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Haushalte leiden unter Last der Mieten

Die Mieten steigen in der Schweiz stärker als die Teuerung. Keystone

Nirgendwo in Europa bezahlen Mieter gemäss einer neuen Studie des Mieterverbandes mehr für ihre Wohnung als in der Schweiz.

Für Leute mit tiefem Einkommen, Alleinerziehende und Alleinstehende entwickelten sich die Mieten zusehends zu einer Armutsfalle, so der Mieterverband.

Die Schweiz ist eine Hochpreis-Insel, gerade auch was das Wohnen betrifft: In den vergangenen 20 Jahren seien die Mieten fast doppelt so schnell gestiegen wie die Teuerung, sagte Anita Thanei, Präsidentin des Deutschschweizer Mieterinnen- und Mieterverbandes und SP-Nationalrätin, am Dienstag bei der Präsentation einer Studie.

Schweizerinnen und Schweizer geben demnach im Schnitt rund doppelt so viel für ihre Wohnungsmiete aus wie im EU-Durchschnitt. Im Vergleich zu Deutschland sind die Mieten in der Schweiz laut der Studie kaufkraftbereinigt rund 70% höher.

Explosion

In den vergangenen 20 Jahren sind die Mietkosten in der Schweiz gemäss der Studie viel schneller gestiegen als die Teuerung. Während sich die übrigen Güter von 1982 bis 2004 im Schnitt um 46% verteuerten, schlugen die Mieten um 85% auf.

Teuerungsschübe bei den Mietzinsen gab es besonders Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre, als die stark gestiegenen variablen Hypothekarzinsen auf die Mieten überwälzt wurden.

Politische Lösungen gefordert

„Die hohen Mieten werden als eine Art Zwangsausgabe für das existentielle Gut Wohnen offenbar hingenommen”, sagte Thanei. Bei den Mieten sei die Schweiz noch ausgeprägter eine Hochpreisinsel als bei anderen Gütern.

Die Frage nach den überhöhten Mieten müsse politisch endlich ernst genommen werden, forderte sie. Für Leute mit tiefem Einkommen, Alleinerziehende und Alleinstehende entwickelten sich die Mieten zusehends zu einer Armutsfalle.

Eine Entkoppelung des Mietzinses vom variablen Hypothekarzins sei dringend nötig, forderte Thanei. Aus sozial- und familienpolitischen Gründen komme ein Mietrecht mit mehr Marktelementen hingegen nicht in Frage.

Obwohl das geltende Mietrecht an der Kostenmiete orientiert sei, habe es nicht verhindern können, dass die Mieten in der Vergangenheit deutlich stärker stiegen als die Kosten der Vermieter.

Bis zur Hälfte des Einkommens

Gemäss der Studie, die von Professor Armin Jans von der Hochschule Winterthur verfasst wurde, geht knapp ein Fünftel des durchschnittlichen Haushaltsbudgets für die Miete und Nebenkosten weg.

Von 1990 bis 2002 ist dieser Anteil von 14 auf 18% gestiegen. Relativ am grössten ist die Belastung für Haushalte mit geringem Einkommen, bei denen die Miete bis zu 45% des Einkommens verschlingt. Mit steigendem Einkommen fällt der Anteil der Miete am Einkommen auf rund 10% ab.

swissinfo und Agenturen

In den vergangenen 20 Jahren sind die Mieten in der Schweiz etwa doppelt so schnell gestiegen wie die Teuerung.

Im Vergleich zu Deutschland liegen sie kaufkraftbereinigt rund 70% höher.

Die Güter des täglichen Lebens verteuerten sich von 1982 bis 2004 um rund 46%, die Mieten um 85%.

Haushalte mit geringem Einkommen zahlen rund 45% des Einkommens Miete. Bei hohen Einkommen sind es noch 10%.

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