia-Regionalsekretär Blaise Carron will im Namen der Geschädigten eine Sammelklage einreichen. Noch nächste Woche werde in den Medien ein Aufruf publiziert, damit sich Geschädigte oder deren Angehörige meldeten.

Das Insektengift Galecron bescherte der damaligen Ciba bereits zu Beginn der 90er-Jahre Sorgen: In Alabama ging der Chemiekonzern mit einer Klägergruppe einen Vergleich ein, laut L’Hebdo wurden 80 Mio. Dollar (97 Mio. Franken)bezahlt. Die Kläger hatten argumentiert, dass die Produktion von Galecron das Balsenkrebsrisiko massiv erhöhe.

swissinfo und Agenturen

Als die Chemie-Giganten Ciba-Geigy und Sandoz 1996 fusionierten, entstanden neue Unternehmen.

Als wichtigstes gilt Novartis, das sich mit Pharma und Gesundheit beschäftigt und weltweit ein Leader geworden ist.

Aus der Novartis Agrochemie wurde Ende 1999 zusammen mit der entsprechenden Sparte von AstaZeneca der Agrochemie-Konzern Syngenta.

Ciba Spezialisten Chemie SC fasst die ehemaligen Aktivitäten “Feinchemikalien” von Ciba-Geigy und Sandoz zusammen.

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